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Mein bestes Stuck

Mein bestes Stuck

Titel: Mein bestes Stuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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ihr ein wenig verschämt gegenüberstand. Ihre zukünftige Schwiegermutter hatte kein Wort darüber verloren, dass sie ihr Brautkleid trug – was wenn sie es grauenhaft fand? Zu übertrieben? Zu extravagant? Oder am Ende nicht extravagant genug?
    »Ähm, meinst du, Lorenzo wird das Kleid gefallen?«, fragte sie und errötete leicht.
    Patrizia runzelte die Stirn und musterte sie von Kopf bis Fuß. »Es ist sehr gut«, entschied sie nach einer gewissen Zeit. »Aber wenn er zuerst mit mir gesprochen hätte, würdest du jetzt mein Kleid tragen! Das ist Tradition.«
    »Aber nein«, rief Julia aus, ehe sie sich besann. »Ich meine, ich würde doch wohl eher das Kleid meiner eigenen Mutter tragen, oder?«
    »Nein, nein, nicht da, wo ich herkomme! Mein Brautkleid ist hundert Jahre alt. Spitze, Spitze, überall Spitze – wunderschön!«
    Julia gestattete sich einen kleinen Seufzer der Erleichterung. Sie hasste Spitze. Was wäre das für ein mieser Anfang gewesen, sofort das Kleid von Lorenzos Mutter ausschlagen zu müssen!
    »Was hältst du von Eleonore?«, fragte Patrizia völlig aus heiterem Himmel.
    Julia sah sie scharf an. »Eleonore? Nun ja … sie war sehr traurig. Natürlich war sie das, wegen des Todes ihres Vaters …«

    »Pah, ihr Vater hat sich nie dafür interessiert, was sie tut! Der Mann hatte kein Herz!« Patrizia verzog angewidert das Gesicht. »Lorenzo war gut zu ihr. Er war zu gut für sie, sie hatte so viel Glück …«
    Damit wären wir schon zwei …
    »Was hätte er auch tun sollen? Er konnte doch nicht mit einer Spielerin leben! All das Geld …«
    »Das Geld?«, fragte Julia leicht genervt nach; sie wollte nun wirklich nicht an ihrem Hochzeitstag über Eleonore reden.
    »Ja, das Geld!« Patrizia klammerte sich nun an ihre Tasche und verkrampfte den Unterkiefer. »Sie hatte sich nicht unter Kontrolle. Sie spielte immer weiter und hatte keinen Job. Das geht doch nicht!«
    »Natürlich hat sie einen Job«, warf Julia ein. »Sie arbeitet doch mit Lorenzo bei PPR.« Sie wollte jetzt wirklich über etwas anderes reden. All das schien ihr zu sehr Getratsche aus dunkler Vergangenheit zu sein. Außerdem war heute auch der Tag der Beerdigung von Eleonores Vater. Warum konnte Patrizia sie nicht einfach in Ruhe lassen?
    »Oh ja, dort hat sie gearbeitet, bis sie – wie sagt man – ins Feuer geworfen wurde?«
    »Wie bitte?« Julia war nicht sicher, ob sie ihre zukünftige Schwiegermutter ernst nehmen sollte. »Sie wurde gefeuert? Wann?«
    Patrizia zuckte mit den Schultern. »Vor drei Monaten, glaube ich … ja, es muss vor drei Monaten gewesen sein. Ich weiß das, weil Lorenzo es uns erzählt hat, als er zu Besuch war bei seinem Papa und bei mir.«
    Julia wandte sich ab und sah vollkommen verwirrt aus
dem Fenster. Warum hatte Eleonore ihr nicht erzählt, dass sie ihren Job verloren hatte? Warum hatte Luc nichts davon gesagt? Und irgendetwas anderes passte hier auch nicht zusammen …
    Die Sonne gab ihr Bestes, die dicken grauen Wolken zu durchbrechen. Der Rasen glitzerte nach einer verregneten Nacht, doch insgesamt versprach es, ein schöner Tag zu werden. Für einen Hochzeitstag nach schottischen Ansprüchen zumindest.
    »Ich muss gehen. Ich habe noch viel zu tun.« Patrizia stand auf und kam auf Julia zu. Dann öffnete sie ihre Handtasche und zog zu Julias großem Entsetzen eine riesige Brosche heraus. »Hier, die musst du tragen. Sie gehörte meiner Urgroßmutter.«
    Julia schaute erschrocken an sich herunter, als Patrizia ihr die massive, aus Elfenbein und Koralle bestehende Camée ans Kleid heftete. Die Frau, deren Profil auf der Brosche abgebildet war, hatte eine derart große Nase, dass Julias Meinung nach die einzige Erklärung sein musste, dass sich der Macher der Brosche einen Scherz erlaubt hatte.
    »Etwas Altes!« Patrizia zwinkerte ihr zu, ehe sie sich endlich umdrehte und die Tür geräuschvoll hinter sich schloss.
    Kochend vor Wut streifte Julia ihr Brautkleid ab, zog ihren pinkfarbenen Frotteebademantel über und ließ sich aufs Bett fallen. Nie und nimmer würde sie diese Brosche tragen – es sei denn, sie heftete sie sich an ihre Unterwäsche, nur um Lorenzo später am Abend den Schock seines Lebens einzujagen …
    Ihre Gedanken fuhren Achterbahn. Arme Eleonore! Mit
einem Mal wurde Julia klar, dass sie sich zu sehr geschämt haben musste, vor ihrer Familie oder gar ihr, einer vollkommen fremden Person, zuzugeben, dass sie gefeuert worden war. Und deshalb hatte sie es drei Monate lang für

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