Mehr als fromme Wuensche
muss euch sagen, es weihnachtet sehr.“ Als Kind habe ich das Gedicht von Theodor Storm besonders gemocht. Heute freut mich, dass das Christkind darin vorkommt: „Und droben aus dem Himmelstor, sah mit großen Augen das Christkind hervor.“ Der Weihnachtsmann ist keine biblische und auch keine christliche Gestalt. Ja, es gibt den Nikolaus. Es ist der Bischof von Myra, an den wir an seinem Namenstag denken, der ein großes Herz für Kinder hatte. Deshalb schenken wir Kindern eine Kleinigkeit. Der Weihnachtsmann aber ist ein Produkt von Coca Cola! Im Grund muss man sagen: Respekt! Eine tolle Werbekampagne. Aber manche fordern jetzt schon „weihnachtsmannfreie Zonen“, weil viele gar nicht mehr wissen, worum es an Weihnachten wirklich geht.
Wir feiern am Heiligen Abend die Geburt des Gotteskindes. Wir schenken uns gegenseitig etwas aus Freude darüber, dass Gott uns dieses Kind schenkt. Wir zünden Lichter an, weil wir glauben, dass so Licht in die dunkle Welt gekommen ist.
Es ist zunächst eine Geburt wie jede andere. Vom Ende her wird sie wichtig. Christinnen und Christen glauben, dass dieser Jesus den Tod überwunden hat. Er ist das Zeichen dafür, dass Gott uns liebt, sich uns zuwendet, uns hält und trägt auch über den Tod hinaus. Deshalb ist diese Geburt einzigartig.
Und sie fand in eher ärmlichen Verhältnissen statt. Wer möchte schon in einem Stall ein Kind zur Welt bringen? DieHirten auf dem Felde waren wohl eher Ein-Euro-Jobber. Und gleich nach der Geburt die Flucht der Familie nach Ägypten. Die Weihnachtsgeschichte ist nicht so romantisch oder gar kitschig, wie sie in Bildern oft dargestellt wird. Das finde ich eigentlich ganz tröstlich. Etwa für Familien, bei denen es nicht so harmonisch zugeht, wie alle gehofft haben. Auch für die, die allein bleiben am Heiligen Abend, die krank sind oder traurig. Die Botschaft von Weihnachten geben die Engel im Lukasevangelium weiter: Fürchtet euch nicht! Das gilt für uns alle. Das ist die Zusage der Nähe Gottes. Habt keine Angst. Macht euch nicht so einen Druck. Ja, die Welt ist heillos, auch an Weihnachten ist nicht plötzlich alles gut, was sonst schwer ist. Aber sie ist nicht mehr ohne Heiland. Das Kind in der Krippe hat uns gezeigt: Gott ist da. Für dich und für mich.
Jahresrückblick
K irche – alter Hut, muffig und von gestern. Kurz vor abgeschafft sozusagen: sinkende Mitgliederzahlen, weniger Kirchensteuereinnahmen, kleinere Gemeinden. Ja, das haben viele gedacht.
Aber im Jahr 2005, da gibt es auf einmal ganz Erstaunliches zu entdecken. Tausende von Jugendlichen, die in Rom den toten Papst betrauern und dem neuen zujubeln. Der Evangelische Kirchentag in Hannover ein Ereignis, bei dem Hunderttausende mit Kerzen am Ufer der Leine miteinander beten. Der Weltjugendtag in Köln zeigt junge Leute, die mit Hingabe Gottesdienst feiern, und zur Einweihung der Frauenkirche in Dresden kommen 60.000 Menschen, die Einschaltquote der Fernsehübertragung überschreitet die Zwei-Millionen-Grenze.
Von wegen Land ohne Gott! Viele sind überrascht, denn es zeigt sich: Die Menschen fragen neu nach Religion. Sie wollen wissen, woher sie kommen und wohin sie gehen. Auch junge Leute suchen Gott und nehmen wahr: Dieser alte christliche Glaube, auf den Menschen seit Jahrhunderten vertraut haben, gibt auch mir Halt. Wenn ein Tsunami tobt und ich keine Erklärung finde, kann ich doch das tun: mit anderen rund um die Welt für die Opfer beten „Vater unser im Himmel...“. Ich kann mit anderen zusammen singen: „Befiehl du deine Wege“. Wenn ich keinen Platz finde in der Gesellschaft, nicht weiter weiß, kann ich in die Jahrtausende alten Worte einstimmen: „Der Herr ist mein Hirte...“.
All die Sicherheiten, denen wir allzu lange vertraut haben, sie zerbröseln uns doch unter den Händen. Fortschritt, Geld und tolles Aussehen bieten keinen Halt. Aber da ist Gott, der mich kennt, der bei meinem Namen gerufen hat, wie die Bibel sagt. In Jesus sehen wir, wie Gott sich an denen freut, die erfolgreich sind, aber auch die in gleicher Weise wahrnimmt, die nicht mithalten können in der Leistungsgesellschaft. Das Kreuz ist eben nicht nur ein Anhänger am Halskettchen, sondern ein Zeichen, dass Gott weiß, wie es um uns bestellt ist, wenn wir Angst haben, unsicher sind, leiden. Wir erleben wieder bewegende Zeiten für Christinnen und Christen. Es gibt eine Ermutigung, die Suche nach Gott aufzunehmen, an allen Orten. Wenn wir zusammen Bibel lesen, singen und beten. Wenn
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