Mein argentinischer Maerchenprinz
Raul hinaus.
Raul kam kurz darauf zurück und betrachtete sie aufmerksam.
Den Blick auf ihn geheftet, blieb Faith ruhig liegen. „Warum siehst du mich so an?“
„Die Ärzte glauben, dass du wegen der Fehlgeburt so gefühlsbetont reagierst“, sagte er ernst. „Sie meinen, man sollte dich ermutigen, darüber zu sprechen.“
„Sprechen?“ Faith lachte schwach auf. „Die kennen dich nicht besonders gut, was? Jetzt weiß ich auch, weshalb du so blass um die Nase bist. Du befürchtest, ich könnte vor dir plötzlich meine tiefsten Gefühle ausschütten. Keine Angst, Raul. Ich würde nicht einmal mit dir darüber reden, wenn du der letzte Mensch auf Erden wärst.“
Widerspruchslos nahm er die Schmähung hin und musterte sie bloß grimmig. Dann warf er ihr etwas in den Schoß. „Das ist dein Ehering“, sagte er barsch. „Der Ehering, den du mir zwei Stunden nachdem ich ihn dir an den Finger gesteckt hatte an den Kopf geworfen hast. Nimm ihn wieder. Du gehörst mir, und vergiss das besser nie wieder.“
„Weißt du was?“ Ihre zitternde Stimme kam ihr selbst fremd vor. „Bevor ich dich traf, habe ich nie verstanden, wie eine Frau so dumm sein kann, wegen eines Mannes zu weinen. Und jetzt liege ich hier und tue genau das.“
„Steck ihn an. Du hättest ihn gar nicht erst abnehmen sollen.“
„Du hättest ihn mir in Anbetracht deiner Gefühlslage gar nicht erst geben sollen.“ Sie nahm den Ring, steckte ihn jedoch nicht an.
„Es war nicht meine Absicht, dich so aus der Fassung zu bringen.“
„Schweig lieber, Raul. Wenn du schon unbeabsichtigt derartiges Übel anrichten kannst, will ich gar nicht erst wissen, was du zustande bringst, wenn du dich richtig anstrengst.“
Er setzte sich neben sie auf die Bettkante. „Ich gebe zu, dass ich mehr an meine als an deine Gefühle gedacht habe. Aber jetzt bemühe ich mich ehrlich.“
Sein plötzliches Eingeständnis machte sie einen Moment sprachlos. „Tatsächlich?“
„Bin ich nicht hier bei dir?“
„Um deinen ‚Besitz‘ einzufordern. Waren das nicht deine Worte? Nenn mir nur einen Grund, weshalb ich den Ring wieder an meinen Finger stecken sollte.“
„Weil du mich liebst.“
Seine arrogante Feststellung traf sie. Liebe ich ihn? Hatte sie wirklich einen so armseligen Charakter? „Verschwinde, Raul. Hast du nicht den Arzt gehört? Stress ist Gift für mich, und du machst mir Stress.“
„Du liebst mich, Faith“, sagte er weich, sodass sie ihn wütend anfunkelte, wenngleich sich ihr Ärger sowohl gegen ihn als auch sich selbst richtete.
„Willst du dem Arzt erklären müssen, weshalb ich wieder zusammengeklappt bin?“
Anstatt zu antworten, nahm er ihre kalten Finger in seine warme, starke Hand und steckte ihr entschlossen den Ring an. „Nimm ihn nicht wieder ab. Und jetzt will ich von dir hören, wie du dich fühlst.“
„Willst du gar nicht. Glaub mir, das willst du nicht. Und wir wissen doch beide, dass du dir lieber die Zunge abbeißen würdest, als über meine Gefühle zu sprechen.“
„Das ist nicht wahr!“ Fest umfasste er ihre Hand. „Was immer du glauben magst, ich sorge mich ehrlich um dich. Der Arzt sagt, du musst über die Fehlgeburt reden. Ich habe ihm erklärt, dass es eine ungewollte Schwangerschaft war, aber sie scheinen der Ansicht zu sein, dass es eine Frau deshalb nicht weniger schwer trifft.“
„Ist das etwa neu für dich?“ Abermals von Schmerz übermannt, fuhr sie mit schwankender Stimme fort: „Meinst du, das änderte etwas an meinen Gefühlen? Denkst du, es würde dann weniger wehtun?“
„Ich weiß nicht.“ Er klang kühl und distanziert. „Ich habe keine Erfahrungen damit.“
„Und ich weiß nicht, weshalb wir überhaupt darüber reden.“
„Weil die Ärzte sagen, es könnte dir helfen. Hat es wehgetan, körperlich?“, fragte er rau.
Faith starrte an die Decke und fühlte sich, als würde ihr der Boden erneut unter den Füßen weggezogen. „Raul, ich will wirklich nicht …“
„ Sprich mit mir! “
„Warum? Damit du zusehen kannst, wie ich hier vor Kummer vergehe? Möchtest du das?“
„ Dios mío , geh gefälligst nicht auf mich los, wenn ich dir nur helfen will! Sag mir, was in deinem Kopf vorgeht.“ Seine Hand ruhte noch auf ihrer, und sie sehnte sich nach seiner Berührung. Er war nicht fähig, sie zu trösten, warum also hoffte sie darauf? „Ich bin wütend, das geht in mir vor.“
„ Sí , das sehe ich selbst“, grollte er. „Was noch?“
„Ich bin traurig“,
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