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Mein bestes Stuck

Mein bestes Stuck

Titel: Mein bestes Stuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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sie nach dem Erwachen ihre beiden Hunde tief und fest schlafend am Fuße ihres Bettes liegen. Sie setzte sich völlig geschafft auf, wegen der schweren Tiere auf ihrer Decke hatte sie in seltsam verdrehter Haltung gelegen. Ihr linkes Bein war fast vollständig taub.
    »Runter mit euch!« Mit dem anderen Bein schob sie die blinzelnden Tiere von sich, bis sie beleidigt auf den blauen Teppich am Boden auswichen. Julia selbst hatte hier als Kind auch immer gesessen. Auch die Vorhänge waren noch dieselben, wenn schon etwas ausgeblichen – kleine Ponys auf einer idyllischen Wiese. Ihr wie frisch poliert wirkender Schminktisch wies mittlerweile Sprünge im Lack auf und war immer noch viel zu klein – früher für die Mengen von glitzerndem Nagellack, heute für ihren Waschbeutel von Furla und ihr Kosmetiktäschchen von Mulberry.
    Die Wände waren dekoriert mit den Ergebnissen ihrer kreativen Teenagerjahre, elegante Hüte und Handtaschen hingen an diversen Haken, wodurch der Raum ein wenig vollgestopft und staubig wirkte. An ihrer Pinnwand hefteten jede Menge Tweedmuster, und die vermeintlichen Kunstwerke aus dem Werkunterricht standen gesammelt auf der Fensterbank. An einem herzförmigen, gepolsterten Brett an
der Wand prangten all ihre selbst gemachten Ohrringe – das hatte sie wirklich gern gemacht! Außerdem hatte sie ein kleines Vermögen damit verdient, den Schmuck an ihre Schulfreundinnen zu verkaufen. Es hatte sogar Zeiten gegeben, da hatte sie mehr Aufträge, als sie erfüllen konnte – selbst ihre Lehrerinnen hatten welche haben wollen.
    Vorsichtig versuchte sie aufzustehen, doch ihr Bein gab sofort nach. »Autsch!«
    Sie ließ sich wieder zurück aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Langsam ließ die Taubheit nach. Sie schloss die Augen, als könne das den Schmerz abmildern, öffnete sie dann jedoch wieder. Ihr Blick wanderte schließlich zu dem bodenlangen, perlmuttfarbenen Kleid, das an der Tür ihres Kleiderschrankes hing.
    Ach ja, heute war ja ihr Hochzeitstag …
    Das Zimmer roch muffig und abgestanden. Behutsam richtete Julia sich erneut auf und sah ihr Gesicht im Spiegel des Schminktischchens.
    »Heute ist es so weit«, murmelte sie. »Der Tag ist da.«
    Sie sah müde und zerknittert aus, und auf ihrem Gesicht zeichnete sich eine breite rote Falte ab, wo sie auf der Naht ihres Kopfkissens gelegen hatte. Ihr Nachthemd war verrutscht, das Innere ihres Mundes fühlte sich pelzig an, und ihre Haare standen wild vom Kopf ab.
    »Ich brauche keinen Friseur, ich brauche eine gute Fee!«
    Auf wackeligen Beinen stand sie auf und durchquerte den Raum, wobei sie über die zusammengerollten Hunde steigen musste, und nahm ihr Kleid vom Bügel. Die kalte, glatte Seide fühlte sich unendlich edel an. Julia hatte dieses
Gefühl fast vergessen – immerhin waren seit der letzten Anprobe inzwischen zwei Wochen – und was für zwei Wochen! – vergangen.
    Julia ließ ihre Finger über die unzähligen kleinen Perlen, die filigranen Stickereien und die weiche Schärpe gleiten, dann streifte sie ihr Nachthemd ab, um splitternackt in ihr Brautkleid zu steigen. Was, wenn bei der letzten Änderung etwas schiefgegangen war und das Kleid nicht passte? Sie musste es einfach überprüfen.
    Doch es passte perfekt. Selbst mit einem roten Streifen im Gesicht und wildem, ungekämmtem Haar verschlug ihr der Anblick ihres Spiegelbildes die Sprache.
    Ein Bild schoss ihr durch den Kopf. Sie sah sich selbst in ihrem Kleid, das Haar sauber aufgetürmt, die große Treppe im Château Deschanel hinabsteigen, auf einen Mann am Fuß der Stufen zu, der ihr verzaubert und voll Bewunderung entgegensah …
    »Darf ich hereinkommen?«
    Es war Patrizia, und sie stand bereits im Zimmer.
    »Aber natürlich!« Julia scheuchte die Hunde aus dem Zimmer, wies mit einer Hand auf die Unordnung um sie herum und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
    »Macht nichts«, versicherte ihr Patrizia. »Lorenzo wird alles gut machen für dich. Du hast großes Glück!«
    »Ich … ich weiß«, stotterte Julia. »Oh, du hast ja eine Bottega!« Sie zeigte auf die feine Ledertasche, die an Patrizias Arm baumelte, und war mehr als irritiert, als sie feststellte, dass es sich um exakt dasselbe Modell handelte, das auch sie und Eleonore besaßen.
    »Ich habe auch so eine!«

    Patrizia nickte stolz. »Ah ja! Mein Lorenzo ist ein so wundervoller Junge! Er hat sie mir geschenkt zu meinem Geburtstag!«
    Patrizia setzte sich auf die Kante von Julias Bett, während Julia

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