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Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Titel: Mein Auge ruht auf dir - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Studenten witzelten, dass er immer über die eigene Krawatte stolperte. Seine Stimme hingegen war überraschend fest und leidenschaftlich und nahm seine Zuhörer gefangen, wenn er sie in seinen Vorlesungen in die Wunder der alten Geschichte einführte.
    Charles Michaelson war seit geraumer Zeit geschieden. Nach zwanzig Jahren Ehe hatte seine Frau von seinem jähzornigen Temperament genug gehabt und ihn verlassen. Und falls sie ihm damit das Herz gebrochen hatte, war das nie ein Thema gewesen.
    West war sein Leben lang Junggeselle geblieben. Er war begeisterter Sportler, ging im Frühjahr und Sommer gern zum Wandern, im Spätherbst und im Winter zum Skifahren. So oft wie möglich verbrachte er seine Wochenenden in der freien Natur.
    Die Beziehung der beiden basierte also einzig und allein auf der Leidenschaft, die sie auch mit Jonathan Lyons geteilt hatten: der Begeisterung für alte Handschriften.
    Albert West hatte überlegt, ob er Charles von dem Anruf erzählen sollte, den er eineinhalb Wochen zuvor von Jonathan erhalten hatte. Aber Charles betrachtete ihn als Konkurrenten und wäre gekränkt gewesen, hätte er erfahren, dass Jonathan zuerst Albert um seine Einschätzung zu einem zweitausend Jahre alten Dokument gebeten hätte.
    Auf dem Rückweg von der Beerdigung kam West zu dem Schluss, dass er die Frage dennoch stellen musste. Er wartete, bis Michaelson vom West Side Highway in die West 56th Street abgebogen war. Dann waren es nur noch wenige Minuten, bis Michaelson ihn vor seiner Wohnung in der Nähe der Eighth Avenue absetzte, um darauf seine eigene Wohnung am Sutton Place anzusteuern.
    Er ging das Thema ganz direkt an. »Hat Jonathan dir erzählt, dass er möglicherweise den Arimathäa-Brief gefunden hat, Charles?«, fragte er.
    Michaelson sah kurz zu ihm, bevor er anhielt, nachdem die Ampel von Gelb auf Rot geschaltet hatte. »Der Arimathäa-Brief? Mein Gott, Jonathan hat mir aufs Handy gesprochen und gesagt, er habe etwas sehr Bedeutungsvolles gefunden und wolle meine Meinung dazu hören. Aber er hat nicht erwähnt, worum es sich handelt. Ich habe noch am gleichen Tag zurückgerufen und ihm auf dem Anrufbeantworter mitgeteilt, dass ich natürlich daran interessiert sei. Aber er hat sich nicht mehr gemeldet. Hast du den Brief gesehen? Hat er ihn dir gezeigt? Kann es sein, dass er wirklich echt ist?«
    »Ich wünschte, ich hätte ihn zu Gesicht bekommen. Aber nein, ich habe ihn nicht gesehen. Jon hat mich vor etwa zwei Wochen angerufen und gesagt, er sei überzeugt, dass es sich um den Arimathäa-Brief handelt. Du weißt, wie ruhig und gelassen Jonathan sonst immer war, in dem Fall aber war er sehr aufgeregt, regelrecht überdreht. Ich habe ihn gewarnt, solche sogenannten Funde stellen sich ja häufig als Fälschung heraus, worauf er etwas ruhiger geworden ist und ein geräumt hat, dass er vielleicht vorschnell geurteilt habe. Er meinte, er werde das Dokument noch jemandem zeigen und sich dann wieder bei mir melden, aber dazu ist es nicht mehr gekommen.«
    Die beiden Männer schwiegen, bis sie Albert Wests Apartmentgebäude erreicht hatten. »Gut, falls es echt ist, sollten wir bei Gott hoffen, dass es nicht seiner verrückten Frau in die Hände fällt … sofern er es überhaupt zu Hause aufbewahrt hat«, sagte Michaelson übellaunig. »Ich kann mir gut vorstellen, dass sie es einfach zerreißt, wenn sie glaubt, es wäre ihm wichtig gewesen.«
    Albert West öffnete die Beifahrertür. »Ja, kann gut sein. Aber vielleicht weiß ja Mariah von dem Brief. Wenn nicht, sollten wir sie darauf aufmerksam machen, damit sie danach Ausschau hält. Er ist unbezahlbar. Danke fürs Mitnehmen, Charles.«
    Charles Michaelson nickte. Als er vom Bürgersteig losfuhr, murmelte er vor sich hin: »Nichts ist unbezahlbar, noch nicht einmal ein Brief von Jesus an Josef von Arimathäa. Es muss sich nur der richtige Käufer dafür finden.«

8
    D en Detectives Benet und Rodriguez war in der Kirche nicht verborgen geblieben, dass Lillian Stewart spät zum Gottesdienst erschien und früh wieder ging. Sie folgten ihr zum Friedhof, beobachteten aus der Ferne, wie sie ans Grab trat und daraufhin Richard Callahan zu ihr in den Wagen stieg und sie umarmte.
    »Und was sollen wir nun davon halten?«, fragte Detective Rodriguez, als sie zum Büro des Staatsanwalts in Hackensack zurückfuhren und nur kurz anhielten, um sich einen Becher Kaffee zu holen. Kurz darauf saßen sie in ihrem Büro und gingen die gemeinsamen Notizen zum Fall

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