Meerjungfrau
anrufen.«
Er lehnte sich an die Küchenzeile und verschränkte die Arme vor der Brust. Wartete ab. Jetzt war es so weit, wie immer. Nun kam der Walzer. Der Moment, in dem die Frauen die Führung übernehmen und vorangehen wollten, Bedingungen stellten und ihm Versprechen abverlangten, die er nicht geben konnte. Manchmal verschafften ihm diese Augenblicke eine seltsame Art von Befriedigung. Dann genoss er es, ihre sentimentalen Hoffnungen zu zerstören. Aber nicht heute. Er hatte sich nach nackter Haut und süÃen Düften gesehnt, nach dem mühsamen Aufstieg, der Erlösung und der Mattigkeit danach. Das hätte er gebraucht, um seinen Verfolger auf Distanz zu halten. Warum musste sich die blöde Kuh unbedingt an diesem Tag ihre Träume kaputtmachen lassen.
Reglos stand Erik da und schaute Cecilia eisig an. Sie blickte ungerührt zurück. Das war neu. Meistens fiel ihm die Nervosität auf und die angesichts des mutigen Schritts geröteten Wangen, die Aufregung, weil die Frauen nun endlich den Mut gefunden hatten, das zu verlangen, worauf sie ein Recht zu haben glaubten. Cecilia jedoch stand einfach da und sah ihm in die Augen.
In dem Moment, als er den Mund öffnete, vibrierte das Handy in seiner Hosentasche. Eine Textmitteilung. Er las. Nur ein Satz. Ein Satz, der ihm fast den Boden unter den FüÃen wegzog. Von weit her hörte er auch Cecilias Stimme. Sie sprach mit ihm, aber er war unfähig, ihre Worte zu begreifen. Doch sie zwang ihn, ihr zuzuhören, so dass sein Gehirn endlich die Silben zusammensetzte.
»Ich bin schwanger.«
Sie fuhren schweigend nach Fjällbacka. Paula fragte Patrik vorsichtig, ob sie die Aufgabe übernehmen sollte, aber er schüttelte nur den Kopf. Pastorin Lena Ãppelgren saà auf der Rückbank. Auch sie hatte kein Wort mehr gesagt, nachdem man ihr das Nötigste über die Umstände mitgeteilt hatte.
Als sie in die Einfahrt von Familie Kjellner bogen, bereute Patrik, dass er den Dienstwagen und nicht seinen Volvo genommen hatte. Ein Polizeiauto vor dem Haus lieà nur einen Schluss zu.
Er drückte auf den Klingelknopf. Cia öffnete nach fünf Sekunden. Er sah an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie den Wagen bereits bemerkt hatte.
»Ihr habt ihn gefunden.« Winterliche Kälte wehte ins Haus, sie zog die Strickjacke fester um sich.
»Ja«, antwortete Patrik. »Wir haben ihn gefunden.«
Im ersten Augenblick wirkte Cia gefasst, aber dann bekam sie weiche Knie und brach im Flur zusammen. Patrik und Paula halfen ihr auf und stützten sie auf dem Weg zur Küche, wo sie sie auf einen Stuhl setzten.
»Sollen wir jemanden anrufen?« Patrik lieà sich neben Cia nieder und nahm ihre Hand.
Sie schien eine Weile zu überlegen. Ihr Blick war gebrochen, und Patrik vermutete, dass sie Schwierigkeiten hatte, ihre Gedanken zu ordnen.
»Möchtest du, dass wir Magnusâ Eltern holen?«
Sie nickte.
»Wissen sie es schon?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
»Nein«, sagte Patrik. »Aber in diesem Moment sind zwei von unseren Kollegen bei ihnen. Ich kann sie anrufen und fragen, ob sie herüberkommen wollen.«
Doch das war nicht nötig. Ein weiteres Polizeiauto bog in die Einfahrt. Patrik war klar, dass Gösta und Martin Magnusâ Eltern, die nun aus dem Wagen stiegen, informiert hatten. Ohne anzuklopfen, kamen sie ins Haus. Patrik hörte, wie Paula im Flur leise mit Gösta und Martin sprach. Durch das Küchenfenster sah er, wie sie wieder in die Kälte hinausgingen und wegfuhren.
Gefolgt von Margareta und Torsten Kjellner kam Paula zurück in die Küche.
»Ich habe sie zur Dienststelle geschickt, weil ich dachte, dass wir sonst zu viele sind. Das war hoffentlich in deinem Sinne?«
Patrik nickte.
Margareta ging direkt auf Cia zu und nahm sie in den Arm. In den Armen ihrer Schwiegermutter schluchzte Cia ein erstes Mal auf. Dann schienen alle Dämme zu brechen, und die Tränen flossen in Strömen. Torsten sah blass und verstört aus. Die Pastorin ging zu ihm und stellte sich vor.
»Setzen Sie sich doch, ich mache uns einen Kaffee.« Die beiden kannten sich nur vom Sehen. Lena Ãppelgren blieb erst einmal im Hintergrund und trat nur in Erscheinung, wenn sie gebraucht wurde. Keine Todesnachricht war wie die andere, und manchmal musste sie nur ein wenig Ruhe ausstrahlen und für warme Getränke sorgen. Sie öffnete die Schränke und
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