Meerjungfrau
diesen Kontaktanzeigen im Internet fern, denn ich glaube nicht â¦Â«
»Jetzt hör aber auf.« Er streichelte ihre Wange. »Denkst du wirklich, irgendeine Frau könnte sich mit dir messen? Da lasse ich es lieber bleiben.«
»Ich möchte nicht, dass du den Rest deines Lebens allein verbringst«, erwiderte sie ernst und drückte seine Hand. »Hörst du? Man muss weiterleben.« SchweiÃperlen traten ihr auf die Stirn, die er mit einem Taschentuch vom Nachttisch sanft wegwischte.
»Noch bist du da. Das ist alles, was zählt.«
Eine Weile saÃen sie schweigend da und versanken im Blick des anderen. In ihren Augen spiegelte sich ihr ganzes gemeinsames Leben. Die Leidenschaft am Anfang, die trotz der alltäglichen Sorgen nie richtig erloschen war. Das Lachen, die Freundschaft, die Gemeinsamkeiten. All die Nächte, in denen sie eng nebeneinanderlagen, sie mit dem Kopf auf seiner Brust. Die vielen Jahre mit den Kindern, die nie geboren wurden, all den Hoffnungen, die in roten Fluten untergingen, um sich schlieÃlich friedlich zu schicken. Ein Leben, das mit Freunden, Interessen und ihrer Liebe ausgefüllt war.
Im Flur klingelte sein Handy. Er blieb sitzen und lieà ihre Hand nicht los, doch das Klingeln hörte nicht auf. SchlieÃlich nickte sie ihm zu.
»Geh ruhig ans Telefon. Offenbar will dich jemand dringend sprechen.«
Widerwillig stand Kenneth auf und nahm das Handy von der Kommode. Auf dem Display stand Eriks Name. Wieder überkam ihn diese Wut. Sogar jetzt störte er sie.
»Ja?« Er machte sich nicht die Mühe, seinen Ãrger zu überspielen, doch während er zuhörte, schlug seine Stimmung um. Nach einigen kurzen Gegenfragen beendete er das Gespräch und ging zurück zu Lisbet. Er atmete tief ein und sah in ihr goldumrahmtes Gesicht, das von der Krankheit so schwer gezeichnet, doch in seinen Augen trotzdem schön war.
»Sie haben Magnus gefunden. Er ist tot.«
Mehrmals hatte Erica versucht, Patrik anzurufen, hatte ihn jedoch nicht erreicht. Wahrscheinlich hatte er viel zu tun.
Sie saà zu Hause vor dem Computer und recherchierte im Internet. Beharrlich versuchte sie, sich zu konzentrieren, aber zwei Paar strampelnde FüÃe im Bauch lenkten einen nun einmal leicht ab. Doch das war nicht der einzige Grund, warum es ihr schwerfiel, bei der Sache zu bleiben. Ihre Gedanken und Ãngste führten ein Eigenleben. Erinnerungen an die erste Zeit mit Maja gingen ihr durch den Kopf. Diese Phase hatte rein gar nichts mit dem zartrosa Babyglück zu tun gehabt, das sie sich erträumt hatte. Im Rückblick erschien sie ihr wie ein schwarzes Loch. Und nun stand ihr das Doppelte bevor! Zwei Babys, die vor Hunger schrien, nachts aufwachten und volle Aufmerksamkeit verlangten, und zwar rund um die Uhr. Vielleicht war sie egoistisch, vielleicht widerstrebte es ihr deshalb so, ihr ganzes Ich und ihr ganzes Dasein in die Hände eines anderen Menschen zu legen. Die Hände ihrer Kinder. Sie zitterte vor Angst und wurde gleichzeitig von Schuldgefühlen gequält. Mit welchem Recht fürchtete sie sich vor dem Glück, noch zwei Kinder zu bekommen, zwei Geschenke auf einmal? Aber so war es eben. Die Sorgen zerrissen sie fast. Andererseits wusste sie, alles würde gutgehen. Maja war eine solche Freude, dass Erica keine Sekunde von der schweren Zeit bereute. Doch die quälenden Erinnerungen waren geblieben.
Plötzlich bekam sie einen so festen Tritt, dass sie nach Luft schnappte. Mindestens eins der Babys verfügte zweifellos über ein gewisses fuÃballerisches Talent. Der Schmerz holte sie zurück in die Gegenwart. Sie beschäftigte sich so intensiv mit Christian und den Briefen, das war ihr bewusst, weil sie sich ihre eigenen Sorgen und Ãngste vom Leib halten wollte.Warum auch nicht.
Als Erstes gab sie bei Google seinen Namen ein: Christian Thydell. Sie erhielt mehrere Seiten voller Treffer. Alle hatten mit dem Buch, aber nichts mit seiner Vergangenheit zu tun. Probehalber fügte sie Trollhättan hinzu. Kein Ergebnis. Wenn er dort gewohnt hatte, musste er Spuren hinterlassen haben. Sie kaute auf dem Daumennagel und dachte nach. War sie auf dem Holzweg? Eigentlich deutete doch gar nichts darauf hin, dass Christian den Absender der Briefe bereits gekannt hatte, bevor er nach Fjällbacka zog.
Trotzdem fragte sie sich immer wieder, warum er so wenig über seine Vergangenheit verriet. Es
Weitere Kostenlose Bücher