Mehr als nur Traeume
Penny aufzeichneten, der in der Küche ausgegeben wurde.
Ganze Schweine und Rinderhälften wurden auf Karren durch die Küche in die Schlachträume geschoben. Da waren Vorratsräume mit Fässern, die größer waren als ein Haus. Meterlange Würste, so dick wie ihr Arm, hingen von hohen Decken herunter. In zwei Küchen waren mit Strohmatratzen ausgekleidete Nischen über den Herdstellen in die Wand eingelassen, in denen ein Teil des Küchenpersonals schlief.
Der Meister der Küche führte sie durch die Räume, und als Dougless endlich wieder den Mund schließen konnte, nachdem sie die Größe und den Umfang seines Reichs und die unglaublichen Mengen von Nahrungsmitteln, die hier verarbeitet wurden, bestaunt hatte, begann sie ihm auseinanderzusetzen, was sie machen wollte.
Sie schluckte kurz, als sie die Lattenkisten mit Hühnern sah, die in diesem Moment angeliefert und in eine Ecke der Küche geschafft wurde, wo eine kräftige Frau anfing, dem gackerndem Federvieh den Hals umzudrehen. Große, mit Wasser gefüllte Kessel wurden auf den Herd gesetzt, damit man die toten Vögel dann brühen und leichter rupfen konnte (die weichsten Federn wurden als Füllung für die Kissen der Dienerschaft aufgehoben).
Sie war überrascht, daß es zwar Kartoffeln in einem Haushalt des sechzehnten Jahrhunderts gab, diese jedoch selten auf den Tisch kamen. Frauen wurden nun zum Schälen dieser Knollen aus der Neuen Welt bestimmt, andere wieder zum Kochen der Eier abkommandiert, die jedoch viel kleiner waren als jene im zwanzigsten Jahrhundert.
Um sich das Mehl zum Bestäuben der Hähnchen und zum Backen ihrer Törtchen zu beschaffen, wurde Dougless in den Siebraum geführt. Dort wurde das Mehl nacheinander durch Siebe geschüttelt, die immer engere Maschen aufwiesen, so daß das Mehl nach jedem Arbeitsgang feiner wurde. Nun begann Dougless zu begreifen, warum das hellste Weißbrot, »Manchet« genannt, so geschätzt und teuer war. Je niedriger der Status einer Person in einem Haushalt, um so gröber sein Brot. Mehl, das einmal gesiebt war, enthielt noch viele Kleie, Sand und andere Verunreinigungen. Nur die Familie und die zu ihrem Hofstaat gehörigen Personen erhielten Brot aus Mehl, das so oft gesiebt wurde, bis es rein war.
Dougless wußte, daß es hier genügend Hähnchen, Eier und Kartoffeln gab, um den ganzen Haushalt damit zu versorgen, aber die Törtchen mit der kostbaren und seltenen Schokolade mußten der Familie Vorbehalten bleiben. Einer der leitenden Köche half ihr dabei zu entscheiden, wieviel Mehl sie zum Panieren der Hühner für die unteren Chargen, welche Menge vom ersten Siebgang und welche vom übernächsten Siebgang gebraucht wurden und so fort. Dougless nahm sich nicht die Mühe, ihm einen Vortrag über die Gleichheit der Menschen zu halten, zumal sie wußte, daß das feinste Mehl den geringsten Anteil an Mineralien und Vitaminen enthielt und daher die gröberen Mehlsorten einen viel größeren Nährwert hatten. Dougless konzentrierte sich nur auf die Zubereitung einer Mahlzeit, die für eine ganze Armee hätte reichen können.
Das war keine leichte Aufgabe im sechzehnten Jahrhundert. Da gab es keine Küchenmaschinen oder tafelfertige Gewürze und Zutaten. Weder Senf noch Mayonnaise für die Eier und Kartoffeln waren vorhanden. Der Pfeffer, der in verschlossenen Räumen aufbewahrt wurde, mußte erst, nachdem die Steine herausgeklaubt waren, in einem Mörser zerstampft werden, der so groß war wie eine Badewanne. Zwar waren die Nüsse für die Schokoladentörtchen nicht in Plastiksäcken verpackt, aber man mußte sie von ihrer Schale befreien.
Dougless überwachte diese Arbeiten und lernte beim Zusehen. Sie hielt erschrocken die Luft an, als man mit Tinte beschriebenes Papier zum Auskleiden der Backformen verwendete. Sie sah, wie man den mit Schokolade und Nüssen angerührten Teig auf ein Pergament goß, das die Unterschrift von Heinrich dem Siebten trug.
Als das Essen schon fast serviert werden konnte, überlegte Dougless, daß sie ein Picknick veranstalten wollte, und schickte ein paar Männer in den Obstgarten, damit sie dort Tücher und Kissen auf dem Boden auslegen sollten.
Und so wurde diesmal Abendessen nicht Punkt sechs, sondern mit einiger Verspätung serviert, aber die Mühe hatte sich gelohnt, wie Dougless an den zufriedenen Gesichtem der Picknickgäste sehen konnte. Sie aßen den Kartoffelsalat mit dem Löffel und die stark gepfefferten Spiegeleier mit den Fingern. Und alle waren voll des
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