Mehr als nur ein sinnlicher Traum?
Streit?“
„Wie kommst du denn darauf? Sag mal, wofür hältst du mich eigentlich? Niemals würde ich etwas tun, was Amy belastet, schon gar nicht jetzt.“
„Schon gut, schon gut“, lenkte Megan ein, während sie in einem Hochglanzprospekt blätterte, das sie ausgewählten Kunden des Weingutes zuschickten. „Mir ist nur aufgefallen, dass ihr beide euch in den letzten Wochen aus dem Weg geht. Ich habe immer gedacht, ihr versteht euch und seid Freunde.“
Zu Heath’ Erleichterung beobachtete ihn seine Schwester nicht mehr. Seit Rolands Beerdigung hatte Amy all seine Versuche, sie zu trösten, zurückgewiesen – bis er es schließlich aufgegeben hatte. Seitdem ging er ihr möglichst aus dem Weg.
„Nicht direkt.“ Nicht seit ihrem sechzehnten Lebensjahr. Nein, Freundschaft war es nicht: Er fühlte sich auf eine ungleich gefährlichere Art zu ihr hingezogen.
„Aber immerhin hast du eine Menge für sie getan.“
„Was meinst du?“, fragte Heath viel zu schnell.
Megan warf den Prospekt auf den Tisch. „Hör mal, du hast schließlich ihrem Vater das bankrotte Gut abgekauft.“
„Das habe ich nicht für Amy getan“, sagte Heath und verschränkte die Arme. „Wie kommst du nur auf so etwas? Das war reiner gesunder Egoismus. Als klar wurde, dass Dad und ich nicht miteinander klarkommen, blieben mir nur zwei Möglichkeiten: Entweder für jemanden anders arbeiten oder mein eigenes Ding durchziehen.“
„Aber warum musste es ausgerechnet Chosen Valley sein? Es war doch klar, dass Dad ein Gut in so unmittelbarer Nähe als Konkurrenz sehen würde.“
„Es war eine gute Wahl.“ Das entsprach den Tatsachen, dafür brauchte er sich nicht zu rechtfertigen.
„Aber du hättest nicht so viel dafür zahlen müssen …“
„Es war ein fairer und angemessener Preis.“
„Aber du hättest ihn drücken …“
„Gib endlich Ruhe, Megan!“
„Und du hast Amy tatsächlich einen Job hier auf Saxon’s Folly verschafft.“
„Na und?“ Er zuckte mit den Schultern. „Für Caitlyn habe ich dasselbe getan.“ Um seine Schwester abzulenken, fügte er scherzhaft hinzu: „Vielleicht habe ich einfach das Zeugs zum Personalchef, wer weiß?“
Megan lachte auf. „Du? Wohl kaum. Dafür hast du ein zu weiches Herz. Ich kenne dich, du willst doch immer allen helfen. Amy hat dir leidgetan, denn da ihr Dad sie so verwöhnt hat, war sie nicht gerade sehr selbstständig …“
Erleichtert darüber, dass sie sein wahres Motiv nicht erkannt hatte, murmelte er nur: „Raus jetzt, es reicht!“
Triumphierend sah seine Schwester ihn an. „Na gut. Ich gebe mich geschlagen. Für diesmal.“
Als er allein war, überlegte Heath. Megan hatte gemerkt, dass er Amy aus dem Weg ging. Also würde es auch anderen auffallen. Und Fragen zu diesem Thema konnte er nicht gebrauchen. Je eher er mit Amy Frieden schloss, desto besser.
Amy sah ihn auf sich zukommen.
Sofort senkte sie den Kopf und gab Verkaufszahlen in den Computer ein. Als Heath vor ihr stand, hob sie scheinbar überrascht die Hand vor die Brust und sagte: „Ach, Heath, hast du mich aber erschreckt.“
Amy log nie und hatte das Gefühl, unglaubwürdig reagiert zu haben. Prompt wurde sie rot. Unbehaglich nestelte sie an ihrem Polokragen. Dabei beobachtete sie unauffällig Heath.
Eindrucksvoll groß stand er vor ihr. Er war dunkelhaarig, ganz anders als Roland, der rote Haare gehabt hatte. Heath’ dunkle, fast schwarze Augen wirkten geheimnisvoll und undurchdringlich. Wie immer war er ganz in Schwarz gekleidet – Jeans und T-Shirt – was seinen Typ noch unterstrich.
Als Jugendlicher war er oft in Prügeleien verwickelt gewesen und hatte einen entsprechenden Ruf gehabt … Doch Amy gegenüber war er stets freundlich gewesen.
Ja, er war ein Rebell gewesen und hatte sich seinem Vater widersetzt. Sie wusste, dass seine Eltern gehofft hatten, er würde etwas ruhiger werden, als er zur Universität ging. Aber auch von dort waren wilde Geschichten von ihm zu hören gewesen, und doch hatte ihn seine Studienzeit irgendwie verwandelt. Er war reifer geworden und vernünftig. Eine Zeit lang hatte Amy ihn sogar für einen ihrer besten Freunde gehalten.
Doch dann hatte er sich nach und nach von ihr zurückgezogen. Und als ihr Vater das Weingut nicht mehr hatte halten können, hatte Heath es aufgekauft – vermutlich für einen Spottpreis. Wahrscheinlich weil er sich deswegen schuldig gefühlt hatte, verschaffte er ihr einen Job auf Saxon’s Folly. Das hatte ihr gut gefallen …
Weitere Kostenlose Bücher