Mein bestes Stuck
alte Mörtel, das marode Gemäuer, die altmodische Einrichtung und das Heizsystem – die Einsatzmöglichkeiten sind endlos. Schließt euch mir an! Was tun die Schotten denn am liebsten?«
Das Schweigen im Raum war erdrückend.
»Ganz genau. Es ist doch offensichtlich! Die Leute gehen fischen, sie gehen Golf spielen, sie trinken Whisky. Und sie beschäftigen sich mit ihren Vorfahren. Wir können all das nutzen! Ich sage euch, mit meiner Erfahrung in Geschäftsdingen können wir Frean Hall vor dem Ruin retten und zu einem internationalen Treffpunkt machen. Die Nähe zu Edinburgh, die Anbindung an den Flughafen, all das Land ringsum, der Fluss – gemeinsam können wir es schaffen!«
»Bravo!« Giuseppe Landini war aufgesprungen und spendete der Rede seines Sohnes Applaus. Patrizia stimmte mit ein und schaute sich lächelnd am Tisch um, ebenso wie Jonty, bis seine Frau ihm unter dem Tisch einen Tritt versetzte.
»Mir war nicht klar, dass ihr zu uns ziehen wollt«, sagte Frances Douglas nun und sah Lorenzo ruhig an. Die volle Tragweite dieses Blickes konnten allerdings wiederum nur ihre Kinder verstehen.
Lorenzo setzte sich und zuckte mit den Schultern. »Oh,
nicht sofort natürlich! In nächster Zeit werde ich noch sehr viel in Paris zu tun haben.«
Julia starrte ihren Verlobten ungläubig an. Er hatte nichts, aber auch gar nichts davon erwähnt, was mit ihr und ihren Aufgaben in Paris zu tun hatte. Und seine Pläne für Frean Hall hatte er auch noch nie mit ihr besprochen. War er betrunken? Überwältigt von den Gefühlen der letzten Tage? Oder hatte er gar schon vor seiner Ankunft hier Informationen über Frean und die Umgebung eingeholt? Doch das schien ihr ganz und gar unmöglich. Andererseits war so manches Ereignis der letzten Tage vollkommen aus der Realität gelöst.
Kathy funkelte sie vom anderen Ende des Tisches aus an. Julia kannte diesen Blick genau. Er war ein Klassiker und machte Julia jedes Mal aufs Neue wütend. Da schau an, besagte er, was du wieder für Scherereien machst! Plötzlich fühlte sie sich wieder wie ein achtjähriges, trotziges und Grimassen schneidendes Mädchen.
Auch ihr Vater wirkte reichlich überrumpelt, doch er gab sich diplomatisch. »Ja, Lorenzo, es ist immer wieder gut, eine neue Sicht der Dinge zu hören. Möchte noch jemand Wein? Patrizia, ja? Ihr Glas scheint ein Loch zu haben«, sagte er augenzwinkernd.
»Ich fang schon mal mit dem Abräumen an«, bemerkte Kathy scharf und schob ihren Stuhl mit einem abrupten Ruck nach hinten. »Für Jonty bitte keinen Wein mehr, Daddy.«
Julia fühlte sich plötzlich entsetzlich müde und weit entfernt vom Dasein einer glücklichen Braut. Sie wollte nur noch ins Bett und tagelang schlafen.
Onkel Quinn beugte sich über den Tisch. »Schätzchen, darf ich dich um etwas bitten?«
Sie lächelte ihren Onkel an. »Natürlich. Außer, du willst auch jetzt mit mir tanzen. Ich bin NICHT in der Stimmung, okay?«
»Aber sicher doch!« Er stützte das Kinn in seine Hand. »Nun, ich denke, unsere Gäste sind sehr müde, ebenso wie ich. Wärst du, als reizende Braut, so lieb, uns für heute Abend zu entschuldigen? Die gute Patrizia sieht ganz erschöpft aus …« Dann senkte er die Stimme und fuhr im Flüsterton fort: »… und außerdem ist sie schon ziemlich hinüber, weil sie eineinhalb Flaschen des besten Bordeaux deines Vaters weggeschlürft hat …«
»Oh, selbstverständlich.« Julia war erleichtert, endlich der angespannten Stimmung im Raum zu entkommen. Sie sprang auf und sagte: »Ich bringe euch zu euren Zimmern.«
»Mach dir keine Gedanken um den Abwasch!«, zischte Kathy und begann, laut klappernd das dreckige Geschirr zu stapeln. »Wir schaffen das schon.«
»Ah, Queen.« Julia hätte sich jedes Mal am liebsten vor Lachen geschüttelt, wenn Patrizia den Namen ihres Onkels aussprach. »Queen, ich kann einfach nicht verstehen, warum Sie noch keine Frau gefunden haben! Sie sind doch ein so charmanter Mann!«
»Darf ich bitten?« Onkel Quinn hielt ihr seinen Arm hin und führte die kleine Gruppe zu den Gästezimmern hinauf. Giuseppe rang sich ein Lächeln ab, wünschte den Verbleibenden eine gute Nacht und stolperte dann hinter den anderen her. Lorenzo schnappte sich die geöffnete Flasche
Drambuie-Likör, die ihr Vater auf dem Sideboard bereitgestellt hatte, und auch Julia machte sich, nachdem sie ihre Mutter, ihren Bruder und ihren zukünftigen Mann geküsst hatte, auf den Weg ins Bett.
Kapitel 29
A m nächsten Morgen fand
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