Mein bestes Stuck
schüttelte den Landinis die Hand, während Julia sie einander vorstellte. »Na, so ist das eben – wir wussten ja, das unsere Julia eine kleine Diva ist, aber wer hätte schon erwartet, dass sie es erst im Kopf-an-Kopf-Rennen zum Altar schafft! Geht’s euch allen gut?« Und wie um die Erniedrigung noch komplett zu machen, zog er sie an sich heran und schleuderte sie in einem angedeuteten Walzer um sich herum. Dabei sang er vollkommen falsch aus My Fair Lady: »I’m getting married in the morning! Ding Dong! The bells are gonna chime …«
»Jonty«, zischte Julia ihm ins Ohr, »lass mich sofort los, oder ich verrate Dad, was du mir an meinem fünfzehnten Geburtstag gesagt hast!«
»Das würdest du niemals tun!«, sagte Jonty und nahm sofort Abstand von ihr, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. Dann schenkte er sich ein großes Glas Whisky ein und ließ sich auf einen freien Sessel fallen.
»Frean Hall ist sehr groß, nicht wahr?«, sagte Lorenzo gerade zu Julias Vater, als sie sich neben ihrem Verlobten niederließ.
»Ach ja, wir selbst nehmen das gar nicht mehr so wahr.« Argyle Douglas zuckte bescheiden mit den Schultern. »Zumindest
ist es ein altes, nimmersattes Biest, so viel steht fest.«
»Und der Fluss«, fuhr Lorenzo fort. »Kann man dort angeln?«
»Angeln? Ja, könnte man wohl, aber wir hier in Schottland praktizieren nur Fliegenfischen. Gleich dort drüben am Ufer. Macht großen Spaß! Vielleicht möchten dein Vater und du heute Abend noch den einen oder andere Haken werfen?«
Lorenzo übersetzte seinen Eltern den Vorschlag. Seine Mutter antwortete mit einem wahren Wortschwall italienischer Phrasen, die allesamt ihre ablehnende Haltung bekundeten. Sein Vater zuckte hingegen nur wortlos mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Er schien ernsthaft verwirrt, als er nach draußen in den strömenden Regen zeigte.
»Vielleicht ein anderes Mal«, sagte Lorenzo mit einem entschuldigenden Grinsen zu Julias Vater. »Fliegenfischen ist ein lukrativer Nebenerwerb, nicht wahr?«
»Nun, für einige Leute bestimmt«, sagte Argyle Douglas lächelnd. »Wer sein Revier vermietet, oder gar Kompletturlaube anbietet, kann ein absolutes Vermögen machen. Einige meiner Freunde tun das.«
Lorenzo nickte verständig. »Gibt es viele Fische in dem Fluss?«
Das Interesse seines zukünftigen Schwiegersohns an seinem Grund und Boden entzückte Argyle geradezu. Er stimmte ihm enthusiastisch zu. »Oh ja, Lachse und Forellen – alle ganz hervorragend. Einige der alten Logbücher zeigen, dass dies hier ein erstklassiges Fischereirevier wäre. Sicher ließe sich damit gut Geld verdienen.«
»Das dachte ich mir«, sagte Lorenzo. »Argyle …«
Julia zuckte zusammen, als Lorenzo ihren Vater beim Vornamen nannte. Was hatte sie schon erwartet? Dass er ihn Dad nannte?
»… diese Stallungen auf der anderen Seite des Hauses, könnte man die nicht hervorragend in luxuriöse Unterkünfte für die Angler und andere Besucher umbauen?«
»Immer schön langsam, Cadenzo, oder wie auch immer du heißt«, mischte sich Jonty ein. »Hier in Frean Hall regelt man die Dinge anders. Was meinst du überhaupt mit Umbauen? Modernisieren etwa?« Er lachte in sein halbleeres Glas, ehe er den restlichen Whisky kippte und dann aufstand, um sich einen weiteren Drink einzuschenken.
»Nun, das ist eine interessante Idee«, sagte Argyle vage. Julia errötete, als sie bemerkte, wie unwohl ihr Vater sich mit einem Mal fühlte. »Doch es gibt schon mit dem Haus an sich so viel zu tun …«
»Frean Hall steht unter Denkmalschutz«, warf Julia ein und legte Lorenzo eine Hand auf den Unterarm. »Ein solcher Umbau wäre also quasi unmöglich. All die Auflagen …«
»Auflagen?« Lorenzo machte eine verächtliche Handbewegung. »Da gibt es doch immer Mittel, die zu umgehen, nicht wahr, Mama?«
»Ganz genau!« Seine Mutter nickte eifrig. »Man kann alles schaffen.«
Julia starrte Patrizia ungläubig an. Das war ohne Zweifel der längste englische Satz, den sie je aus ihrem Mund gehört hatte.
»Zum richtigen Preis natürlich«, fügte Giuseppe hinzu und kicherte.
Und als ich die beiden in Italien kennengelernt habe, haben sie tatsächlich so getan, als verstünden sie kein Englisch. Pah, ich werde wohl noch um einiges … italienischer werden müssen.
»Essen ist fertig!«
Frances Douglas war aus der Küche aufgetaucht. Ihr Gesicht war rotbäckig und strahlend, als sie das Abendessen ankündigte, und Julia erhob sich sofort. Mit einem Mal
Weitere Kostenlose Bücher