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Mehr Sex weniger Abwasch

Mehr Sex weniger Abwasch

Titel: Mehr Sex weniger Abwasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Paula u Anderson Szuchman
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Limit vierundfünfzig, bis fünf Cent Spiel« (heißt übersetzt: Kauf mir einhunderttausend Coca-Cola-Aktien, Börsenticker » KO « (auch bekannt als » Knock-Out«), zu 54 US -Dollar, plus/minus 5 Cent). Sie hängen auf, lehnen sich zurück und beobachten die Kurstafel. Coca-Cola steigt – und Sie fühlen sich wie ein Genie. Das größte Genie überhaupt. Binnen einer halben Stunde haben Sie satte 200 Prozent Gewinn eingefahren.
    Dann, schneller als Sie schauen können, stürzt die Cola-light-Aktie plötzlich in den Keller – verliert 25 Cent, 50 Cent, einen Dollar. Was? Komisch. Sie fragen den Kollegen neben sich, ob er auch sieht, was Sie sehen. Ja, meint der, der Gesetzgeber plane anscheinend eine Limonadensteuer; im Fernsehen heiße es, die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes könnte unmittelbar bevorstehen.
    Ungut.
    Ach, was soll’s, sagen Sie sich. Diese Politiker kriegen ja sowieso nie etwas gebacken. Und Sie greifen erneut zum Hörer und rufen noch einmal Ihren Kontaktmann an: » Weiterkaufen. Nochmal fünfzigtausend.«
    Die Aktie sackt weiter ab. Um noch einen Dollar. Zwei. Analysten bewerten sie nun eher negativ. Drei. Sie sind langsam ziemlich gebeutelt. Die Aktie steht jetzt bei 51 Dollar.
    Sie müssen diese Verluste wieder reinholen. Verzweifelt versuchen Sie, das Geld zurückzubekommen. Was tun Sie? Sie kaufen noch mehr. Viel mehr. Die Aktie wird sich schon erholen, wieder ansteigen, plötzlich wieder ganz oben sein. Muss so sein, ist schließlich Cola! Süße Sprudelbrause! Die muss doch wieder steigen.
    Sie steigt aber nicht.
    Bis zum Börsenschluss um 16 Uhr haben Sie mehr als 40 0 000 Dollar verzockt. » Autsch«, entfährt es einem Ihrer Kollegen. » Warum hast du denn so viel Cola aufgeladen? War doch irgendwie klar, dass die Aktie abstürzt, meinst du nicht?«
    Es wäre vielleicht auch Ihnen klar gewesen, wenn Sie nicht einer der destruktivsten Kräfte der Wirtschaft anheimgefallen wären: der Risikoaversion, auch bekannt als intensive Angst vor dem Verlieren.
    Wer verliert schon gerne? Ob in finanziellen Dingen, in der Partnerschaft, im Job oder in einem Streit – verlieren fühlt sich nie gut an. Wir tun alles, um dieses schlechte Gefühl zu vermeiden. Man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um das zu wissen. In jüngerer Zeit jedoch begannen Ökonomen eine Reihe von Fragen zu stellen: Kann die bloße Tatsache des Verlierens – oder auch nur die Erwägung, verlieren zu können – unser Verhalten beeinflussen? Kann das Verlieren uns unvernünftig machen, uns zu vorschnellen und unüberlegten Entscheidungen verleiten und uns aggressiv oder defensiv machen?
    Wie Wirtschaftswissenschaftler im Rahmen unzähliger Laborexperimente und Datenerhebungen im realen Leben herausgefunden haben, ist unsere Aversion gegen Verluste so intensiv, dass wir uns bisweilen höchst sonderbar und oft destruktiv verhalten. Es stellte sich heraus, dass wir das Verlieren mehr hassen, als wir das Gewinnen lieben. Ökonomen haben den Unterschied sogar quantifiziert: Verlieren schmerzt uns doppelt so viel wie der Gewinn uns glücklich macht. Will heißen: Man muss 200 Euro an Gewinn erzielen, um den Kummer über 100 Euro Verlust wiedergutzumachen.
    Risikoaversion bietet eine Erklärung dafür, warum Menschen unkluge Entscheidungen treffen – wie die, an Aktien festzuhalten, die an Wert verlieren, oder trotz Pleitenrisiko alles auf eine Karte zu setzen etc.
    Die Grafik auf S. 67 veranschaulicht, wie irrational unsere Reaktion auf Gewinne und Verluste sein kann. Der Punkt, an dem sich die waagrechte und die senkrechte Linie kreuzen, ist der sogenannte » Referenzpunkt«, der Punkt, von dem aus Gewinne und Verluste bemessen werden. Man sieht, wie im Quadrat links unten ein geringer Verlust in Relation zum Referenzpunkt einen ziemlich steilen Abfall der Zufriedenheit ergibt, während im Quadrat oben rechts ein geringer Gewinn ein Glücksgefühl bewirkt (allerdings nicht im gleich schnellen Tempo).

    Im Gehirn von Jérôme Kerviel sah es wahrscheinlich genauso aus wie in diesem Schaubild. Erinnern Sie sich noch an ihn? Er war der » kriminelle Börsenhändler«, der im Januar 2008 der französischen Großbank Société Générale mit Spekulationsgeschäften einen Milliardenverlust bescherte. Natürlich wollte Kerviel nicht derart viel Geld verlieren. Er wollte lediglich Sicherungsgeschäfte für die europäischen Aktienmarktindizes tätigen, was in der internationalen Finanzwelt im Grunde keine große

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