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Mehr als fromme Wuensche

Mehr als fromme Wuensche

Titel: Mehr als fromme Wuensche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaessmann
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wurden. Dietrich Bonhoeffer ist eine Art Denkmal für alle die, die den Mut hatten, anders zu denken und widerständig zu handeln. Und sein Leben ist eine Mahnung, sich nicht allzu leicht anzupassen, den Mut zu behalten, frei zu denken. Dafür ist der christliche Glaube eine gute Ausgangsposition.
    Martin Luther hat einmal gesagt, ein Heiliger sei ein Mensch, der sich Gott ganz und gar anvertraut. In diesem Sinne kann von Bonhoeffer als Heiligem gesprochen werden. Er wusste, dass er wohl nie wieder in Freiheit leben, seine Familie und seine Verlobte wohl nicht wieder sehen würde. Sein Gottvertrauen hat dieses Wissen nicht zerstört. Im Gefängnis hat Dietrich Bonhoeffer an Weihnachten 1944 in diesem Bewusstsein gedichtet: „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“
    Die Geschichte von Jesus Christus fordert uns dazu heraus, die Allmacht und die Ohnmacht Gottes zusammen zu denken. Ein einfacher Gedanke ist das nicht. Dietrich Bonhoeffer schreibt: „Gott läßt sich aus der Welt hinaus drängen ans Kreuz, Gott ist ohnmächtig und schwach in der Welt und nur so ist er bei uns und hilft uns.“ Und die Auferstehung zeigt: Gott willdas Leiden schon in dieser Welt überwinden mit der Macht der Liebe allein – nicht mit Krieg, durch Mächte oder Gewalt. Wer immer den Namen Gottes im Munde führt, sollte das bedenken! – Und das gilt besonders für diejenigen, die politische Leitfiguren sein wollen.
    Die Liebe ist verletzlich, verwundbar, aber sie ist auch stärker als der Tod! Von dieser Verheißung auf Gottes neue Welt leben wir. Diesem so offenbar gewordenen Gott dürfen wir vertrauen, an ihn glauben und uns ihm mit all unseren Verwundungen und Verletzungen anvertrauen. Das hat Jesus Christus verkündigt, dafür hat er gelebt und ist er gestorben und darin ist er in der Auferstehung ins Recht gesetzt worden. An diesen Gott halten wir uns, das ist unser Heiland. Luther übrigens hat an der Rede vom Verborgensein Gottes immer festgehalten. Ja, Gott kann fremd werden, es mag sein, dass wir zweifeln. Und doch erfahren Menschen immer wieder, dass sie gerade im Leiden von Gott gehalten sind.

Angst vor Terror
    D as macht vielen Menschen Angst: Deutsche Fahnen brennen, dänische und norwegische Botschaften werden von einem tobenden Mob gestürmt, ein EU-Kulturbüro in Gaza wird zerstört. Ausgelöst wurde diese Gewalt durch Karikaturen in einer dänischen Zeitung. Ist das nun der Kampf der Kulturen?
    Zuallererst denke ich: Wir dürfen uns keine Angst machen lassen. Meinungs- und Redefreiheit sind hohe Güter, die in Europa schwer errungen wurden! Viele Zuwanderer in Europa schätzen genau diese Freiheit. Es war der große Philosoph Voltaire, der gesagt hat, er werde eintreten für die Freiheit des anderen, für seine Überzeugungen einzutreten, selbst wenn er nicht dessen Meinung sei. Dafür gilt es zu kämpfen. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der ich aus Angst nicht frei sage, was ich denke. Deutschland hat im letzten Jahrhundert in zwei Diktaturen erlebt, was das heißt.
    Zum anderen: Ja, es gibt Grenzen des guten Geschmacks und auch des Respekts. Meine religiösen Gefühle sind verletzt, wenn ich beispielsweise ein T-Shirt sehe mit einem Schwein am Kreuz und der Frage „Wieso?“ darunter. Das Kreuz hat eine tiefe Bedeutung für meinen Glauben und wird so lächerlich gemacht. Manchmal habe ich den Eindruck, Religion wird besonders angegriffen, weil manche geradezu händeringend nach den letzten Tabus suchen, die sie noch brechen können.
    Die Kirchen in Europa haben aber gelernt, in der Demokratie zu leben und sie zu schätzen. Sehen wir unsere religiösenGefühle verletzt, können wir die Rechte nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Etwa den Boykott einer Zeitung, Leserbriefe, Podiumsdiskussionen, zur Not sogar eine Klage vor Gericht – nur auf keinen Fall mit Gewalt! So sollten alle Religionen gleich behandelt werden. Das gilt für das hohe Gut der Religionsfreiheit in unserem Land, aber ebenso für das hohe Gut der Meinungs- und Redefreiheit oder auch der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die unsere Verfassung garantiert. Statt aus lauter Angst vor Gewalt eine Oper abzusetzen, gilt es, für die Freiheit der Rede und auch der Kunst offensiv einzutreten! Deshalb brauchen wir dringend einen Pakt der Vernunft, der die erhitzten Gemüter beruhigt, genauso entschlossen aber auch für

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