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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Flecken, die er mit dem Ärmel zu trocknen versuchte. Er wollte das wenige, was ihm noch geblieben war, auf keinen Fall beschmutzen.
    Behutsam legte Christian das Kleid zurück in den Koffer. Mehr war ihm nicht von ihnen beiden geblieben. Mehr konnte er nicht aufbewahren. Er schloss den Deckel und schob den Koffer wieder in die Ecke. Sanna durfte ihn nicht finden. Allein beim Gedanken, sie könnte ihn öffnen, hineinschauen und das Kleid berühren, drehte sich ihm der Magen um. Er wusste, dass es nicht richtig war, aber er hatte Sanna nur aus einem einzigen Grund ausgewählt. Sie hatte keine Ähnlichkeit mit ihr. Ihre Lippen schmeckten nicht nach Erdbeeren, und ihre Bewegungen waren nicht anmutig wie die einer Tänzerin.
    Es hatte allerdings nichts genützt. Die Vergangenheit hatte ihn trotzdem eingeholt. Genauso bösartig, wie sie die Frau mit dem blauen Kleid eingeholt hatte. Er sah keinen Ausweg.
    Â»Könnt ihr eine Weile auf Leo aufpassen?« Paula sah ihre Mutter an, doch im Grunde schielte sie hoffnungsvoll in Mellbergs Richtung. Sie und Johanna hatten nach der Geburt des Sohnes schnell begriffen, dass der neue Mann an der Seite von Paulas Mutter ein perfekter Babysitter war. Denn Mellberg konnte nicht nein sagen.
    Â»Nein, wir …«, begann Rita, doch ihr Lebensgefährte fiel ihr ins Wort.
    Â»Kein Problem. Wir kümmern uns um den Kleinen. Haut ruhig ab.«
    Rita seufzte tief, kam aber nicht umhin, dem – gelinde gesagt – ungeschliffenen Diamanten, mit dem sie nun zusammenlebte, einen liebevollen Blick zuzuwerfen. Ihr war nicht entgangen, dass viele ihn für einen Tölpel, ja für einen ungehobelten und unverschämten Kerl hielten. Sie hatte jedoch von Anfang an andere Qualitäten in ihm gesehen, und die konnte eben nur eine Frau mit Charakter aus ihm herauskitzeln.
    Sie hatte recht behalten. Er behandelte sie wie eine Königin. Was in ihm steckte, war schon daran zu erkennen, wie er mit ihrem Enkelkind umging. Er liebte den Jungen heiß und innig. Zwar war sie auf der Rangliste der wichtigsten Personen in seinem Leben umgehend auf Platz zwei gerutscht, doch damit konnte sie leben. Außerdem machte er auf der Tanzfläche mittlerweile eine ganz passable Figur. Ein Salsakönig würde er zwar nie werden, aber sie brauchte auch keine Schuhe mit Stahlkappen zu tragen.
    Â»Dürfen wir euch vielleicht ein Weilchen allein lassen, damit Mama uns begleiten kann? Johanna und ich möchten in Torp ein paar Dinge für Leos Zimmer besorgen.«
    Â»Gib ihn mir mit!« Unruhig streckte Bertil die Hände nach dem Jungen auf Paulas Arm aus. »Natürlich halten wir zwei es eine Zeitlang miteinander aus. Wenn er Hunger hat, bekommt er ein Fläschchen oder zwei und genießt ansonsten erstklassige quality time mit Opa Bertil. Etwas Besseres kann ihm gar nicht passieren.«
    Paula reichte Bertil das Kind. Immer wieder staunte sie über das ungleiche Paar. Sie konnte allerdings nicht leugnen, dass die beiden eine ganz besondere Beziehung hatten. In ihren Augen war Bertil Mellberg zwar immer noch der schlechteste Chef auf Erden, aber gleichzeitig hatte er sich als der Welt bester Großvater erwiesen.
    Â»Schaffst du das?«, fragte Rita leicht besorgt. Auch wenn Bertil oft mithalf, waren seine Erfahrungen mit Babys und ihrer Pflege mehr als begrenzt. Sein leiblicher Sohn Simon war erst als Jugendlicher in sein Leben getreten.
    Â»Natürlich«, erwiderte Bertil gekränkt. »Essen, scheißen und schlafen. Das kann ja nicht so schwer sein. Ich mache das seit sechzig Jahren.« Er schob sie mehr oder weniger hinaus und knallte die Tür hinter ihnen zu. Nun hatten er und der Kleine ihre Ruhe.
    Zwei Stunden später war er schweißgebadet. Leo brüllte aus vollem Hals, und über dem Wohnzimmer hing in dicken Schwaden der Geruch von Kinderkacke. Verzweifelt versuchte Opa Bertil, den Jungen in den Schlaf zu wiegen, aber der brüllte immer lauter. Mellbergs Haar, das normalerweise kleidsam auf dem Schädel drapiert war, hing ihm übers rechte Ohr. Unter seinen Armen hatten sich tellergroße Schweißflecken gebildet.
    Nicht mehr weit von einer Panikattacke entfernt, schielte er zum Handy auf dem Wohnzimmertisch. Sollte er die Frauen anrufen? Sie waren wahrscheinlich noch in Torp und würden, selbst wenn sie sofort ins Auto stiegen, mindestens eine Dreiviertelstunde brauchen. Außerdem überließen sie ihm

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