Mein bestes Stuck
schlecht! Und im Anschluss an die Kündigung wurde es nur noch schlimmer. Ich hatte keinen Job, kein Geld und kaum Freunde – zumindest keine echten. Ich konnte weder Luc noch Papa etwas sagen, da Papa schon krank und hier im Château so viel zu tun war. Also bin ich zu Lorenzo gegangen.«
Julia spürte ein hartes, hohles Hämmern in ihrem Kopf. Und sie ahnte, dass es noch schlimmer kommen würde.
»Wann?«, fragte sie und bemerkte, dass ihre Stimme plötzlich völlig fremd klang.
Eleonore hielt einige Sekunden lang inne. Julia konnte beinahe fühlen, wie sie am anderen Ende der Leitung alle Kraft zusammennahm. »Vor drei Monaten.«
»Vor drei Monaten?«
»Ich war so verzweifelt, Julia. Ich war allein in Paris. Und da bin ich eines Abends einfach vor Lorenzos Tür aufgetaucht. Ich war so durcheinander und so unglücklich … Ich brauchte Gesellschaft.«
»Was ist dann passiert?« Julia hielt den Atem an. Eine einzelne Träne rann ihr die Wange hinunter.
»Wir … wir haben miteinander geschlafen. Er hat mich reingelassen, und wir haben miteinander geschlafen. Es war nur einmal, fast wie ein One-Night-Stand, und es ist vorbei. Es wird nie mehr passieren.«
»Ich verstehe.«
»Lorenzo hat mir die Bottega geschenkt, Julia. Er hat sie mir am nächsten Morgen gegeben, ehe ich ging. Ich mag gar nicht über die genaue Bedeutung nachdenken, und warum ich die Tasche angenommen habe, aber ich habe es getan, und dann bin ich gegangen.«
Julia saß regungslos auf ihrem Bett. Ihr ganzer Körper fühlte sich nun so an wie ihr linkes Bein heute Morgen. Sie wusste nicht, was sie denken, geschweige denn sagen sollte.
»Und jetzt haben Simon und ich einander wiedergefunden«, fuhr Eleonore fort. »Oh Julia, ich wünschte, wir hätten von Angesicht zu Angesicht reden können, bevor du abgereist bist. Ich war so dumm! Simon ist der Einzige für mich, er war es immer und wird es immer sein. Und ich habe so großes Glück, dass er auf mich gewartet hat, bis ich endlich zur Besinnung gekommen bin … Nicht, dass irgendetwas davon mit dir zu tun hätte, Julia, aber kurzum, so war es nun mal. Und was auch immer Lorenzo noch für mich empfinden mag … Nun, ich habe meine Entscheidung getroffen. Aber ich musste dir einfach die Wahrheit sagen, auch wenn ich weiß, dass ich dir damit jetzt wohl das Herz gebrochen habe.«
Oh nein, Eleonore. Das warst nicht du …
»Vielen Dank, Eleonore. Für deine Ehrlichkeit.« Julia stand auf und starrte wieder aus dem Fenster. Die Wolken waren hartnäckig und weigerten sich, sich aufzulösen, und der Garten von Frean Hall lag dunkel und traurig vor ihr. Auch der Fluss war ein graues Rinnsal von eisiger Vorahnung.
»Julia …« Eleonores Stimme klang nun leicht panisch. »Leg noch nicht auf, ich …«
»Ich glaube, ich habe genug gehört. Wenn es dir nichts ausmacht, ich muss jetzt los. Auch für mich ist heute ein großer Tag, und ich muss gleich in die Kirche. Wir alle treffen unsere Entscheidungen, Eleonore, und ich habe meine getroffen.«
Kapitel 30
S ie zitterte leicht vor der Kirchentür und biss sich nervös auf die Lippe. Von drinnen konnte sie hören, wie der Organist sanft eines ihrer Lieblingsstücke spielte. Die Wolken, die sich den ganzen Tag über ihr aufgetürmt hatten, rissen genau in dem Moment auf, als sie zum wichtigsten Gang ihres Lebens ansetzte, und die Sonne tauchte die Kirche in wunderschönes, glänzendes Licht.
»Danke!« Julia blickte gen Himmel, als sie die Worte in die Luft flüsterte. Es war, als ob ein himmlischer Segen auf sie niedergegangen sei. Sie war eine Douglas. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen, und sie wusste, dass sie dabei war, das Richtige zu tun.
In der Kirche tauschte sie mit Onkel Quinn, der in der hintersten Bank Platz genommen hatte, einen flüchtigen Blick aus. Seine pflaumenfarbene Samtkappe mit Goldrand war ein eindeutiges Statement in der schlichten, nüchternen Kirche. Er sah über die Schulter und zwinkerte ihr zu.
Die letzten Takte des Musikstückes verklangen, und eine weitere feierlichere Melodie wurde angestimmt. Julia schaute auf die kleine, mit Diamanten besetzte Uhr, die ihre Mutter ihr für den heutigen Tag geliehen hatte. Es war Zeit. Sie atmete tief ein, hob den Kopf und begann – so
klar und entschlossen, wie sie sich die ganze letzte Woche über nicht gefühlt hatte -, den Mittelgang hinunter zum Altar zu schreiten.
Die kleine Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Julia bemühte sich, langsame, bedächtige
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