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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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weggeputzt und mir gesagt, ich soll’s nachschlagen.«
    »Und dann?«
    »Dann ist er zur Tür rausmarschiert.«
    »Aber, was heißt es denn nun?«
    Jack Lederer drückte seine Zigarette aus und zeigte auf ein Wörterbuch, das auf dem »Massenmorde etc.« -Schrank stand. »Schlagen Sie’s nach, Schätzchen.«

Heimkehr
    Jon lud sich Michael auf die Arme, holte tief Luft und stellte sich vor die steile Holztreppe, die zur Barbary Lane hinaufführte. »Bist du bereit?« wollte er wissen.
    »Ob ich bereit bin? Wenn ich mir um jemand Sorgen mache, dann um dich. Wobei mir einfällt: Was ist eigentlich aus unserem Sherpa geworden?«
    »Er ist auf zweieinhalbtausend Meter an Unterkühlung gestorben.«
    »Ach, Mist! Man kriegt einfach keine guten Sherpas mehr.«
    Jon schwankte unter Michaels Gewicht. »Bring mich nicht zum Lachen, sonst laß ich dich noch fallen.«
    »Von wegen. Mitgehangen, mitgefangen.«
    Jon stieg mit sicher gesetzten Schritten die Stufen hoch. »Ich glaube, wir bunkern besser Proviant. Irgendwas sagt mir, daß wir nicht allzu häufig weggehen werden.« Keuchend machte er auf dem Absatz halt, von dem aus man die Barbary Lane betrat.
    »Um Himmels willen«, sagte Michael melodramatisch. »Schau auf keinen Fall nach unten! Tu so, als wärst du Karen Black in Airport. « Er sah Jon tapfer lächelnd an und verdrehte die Augen.
    »Dann hilf mir wenigstens, Michael, wenn du nicht gleich …«
    »Entschuldige.«
    Der Doktor stapfte schwerfällig den von dichten Büschen gesäumten Plankenweg entlang und fluchte laut, als Boris, die Nachbarschaftskatze, aus dem Unterholz auftauchte und sich voller Wonne an Jons Bein den Rücken schubberte. »Ach«, sagte Michael. »Eine nette kleine Muschi hat doch noch keinem geschadet.«
    Mona erwartete sie vor dem Haus. »Soll ich mal schnell den Rollstuhl holen oder so?«
    Jon schüttelte den Kopf. »Es ist einfacher, ihn zu tragen.«
    »Über die Schwelle, wohlgemerkt.« Michael zwinkerte Mona zu.
    »Du hättest mir wenigstens dein Strumpfband zuwerfen können«, sagte sie.
    »Seit wann willst du denn heiraten?«
    »Das war ein Witz, Mouse.«
    Mrs. Madrigal hastete in den Vorgarten und hielt den beiden die Tür auf. »Willkommen zu Hause, mein Lieber. Das Leben hier war so anders ohne dich.«
    Michael warf ihr einen Kuß zu. »Aber hier ist das Leben doch dauernd anders, oder?«
     
    Jon machte zum Abendessen einen Schmorbraten. Hinterher schob er Michaels Rollstuhl ans Fenster, holte sich einen Sessel und setzte sich zu ihm.
    »Der Fisch hat mir gefehlt«, meinte Michael.
    »Welcher Fisch?«
    »Der dort unten. Der Neonfisch auf dem Kai. Er ist mir immer so vergnügt vorgekommen.«
    Jon zündete einen Joint an und gab ihn Michael. »Der Fisch war ein frühchristliches Symbol für Hoffnung. Die Christen haben ihn in die Wände der Katakomben geritzt, in denen sie sich versteckt hielten.«
    »Was du nicht sagst!« Michael grinste und machte einen Zug. »Ich könnte noch eine Menge von dir lernen.«
    Jon schaute auf die Bay hinaus. »Heißt das, daß ich bleiben kann?«
    Schweigen.
    »Na … sag wenigstens irgendwas. «
    »Ich liebe dich, Jon …«
    »Für den Anfang ist das schon mal ganz gut.«
    »Ich will bloß keine Arzt-Patient-Kiste laufen haben, das ist alles.«
    Jon drehte sich um und schaute ihn an. »Schätzt du uns denn so ein?«
    »Du bist Arzt, Jon. Es wäre nur normal, wenn du darauf abfahren würdest, auch noch zu Hause jemanden zu umhätscheln.«
    »Mir graut davor, dir den Arsch abzuwischen!«
    »Weißt du, ich wollte dich nicht … Stimmt das denn?«
    »Und ob!«
    Michael schmunzelte. »Du weißt gar nicht, wieviel mir das bedeutet.«
    Sie lachten, bis ihnen die Tränen herunterliefen. Michael konnte den glimmenden Joint nicht mehr halten und ließ ihn auf den Fußboden fallen. Jon trat ihn aus. Dann beugte er sich vor und sah Michael direkt in die Augen.
    »Ich möchte, daß du wieder gesund wirst, Sportsfreund. Und es ist mir egal, durch wen.«
    »Ich weiß.«
    »Auf Sex mit Gelähmten fahre ich allerdings trotzdem ab.«
     
    Sie saßen gemeinsam im Bett und schmökerten angeregt in alten Ausgaben des Architectural Digest.
    »Heh«, sagte Jon, »sollen wir Mona für morgen zum Brunch einladen?«
    »Sie hat vielleicht gar keine Lust dazu. Sie trifft sich nämlich heute abend mit ihrer Mutter.«
    »Ist ihre Mutter ein solches Miststück?«
    »Mona sagt, daß ihre Frisur von L’Oreal ist, ihr Schmuck von Cartier und ihr Herz von Frigidaire. Aber wer

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