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Mehr als fromme Wuensche

Mehr als fromme Wuensche

Titel: Mehr als fromme Wuensche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaessmann
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der Gesellschaft zerfällt. Und schließlich: Die Kluft zwischen den Jugendlichen wird immer größer. Während Kinder aussozial schwachen Familien ihre Freizeit meist vor dem Fernseher verbringen, werden Kinder aus anderen Familien gezielt gefördert. Selbst in der Ernährung zeigt sich der Unterschied: 46 Prozent der Jugendlichen aus der neu entdeckten „Unterschicht“ haben einen gesundheitsgefährdenden Konsum an Limonaden und Zigaretten und zu wenig körperliche Bewegung. Nur bei 15 Prozent der Jugendlichen aus der so genannten Oberschicht ist das der Fall.
    Wir können die jungen Leute nur so früh wie möglich fördern, damit ihr Leistungswille gestärkt wird und Chancengleichheit entsteht. Da sind der Staat und die Gesellschaft insgesamt gefragt, wenn Eltern versagen. „Dieses Kind braucht Deutschland“ ist ja ein Satz, der zeigt: Wir brauchen die jungen Leute – und sie brauchen uns. Mir ist es außerdem besonders wichtig, ihnen die Zukunftsangst zu nehmen. Dabei spielt für mich der christliche Glaube eine besondere Rolle, der sagt: Nicht, was du verdienst und leistest, ist entscheidend, sondern dass du von Gott gewollt und geliebt bist. Und: Die Zukunft liegt in Gottes Hand, wir können sie nur mitgestalten. Zum Mitgestalten gehört auf jeden Fall, die nachwachsende Generation zu fördern, von Anfang an.
    Ich will „meinem Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen.“ (Joel 3,1) Diese Verheißung, die nach Jesu Tod als erfüllt angesehen wird (Apostelgeschichte 2,17) verspricht, dass Gottes Geist die jungen Leute befähigt, weise zu sein. Ja, sie sollen gefördert werden, lernen, sich entwickeln. Die Jugend wird im alten Israel als der Schatz der Zukunft angesehen. Es wird Zeit, dass wir auch hierzulande diesen Schatz neu entdecken.

Technikglaube
    D er Transrapid – lange stand dieser Name für Fortschritt, Innovation, Zukunftstechnologie. Fast 800 000 Menschen haben auf Betriebsausflügen und Familienfahrten ausprobiert, wie es sich anfühlt, mit bis zu Tempo 430 auf der Teststrecke von Lathen nach Dörpen zu rasen. Auf der einzigen bisher exportierten 30-Kilometer-Strecke in China zum Flughafen von Shanghai wurden mehr als fünf Millionen Menschen sicher befördert. Und dann kommt das Unheil aus heiterem Himmel. 23 Menschen sterben, zehn werden verletzt, weil die Magnetschwebebahn mit Tempo 200 in einen Werkstattwagen rast. Ein Bild des Grauens, ein zerfetztes Wrack, 400 Rettungskräfte, die darum kämpfen, die Opfer aus dem völlig zerstörten Zugteil in vier Meter Höhe zu bergen.
    Bei allen technischen Sicherungsmechanismen gibt es eben doch auch menschliches Versagen. Absolute Sicherheit gibt es nicht, sei die Technik auch noch so ausgereift. Wenn Entwickler und Hersteller bisher erklärten, es handle sich „um eine vom Risiko der Kollision freie Technik“, dann haben sie sich brutal geirrt. Dabei halte ich es für falsch, zu sagen, der Mensch sei der größte Feind der Technik. Menschen machen nun einmal Fehler, sie sind keine perfekten Maschinen. Vielmehr muss bei jeder Art von Technik einkalkuliert werden, dass es menschliches Versagen gibt. Alles andere wäre hochmütig.
    Mich bewegt bei einem solchen Unglück wie alle anderen das Mitgefühl für die Opfer und ihre Angehörigen. Kinder habenihre Eltern verloren, Eltern ihre Kinder. Es ist grauenvoll, wenn ein schön geplanter Ausflug so endet, Leben plötzlich auf furchtbare Weise zerstört werden. Der Ministerpräsident hat den Angehörigen finanzielle Hilfe zugesagt. Wir können für sie beten, in den Gemeinden müssen ihnen Menschen zur Seite stehen, für ihre Seele Sorge tragen.
    Ich denke aber auch an die Verantwortlichen in der Leitstelle. Jetzt wird überall nach den Schuldigen gesucht: Wer ist verantwortlich, wer hat übersehen, dass der Werkstattwagen noch auf der Strecke war? „Wahrscheinlich wurde eine Regel missachtet“, heißt es. Es wird geklärt werden, welcher Fehler das war am Morgen des 22. September. Kein Mensch will einen solchen Unfall verursachen. Wir furchtbar muss es sein, zu ahnen: Wahrscheinlich hast du einen Fehler gemacht, der anderen das Leben gekostet hat! Die Bürde der möglichen oder tatsächlichen Schuld kann ungeheuerlich sein, ja auch sie kann Leben zerstören, die Seele verletzen.
    Und ich denke an die Helfer und Retter. Sie haben grauenvolle Bilder gesehen, die sich in ihre

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