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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Sie einen Fall bearbeiten. Herr Kessler wird freundlicherweise von einer Anzeige wegen Verleumdung absehen.«
    Er strich sich kurz mit der Zungenspitze über die Oberlippe.
    »Haben Sie mich verstanden?«
    Ich war wie versteinert. Erst als Kessler sein Kalenderbuch nehmen wollte, sprang ich zum Schreibtisch und schnappte es ihm vor der Nase weg. Er stemmte die Hände in den Rücken und pfiff mich an: »Meinen Kalender, bitte. Ein zweites Mal werden Sie ihn nicht stehlen.«
    Ich steckte das Buch ohne Hast in meine Jackentasche. Mit ausgestrecktem Arm kam er auf mich zu. Ich rieb mir übers Kinn: »Faß mich an, und ich schlag dich windelweich.«
    Er hielt inne. Lübars schloß die Augen. Kessler sagte: »Ich muß Sie bitten, die Stadt in den nächsten Wochen nicht zu verlassen. Ihre Theorie über den Mord an diesem Schmidi leuchtet nicht ein. Es ist Ihre Wohnung, Ihre Waffe, und die Polizei haben Sie auch nicht benachrichtigt. Ich bin der zuständige Kommissar und werde Ihre Angaben sorgfältig prüfen. Meinen Kalender, bitte. Oder«, er warf einen zurechtweisenden Blick auf Lübars, »wollen Sie gleich hierbleiben? Ich habe alles gegen Sie in der Hand und lasse Sie nur laufen, damit Sie zur Vernunft kommen und sich Ihre Geschichte aus dem Kopf schlagen können.«
    Er hätte mich tatsächlich festnageln können. Aber er wollte nicht. Ihm war daran gelegen, so wenig öffentliches Aufsehen wie nur möglich zu machen. Und ich hatte keine Lust, die Nacht in der Zelle zu verbringen. Ich schmiß ihm sein Kalenderbuch vor die Füße. Damit war alles vorbei.
    An den Schreibtisch gelehnt, murmelte ich mir zu: ›Phantastisch, Kayankaya.‹ Als Kessler sich längst grinsend an die Stirn getippt und das Büro verlassen hatte, stand ich immer noch so da. Lübars ging hinter den Schreibtisch, hantierte mit Papieren und sagte schließlich: »Es tut mir leid, Herr Kayankaya.« Dann, nachdem sich die schwerwiegenden Worte gesetzt hatten, »vielleicht kam Ihre Geschichte der Wahrheit ziemlich nahe, aber, verstehen Sie, der Oberbürgermeister… ein paar zweideutige Notizen, das reicht nicht… und dann so eine Anschuldigung, ich würde meinen Kopf riskieren.« Er seufzte und wiederholte: »Es tut mir wirklich leid.«
    Ich betrachtete meine Schuhe: »Warum haben Sie solche Angst vor Kessler?«
    Lübars nahm seine Aktentasche, und wir verließen das Büro.
    »Nun, er hat eine Menge Einfluß, und…«, er schloß die Tür ab, drehte sich um, und sah zu Boden, »… seine gute Beziehung zum Oberbürgermeister ist bekannt.«

7
    Slibulsky gab sich alle Mühe, nett zu sein. Wir fuhren durch die dunklen Straßen. Das Scheinwerferlicht brach sich im Regen. Kleine Blitze zuckten über die Dächer.
    Slibulsky sagte: »Wünsch dir irgendwas, ich mach es möglich.«
    Ich dachte nach, während er den Wagen um eine Baustelle herumlenkte.
    »Daß Whitney Houston einmal nur für mich alleine singt.«
    Ich meinte es ernst.
    »Und wer ist das?«
    Ich drückte die Zigarette aus, lehnte mich zurück und sagte: »Ach, egal.«
    Als wir an der nächsten Ampel halten mußten, fragte Slibulsky: »Wo fahren wir denn nun eigentlich hin?«
    »Weiß nicht. Noch ein bißchen so herum.«
    Lange sagte keiner ein Wort. Nur der Motor brummte beruhigend. Ich zog die Flasche Wodka unterm Sitz hervor.
    »Kann man so’n Zeug in den Knast schicken?«
    Slibulsky machte ein ratloses Gesicht. Ich schob die Flasche zurück und sah aus dem Fenster.
    »Ich kenne da ‘ne kleine Bar, gemütlicher Laden, leise Musik und so…«
    Ich schüttelte den Kopf: »Ich brauche jetzt laute Musik, pralle Mädels und die Birne voll Bier, daß man’s schwappen hört. Fahr nach Sachsenhausen.«
    Slibulsky wendete und fuhr nach Sachsenhausen.
    Als wir in die Kneipe kamen, die wie alle hessischen Kneipen heißen, nämlich so, daß man’s nicht versteht, fiel gerade das Licht aus. Wir schoben uns durch ein Chaos aus Feuerzeugen, Kerzen und johlenden Menschen und fanden an einem Tisch mit Leuten um die Zwanzig herum Platz. Sie erzählten sich Männerwitzchen und tranken Apfelwein, was das Zeug hielt. Einer hatte aufgesteckt. Er lag mit dem Kopf auf der Tischplatte und schnarchte unregelmäßig.
    Als wir lange genug gewartet hatten, stand ich auf und schnappte mir den Kellner. Er kniff die Augen zusammen.
    »Zwölf Bier?! Für Sie?«
    »Wir sind zu zweit.«
    Er meinte »aha«, und ich ging zurück zu Slibulsky. Irgendwann drängelte der Kellner sich dann mit einem riesigen Tablett durch die

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