Mehr als nur ein sinnlicher Traum?
zusammengezogenen Brauen sah er Amy nach, bis sie durch den Torbogen im Empfangsbereich verschwand.
Wieder häufiger in der Nähe dieser Frau zu sein würde schwer für ihn werden.
Für Amy verging der Vormittag wie im Flug. Wie jedes Jahr sollte auch diesmal wieder kurz vor Weihnachten das traditionelle Saxon’s Folly Sommerfest stattfinden. Ständig klingelte das Telefon und kamen Leute, denn die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Schon in drei Wochen würde es so weit sein.
„Amy, ich glaube, es fehlen noch Kerzen …“
„Amy, kannst du bitte mit der Druckerei wegen der Prospekte sprechen? „Vergiss nicht, wir brauchen noch drei Partyzelte.“ „Stell dir vor, Amy: Gerade hat Kelly Christie angerufen. Sie möchte ein Fernsehteam schicken, um in der Weihnachtsausgabe ihrer Show über das Fest zu berichten!“
Eigentlich war alles Wesentliche unter Dach und Fach – die Jazzbands zum Beispiel hatte Amy schon vor einem Jahr engagiert –, aber in letzter kam es immer wieder zu Änderungen.
Das lief zwar jedes Jahr so, aber diesmal war besonders viel zu tun. Amy wusste natürlich genau, woran das lag: Jeder dachte, mit Arbeit könne sie sich am besten abzulenken. Einige Wochen ging das nun schon so. Oder genauer gesagt: zwei Monate.
Die Saxons machten sich Sorgen um sie, sprachen sie aber nicht darauf an. Doch Amy merkte es an ihrem Verhalten – wann immer möglich kamen sie vorbei, um sie etwas zu fragen, obwohl meist auch ein Anruf oder eine E-Mail genügt hätte.
Nur Heath verhielt sich nicht so. Das schwarze Schaf der Familie, der Hitzkopf und Draufgänger.
Sie schloss die Augen. Eigentlich sollte sie ihm dankbar dafür sein, dass er sie in Ruhe ließ.
„Amy, hast du eine Ahnung, wo Alyssa steckt?“, fragte Megan, die Jüngste der Saxongeschwister. Als Amy nicht sofort antwortete, sah sie sie fürsorglich an. „Geht es dir gut?“
„Ja, danke“, versicherte Amy. Seit zwei Monaten wurde sie nur noch mit Glacéhandschuhen angefasst. Zeit, dass sich daran etwas änderte. „Ich war nur ganz in Gedanken. Alyssa ist mit deinem Bruder in die Stadt gefahren.“
„Mit Joshua?“
Natürlich war Alyssa mit Joshua, ihrem Verlobten, unterwegs. Mit wem sonst? Mit Heath sicher nicht.
Ein Blick in Megans Augen zeigte deutlich, wie traurig sie war. Offenbar dachte sie an Roland. Amy schluckte und kämpfte mit den Tränen. Sie hatte ihren Verlobten verloren, Megan ihren Bruder.
Beide Frauen schwiegen.
„Amy, sei doch nicht so hart zu dir selbst. Gönn dir mal eine Pause“, sagte Megan sanft.
Amy spürte einen Kloß im Hals und unterdrückte mit Mühe ein Schluchzen. „Mir fehlt nichts.“
Doch Megan kannte sie zu gut, um das zu glauben.
„Na ja, vielleicht geht es mir gerade wirklich nicht so toll“, gab sie zu und strich sich eine Strähne zurück hinters Ohr. „Gerade hat ein Blumenladen in Auckland angerufen, bei dem Roland einen Strauß für mich bestellt hat. Die Floristin wollte wissen, welche Farben wir für die Hochzeit ausgesucht haben, damit die Blumen und Bänder dazupassen …“
„Oh Gott.“ Megan schlug erschrocken die Hand vor den Mund. „Ach, Amy, wie schrecklich.“ Impulsiv kam sie zu Amys Schreibtisch, um sie tröstend zu umarmen.
Heftig schüttelte Amy den Kopf. „Schon gut. Es geht schon wieder. Alles okay.“ Sie wusste, dass sie die Tränen nicht würde zurückhalten können, wenn Megan sie umarmte.
„Nichts ist okay“, widersprach Megan. „Roland …“
„… ist tot.“ Amy wollte kein Mitleid mehr und sprach die traurige Wahrheit unumwunden aus. „Und daher wird es keine Hochzeit geben.“ Sicher litt auch Megan sehr. Schließlich war Roland ihr Bruder gewesen. Eigentlich, wie sie erst nach seinem Tod erfahren hatten, ihr Adoptivbruder.
„Amy, glaub mir, ich fühle mit dir. Es tut mir so leid.“
„Ja, ich weiß. Er hätte einfach noch nicht sterben dürfen.“
„Ja, leider. Du hättest es verdient, glücklich zu werden. Diese Hochzeit haben wir uns alle so sehr gewünscht.“
Amys Lippen begannen zu zittern. „Mit vierzehn beschloss ich, dass ich Roland Saxon heiraten wollte. Als ich endlich sechzehn war, habe ich ihm meine Gefühle anvertraut, doch er fand mich viel zu jung. An meinem siebzehnten Geburtstag habe ich ihm einen Heiratsantrag gemacht.“ Nach dem Essen hatte er sie unter dem nächtlichen Sternenhimmel geküsst. Für sie hatten diese Küsse die wahre Liebe und das Versprechen einer glücklichen Ehe bedeutet.
Sie war sehr jung
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