Meerjungfrau
Weg in den KreiÃsaal. Es ist mein erstes Enkelkind.«
Patrik lächelte. »Dann möchten Sie jetzt sicher weg. Einen kleinen Moment noch, dann lassen wir Sie gehen, damit Sie nichts verpassen.«
Damit gab sich Göte zufrieden. Patrik stellte ihm noch ein paar Fragen, aber es zeigte sich bald, dass der Mann ihnen nicht weiterhelfen konnte. Er hatte einfach das Pech gehabt, zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein, oder zur rechten Zeit am rechten Ort, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man es betrachtete. Nachdem Patrik die Daten des werdenden GroÃvaters aufgenommen hatte, lieà er ihn ziehen. Der Mann humpelte im Laufschritt zum Parkplatz.
Patrik ging wieder zu der Stelle am Strand, von der er am besten beobachten konnte, wie ein Techniker professionell ein Loch ins Eis bohrte und einen Haken an der Leiche befestigte. Aus Sicherheitsgründen lag der Mann dabei auf dem Bauch und war mit einem Seil gesichert, das genau wie das Tau, an dem nun die Leiche hing, bis zum Strand reichte. Bei seinem Team ging Torbjörn auf Nummer sicher.
»Wie gesagt, sobald wir ihn fixiert haben, vergröÃern wir das Loch und bergen ihn.« Patrik zuckte zusammen, als er Torbjörns Stimme ganz aus der Nähe hörte, weil er versunken die Arbeiten auf dem Eis verfolgt hatte.
»Zieht ihr ihn dann an Land?«
»Nein, dabei könnten wir womöglich Spuren zerstören, die sich an der Kleidung befinden. Wir schieben ihn an Ort und Stelle in einen Leichensack und holen ihn darin ans Ufer.«
»Sind denn nach so langer Zeit unterm Eis überhaupt noch Spuren da?«, fragte Patrik skeptisch.
»Die meisten sind wahrscheinlich ausgelöscht, aber man weià nie. Es könnte sich etwas in den Taschen oder Kleiderfalten befinden, und deshalb geht man besser ganz sicher.«
»Da hast du recht.« Patrik hielt es für unwahrscheinlich, dass sie noch etwas entdecken würden. Er hatte schon mehrere Bergungen von Wasserleichen erlebt, von denen meist nicht mehr viel übrig geblieben war.
Er schirmte die tränenden Augen mit der Hand ab. Die Sonne war ein kleines Stück am Himmel weiter hinaufgestiegen und wurde vom Eis reflektiert. Blinzelnd konnte Patrik erkennen, dass der Haken nun an der Leiche hing und eine gröÃere Ãffnung ins Eis gesägt wurde. Ganz sachte wurde der Tote aus dem Wasser gehievt. Die Entfernung war zu groÃ, als dass man Details hätte erkennen können, und Patrik war dafür ganz dankbar.
Nun bewegte sich noch ein Mann bäuchlings auf das Eisloch zu. Als der Tote vollständig geborgen war, hoben ihn zwei Paar Hände vorsichtig in einen schwarzen Leichensack, der sorgfältig verschlossen wurde. Auf eine Kopfbewegung hin strafften die übrigen Männer das Seil. Langsam wurde die Leiche an Land gezogen. Als sie näher kam, wich Patrik instinktiv zurück, ärgerte sich jedoch sofort über seine Zimperlichkeit. Er bat die Techniker, den Sack zu öffnen, und zwang sich, einen Blick auf den Mann zu werfen, der unter dem Eis gelegen hatte. Sein Verdacht bestätigte sich. Er war so gut wie sicher, dass sie Magnus Kjellner gefunden hatten.
Als der Leichensack versiegelt und zum Parkplatz transportiert wurde, fühlte sich Patrik innerlich leer. Zehn Minuten später befand sich die Leiche auf dem Weg nach Göteborg zur Obduktion. Das bedeutete auf der einen Seite, dass sie nun endlich Antworten auf ihre Fragen und Anhaltspunkte für die Ermittlungen erhalten würden. Der Fall würde zu einem Abschluss kommen. Andererseits musste er der Familie die Todesnachricht überbringen, sobald die Identität des Mannes eindeutig festgestellt war. Und davor graute ihm.
E ndlich war der Urlaub zu Ende. Vater hatte all ihre Sachen gepackt und in Auto und Wohnwagen verstaut. Mutter lag wie immer im Bett. Sie war noch dünner geworden, noch blasser. Nun wolle sie nur noch nach Hause, sagte sie.
SchlieÃlich hatte Vater erzählt, warum es Mutter so schlecht ging. Eigentlich war sie gar nicht krank. Sie hatte ein Baby im Bauch. Ein Brüderchen oder ein Schwesterchen. Er begriff nicht, warum einem davon so übel wurde, aber das sei manchmal so, erklärte ihm Vater.
Zuerst freute er sich. Ein Geschwisterchen, mit dem er spielen konnte. Dann hörte er Vater und Mutter miteinander sprechen, und da begriff er. Nun wusste er, warum er nicht mehr Mutters hübscher Junge war, wieso sie ihm nicht mehr über den
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