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Mehr als nur Traeume

Titel: Mehr als nur Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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die neugierigen Blicke der Dienstboten auf ihre nassen Haare und ihre um den Leib gewickelte Robe. Als sie die Tür von Honorias Schlafzimmer öffnete, seufzte sie. Nun würde der lange, schmerzhafte Prozeß des Ankleidens beginnen, und sie sehnte sich doch so sehr nach ihren bequemen Jeans und Sweatshirts.
    Nach dem Frühstück stahl sie sich von den anderen Frauen fort, um nach Nicholas zu sehen. Die Damen verlangten schon wieder ein neues Lied von ihr zu hören, und ihr bescheidener Vorrat an Gesangsstücken war bereits erschöpft. Sie summte nur noch Melodien und überredete dann die Damen, ihre eigenen Texte dazu zu verfassen. Doch heute mußte sie unbedingt mit Nicholas reden. Nichts Würde seine Hinrichtung aufhalten können, wenn sie nicht mit ihm ins Gespräch kommen konnte.
    Sie fand ihn in einem Zimmer, das nur sein Büro sein konnte, weil er dort, von Papieren umgeben, an einem Tisch saß. Offenbar rechnete er eine Zahlenkolonne zusammen.
    Er blickte auf, als sie hereinkam, zog eine Braue in die Höhe und sah dann wieder hinunter auf sein Papier.
    »Nicholas, du darfst mich nicht mit Mißachtung strafen. Wir müssen reden. Du darfst das Gespräch mit mir nicht auf die lange Bank schieben.«
    »Ich bin beschäftigt. Verschont mich mit Eurem unsinnigen Gewäsch.«
    »Unsinniges Gewäsch?«
    Er warf ihr noch einen bösen Blick zu, der sie zum Schweigen zwingen sollte, und beugte sich dann wieder über seine Zahlenkolonnen. Dougless konnte nichts damit anfangen, denn einige Summen waren in römischen Ziffern geschrieben, andere wieder hatten ein »J« an Stelle eines »I», und etliche Zahlen waren arabische Ziffern. Kein Wunder, daß er Schwierigkeiten hatte, die Zahlen zu addieren. Sie öffnete ihren kleinen bestickten Beutel, der an ihrer Taille hing, und nahm den Rechner mit den Solarzellen heraus. Sie trug den Taschenrechner ständig bei sich, weil Honoria und die anderen Kammerfrauen immer ihre Stiche zählten und Dougless oft für sie nachrechnen mußte, wie viele Stiche abgezogen oder hinzugefügt werden mußten, damit das Muster auch stimmte.
    Sie legte den Solarrechner neben Nicholas’ Hand auf den Tisch.
    »Hat Kit dir bereits das Wandversteck in Bellwood gezeigt?« fragte sie.
    »Lord Kit«, sagte er mit Nachdruck. »Das geht Euch nichts an. Mich genausowenig. Das ist der Haushalt meiner Mutter, Madam, und Ihr seid hier unerwünscht.«
    Sie stand neben seinem Tisch, blickte auf ihn hinunter und sah, wie er in seiner Wut den Taschenrechner hochnahm und die Zahlen einzutasten begann. Dann hieb er auf den Knopf mit dem Plus-Zeichen und dann auf jenen mit dem Symbol für die Endsumme. Immer noch auf sie schimpfend, trug er dann die Summe auf dem Papier unter der Zahlenkolonne ein.
    »Übrigens .. .«, sagte er und begann die zweite Zahlenkolonne in den Rechner einzutippen.
    »Nicholas«, flüsterte sie, »du erinnerst dich.« Sie holte tief Luft und sagte zum zweitenmal, diesmal mit lauter Stimme: »Du erinnerst dich!«
    »Ich erinnere mich an gar nichts«, entgegnete er zornig, doch noch während er das sagte, starrte er auf den Rechner hinunter, den er in der Hand hielt. Ihm wurde in diesem Moment bewußt, daß er ihn verwendet hatte, doch die Kenntnis dessen, was er darstellte und wie man ihn benützen mußte, verließ ihn zugleich mit dem Bewußtwerden seiner Verhaltensweise. Er ließ den Rechner fallen, als wäre er Teufelswerk.
    Für Dougless war dieser Vorwand eine Offenbarung. Irgendwie war das, was er im zwanzigsten Jahrhundert erlebt hatte, in seinem Gedächtnis haftengeblieben. Zwar war sein Besuch in ihrem Jahrhundert erst ein Ereignis, das in vier Jahren stattfand, aber sie stand ja jetzt auch hier und sah ihm beim Rechnen zu, obwohl sie erst in vierhundert Jahren das Licht der Welt erblicken würde. So viele seltsame Dinge waren geschehen, daß sie nun nicht seine Kenntnis von einem Taschenrechner bezweifeln konnte. Aber wenn er sich an dieses Gerät erinnern konnte, mochte er sich auch an sie erinnern.
    Sie sank neben ihm auf die Knie und legte ihre Hände auf seinen Arm. »Nicholas, du erinnerst dich an damals ... an uns!«
    Nicholas wollte ihr seinen Arm entziehen; aber er konnte es nicht. Was hatte diese Frau nur an sich, daß sie diese Macht über ihn besaß? Sie war hübsch, aber er hatte schon schönere Frauen gesehen. Ganz bestimmt hatte er schon Frauen gehabt, die amüsanter gewesen waren. Aber diese Frau .. . diese Frau wollte ihm keinen Moment aus dem Sinn gehen.
    »Bitte«,

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