Meerjungfrau
Umständen beflügelt die Aufmerksamkeit der Medien nicht nur den Absender der Briefe, sondern bringt auch noch andere Leute auf dumme Ideen.«
»Nicht schimpfen, ich weià selbst, wie blöd das von mir war.« Erica stiegen die Tränen in die Augen. Sie hatte ohnehin nahe am Wasser gebaut, und die Schwangerschaftshormone machten es nicht besser. »Ich habe einfach angerufen, ohne zu überlegen, weil ich Gaby fragen wollte, ob der Verlag auch Drohbriefe bekommen hat. Kaum hatte ich es ausgesprochen, habe ich kapiert, dass es keine gute Idee war, ihr von der Geschichte zu erzählen, aber da war es schon zu spät.« Ericas Stimme war tränenerstickt, und nun lief ihr auch noch die Nase.
Patrik reichte ihr ein Blatt Haushaltspapier, nahm sie in den Arm und strich ihr begütigend über den Kopf.
»Sei nicht traurig, Liebling. So wütend bin ich nun auch wieder nicht. Ich weià doch, dass du es nicht mit Absicht getan hast.« Sanft wiegte er sie in den Armen. Allmählich wurde das Schluchzen leiser.
»Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass sie so etwas â¦Â«
»Weià ich, mein Schatz. Sie ist eben ein ganz anderer Mensch. Du musst lernen, dass nicht alle so denken wie du.« Er hielt sie eine Armeslänge von sich weg und sah ihr in die Augen.
Erica wischte sich mit dem Küchentuch die Tränen ab.
»Was mache ich denn jetzt?«
»Du musst mit Christian sprechen. Erkläre ihm das Ganze und bitte ihn um Entschuldigung.«
»Aber â¦Â«
»Kein Aber. Das ist die einzige Lösung.«
»Du hast recht«, antwortete Erica. »Aber leicht fällt mir das nicht. AuÃerdem werde ich ein Wörtchen mit Gaby reden.«
»Vor allem solltest du dir gut überlegen, was du wem sagst. Gaby hat zuerst ihr Unternehmen im Sinn. Ihr kommt erst an zweiter Stelle. So läuft das eben.«
»Das weià ich auch. Ich bin ja nicht blöd.« Erica schnitt ihm eine Grimasse.
»Lassen wirâs.« Er widmete sich wieder den vollen Einkaufstüten.
»Hast du dir die Briefe inzwischen genauer angesehen?«
»Nein, dafür war keine Zeit«, erwiderte Patrik.
»Aber du machst es noch?«, insistierte Erica.
Patrik nickte und machte sich daran, das Gemüse fürs Abendessen zu schnippeln.
»Natürlich. Es würde die Sache jedoch erheblich erleichtern, wenn Christian mit uns zusammenarbeitete. Ich würde zum Beispiel gern einen Blick auf die übrigen Briefe werfen.«
»Dann sprich mit ihm. Vielleicht kannst du ihn überreden«, sagte Erica.
»Er weià doch dann sofort, dass du mir alles erzählt hast.«
»Momentan hast du bei ihm wahrscheinlich bessere Chancen. Ich bin das Scheusal, das ihn Schwedens gröÃter Boulevardzeitung zum Fraà vorgeworfen hat.«
»Vielleicht ist es nur halb so schlimm.«
»Im umgekehrten Fall würde ich nie wieder ein Wort mit ihm wechseln.«
»Sei nicht so pessimistisch.« Patrik setzte Maja neben sich auf die Arbeitsfläche. Sie war leidenschaftlich gern beim Kochen dabei und wollte immer »mithelfen«.
»Morgen gehst du zu ihm, erklärst ihm das Ganze und sagst ihm, dass das alles nicht deine Absicht war. Dann rede ich mit ihm und versuche, ihn zur Zusammenarbeit zu bewegen.« Er gab Maja ein Stück Gurke, das sie eifrig mit ihren nicht besonders zahlreichen, dafür aber umso schärferen Zähnen traktierte.
»Morgen«, seufzte Erica.
»Morgen.« Patrik beugte sich vor und küsste seine Frau auf den Mund.
Immer wieder ertappte er sich dabei, dass er zum Spielfeldrand blickte. Ohne ihn war es nicht das Gleiche.
Er war jedes Mal zum Training gekommen, bei jedem Wetter. FuÃball war ihr gemeinsames Ding gewesen. Der Sport hatte ihrer Freundschaft Halt gegeben, als er sich allmählich von den Eltern lösen wollte. Denn er und Vater waren Freunde gewesen. Natürlich hatten sie sich â wie alle Väter und Söhne â manchmal gestritten, aber im Grunde waren sie Freunde gewesen.
Ludvig schloss die Augen und sah ihn vor sich. In Jeans und dem Kapuzenpulli mit der Aufschrift »Fjällbacka«, den er zu Mutters Leidwesen ständig trug. Die Hände in den Taschen, lieà Vater den Ball nicht aus den Augen. Und auch nicht seinen Sohn. Aber er motzte nicht herum wie andere Väter, die beim Training oder bei den Spielen auftauchten und ihre Söhne die ganze Zeit
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