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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Genehmigung.«
    »Und wenn er es vorzieht, in Paraguay zu bleiben?«
    »Es ist nicht meine Aufgabe, mir darüber den Kopf zu zerbrechen.«
    Lübars, ganz wach, rückte seine Brille zurecht, und als es still blieb, meinte er: »Na schön. Und wo ist diese Barbara Böllig?«
    Kesslers Augen triumphierten.
    »Sie ist tot«, sagte ich.
    Staatsanwalt Lübars scharrte unruhig mit seinen Schuhen über den Teppich und schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Bitte?«
    »Man hat sie vergiftet. Die Schuldige stellt sich gerade der Polizei in Doddelbach. Aber das ist eine andere Geschichte. Die erzähle ich Ihnen später.«
    Lübars schüttelte erneut den Kopf, doch ehe er was erwidern konnte, begann ich von Schmidi zu sprechen.
    »Wie die anderen glaubte Schmidi, Kollek sei ein astreiner Genosse. Erst nachdem ich ihn angespitzt hatte, wie merkwürdig es doch sei, daß der fünfte Mann immer noch rumlaufen würde, während seine vier Kumpels schon nach drei Tagen geschnappt worden wären, schöpfte er Verdacht. Offensichtlich war Schmidi an der ganzen Aktion nicht unbeteiligt gewesen, und er wußte auch, wie man an Kollek herankommt. Wahrscheinlich hat er ihn gefragt, was Sache sei, und Kollek hatte dann eine Idee. Er mußte Schmidi aus dem Weg räumen und fand es vernünftig, das in meiner Wohnung zu tun. Wahrscheinlich hatte Kollek von Kessler erfahren, daß ich ihm auf den Fersen sei. Also lockte er Schmidi zu mir, findet zu allem Überfluß noch meine Waffe, erschießt ihn damit, und die Sache ist perfekt. Hier ist die Kanone.«
    Ich warf ihm die Beretta auf den Schreibtisch.
    »Der Tote sitzt bei mir zu Hause im Sofa. Daß Kollek in Frankfurt war, beweist ein Wisch unterm Scheibenwischer an seiner Karre, der an dem Abend im Viertel verteilt wurde.«
    Lübars nahm vorsichtig die Beretta in beide Hände und betrachtete sie, als könnte sie ihm was ins Ohr flüstern. Dann fragte er: »Fingerabdrücke?«
    »Tut mir leid, ich hatte noch eine Menge zu erledigen, und dann habe ich das Ding ganz gerne in meiner Nähe.«
    Er kniff die Augen zusammen, als wäre das alles zuviel für ihn, und legte die Beretta beiseite.
    »Jetzt erzählen Sie noch, dieser Kollek ist auch tot. Oder warum haben Sie ihn nicht mitgebracht?«
    »Stimmt. Kessler hat ihn vorhin umgelegt.«
    Kessler hob bedauernd die Arme und sagte mit einer Stimme, die Besserung versprach: »Er wollte sich der Festnahme entziehen. Unglücklicherweise bin ich ausgerutscht. Eine dumme Sache.«
    Mit schnellem Blick zu Lübars fügte er hinzu: »Wahrscheinlich wird man mich versetzen.«
    »Soso«, sagte der Staatsanwalt, weil ihm nichts Besseres einfiel, und als ihm dann was einfiel, »das klingt alles recht einleuchtend. Aber wie kommen Sie zu dem Vorwurf, Herr Kessler habe mit dem Fall mehr zu schaffen, als ihm sein Beruf vorschreibt?«
    Ich zündete mir eine Zigarette an und legte zur Einstimmung Kesslers Kalender auf den Tisch. Das machte mir Mut.
    »Sie erinnern sich an den Skandal um die RHEINMAINFARBEN-WERKE?«
    Lübars guckte irritiert, als würde ich einen Witz erzählen.
    »Das war der Laden, der Senfgas in den Irak verschoben hat und gleich danach im Vogelsberg ein Zweigwerk hochziehen wollte. Na ja, wegen der jüngsten Ereignisse waren viele dagegen, und für die Bosse bei RHEINMAINFARBEN mußte was geschehen, was Kesslers Poesiealbum hier mit ›Stimmung im Lande wenden‹ vermerkt. Und nichts kann die Stimmung in diesem Land besser wenden als zwei Stangen Dynamit, ein ermordeter Arbeitgeber und eine trauernde Witwe. Vielleicht noch sterbende Hunde. Jedenfalls, so ein Tod verlangt nach Rache, und am besten rächt der, der trotz solch tragischer Rückschläge das Lebenswerk des Verstorbenen weiterentwikkelt. In dem Fall Chemie. Und schon wird das neue Werk im Vogelsberg gebaut. So hatten es sich Kollek und Kessler ausgedacht. Wobei Kollek die phantastische Möglichkeit sah, seine Privatangelegenheiten mit dem Ehepaar Böllig in einem Aufwasch zu erledigen. Sein Vorschlag, Friedrich Böllig zum Märtyrer zu machen, stieß auf Entgegenkommen, denn die Fabrik ist unbedeutend und stand in keiner größeren wirtschaftlichen Verbindung mit irgendjemand. Kollek warb also mit Hilfe von Kessler die vier Jungs an, um ein paar Köpfe rollen zu lassen. Was Kollek nicht wußte, was aber wieder in dem Poesiealbum steht, man plante auch ihn, früher oder später, umzulegen. Und heute abend hat man ihn umgelegt.«
    Ohne auf Kessler oder Lübars zu achten, nahm ich das Kalenderbuch,

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