Mehr als die Summe - Star trek : The next generation ; 5
innerlich dafür, ausgerechnet das zu bemerken, anstatt seine Aufmerksamkeit ganz auf ihre Gefühle zu richten. Doch andererseits gefiel es ihm, dass seine Heirat seine Libido offenkundig wieder zu der eines Zwanzigjährigen hatte werden lassen. Er fragte sich, wie lange das anhalten würde. »Worum geht es dann?«, fragte er, um seine Gedanken wieder auf ihr Gespräch zu lenken.
»Es geht darum, seine Mutter zu sein. Ich weiß nicht, ob ich das noch länger sein kann. Er hat sich so weit über uns hinaus entwickelt. Er hat Einsichten gewonnen, die ich mir kaum vorstellen kann, und steht Problemen gegenüber, die ich nicht einmal ansatzweise begreife. Wie soll ich ihm Rat erteilen, wie helfen? Wird er mich jemals wieder brauchen?«
Picard trat zu ihr und umfasste ihre Schultern. »Natürlich wird er das. Er liebt seine Mutter. Wenn es eines gibt, das ich in diesem letzten Jahr gelernt habe, dann wie wertvoll Familienbande sein kann. Ich bin mir sicher, Wesley wird seine Bande zu dir immer zu schätzen wissen.«
»Ich weiß, dass er das wird, Jean-Luc. Ich weiß nur nicht, ob er sie jemals wieder
brauchen
wird.« Sie schenkte ihm ein dünnes Lächeln. »Ich fürchte, ich leide unter dem Empty-Nest-Syndrom. Ich vermisse es, jemanden zu haben, um den ich mich kümmern kann. Jemanden, der auf mich angewiesen ist. Ich vermisse es, eine Mutter zu sein.«
Picards Puls beschleunigte sich, als er merkte, in welche Richtung dieses Gespräch führte. Doch der Zeitpunkt war gut gewählt. Die Ehe hatte ihm Möglichkeiten eröffnet, die ihm bis dahin unerreichbar erschienen waren. Seit sein Bruder Robert und sein Neffe René vor neun Jahren in einem Feuer umgekommen waren, hatte er stets befürchtet, dass die Picard-Linie, das reiche Familienerbe, das zu ehren sein Vater ihn immer gelehrt hatte, mit ihm ein Ende finden würde. Doch jetzt war er ein Ehemann, und auch wenn er bislang vor allem damit beschäftigt gewesen war, die unmittelbareren Annehmlichkeiten dieses Zustands zu genießen, so hatte er doch mehr als einmal über die Möglichkeiten, die ihm hieraus für die Zukunft erwuchsen, nachgedacht. »Beverly«, begann er behutsam, »es gibt da etwas, das ich mit dir...«
»Brücke an Captain Picard.«
Er zuckte zusammen. So viel zum Thema guter Zeitpunkt. »Was gibt es, Nummer Eins?«, fragte er vielleicht etwas barscher, als es angebracht gewesen wäre.
Aber sein Erster Offizier war ein Klingone und hatte mit barschem Auftreten keine Probleme.
»Wir haben einen Notruf empfangen«
, meldete Worf.
»Priorität eins. Admiral Nechayev fordert um auf, zum Sternenflottenhauptquartier zurückzukehren und uns sofort nach umerer Ankunft mit ihr zu treffen.«
Picard spürte, dass ihm das Herz schwer wurde. Er hatte das furchtbare Gefühl, genau zu wissen, was es mit diesem Notruf auf sich hatte.
Bitte nicht – nicht schon wieder
.
Sternenflottenhauptquartier
San Francisco
Sternzeit 57734
Mit wenig Erfolg versuchte Picard, die Verspannung in seinen Schultern zu lösen, bevor er Admiral Nechayevs Büro betrat. Der Admiral und er hatten sich in den letzten Monaten nicht gerade gut verstanden, und er erwartete, dass die Stimmung auch während dieses Treffens angespannt sein würde.
Daher war er nicht wenig überrascht, als er in den Raum kam und sah, was sie auf ihrem Schreibtisch ausgebreitet hatte. »Sind das...«
Alynna Nechayev, die neben dem Schreibtisch stand, schenkte Picard ein Lächeln, das ihre ernsten Züge weicher erscheinen ließ. »Bularianische Kanapees, Wasserkresse-Sandwiches und Earl Grey Tee«, bestätigte sie ihm und trat vor, um ihm mit unerwarteter Herzlichkeit die Hand zu schütteln. »Willkommen zurück auf der Erde, Captain Picard. Und herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Vermählung. Ich bedaure, sie verpasst zu haben.«
»Danke, Admiral«, sagte er ein wenig verlegen. »Aber wir wollten nur eine kleine Zeremonie und ...«
»Ich verstehe das. Genauso war es auch bei meiner Hochzeit. Wir mussten praktisch durchbrennen, um meiner Mutter und ihren sorgsam orchestrierten Plänen zu entgehen. Wir Nechayevs können ziemlich ... beherrschend sein.«
»Das, äh, ist mir noch gar nicht aufgefallen.«
»Oh, Captain, Sie müssen Ihre Fähigkeiten zur Höflichkeitslüge verbessern, wenn Sie eine erfolgreiche Ehe führen wollen«, ließ sie ihn mit einem selbstironischen Lächeln wissen.
»Wenn ich fragen darf, Admiral, was ist der Anlass für ...« Er deutete auf die Häppchen und den Tee.
»Oh, erlauben
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