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Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Titel: Mein Bild sagt mehr als deine Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Levithan
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versucht ich hab’s vers–
    Die Stelle lag ungefähr zehn Minuten tiefer in den Wald hinein. Ein rätselhafter Viadukt, der eine Kluft zwischen zwei Felsen überbrückte. Ein Überbleibsel aus den Zeiten früherer Siedler, die den Wald ganz anders genutzt hatten als wir heute. Wovon wir nichts mehr wussten.
    Es war in deinem Kopf. Was konnte ich da tun?
    Konzentrier dich, dachte ich. Konzentrier dich.
    Ich schlitterte den Abhang hinunter. Es fühlte sich so an, als würde ich mir dabei lauter blaue Flecken holen, aber das war mir egal. Ich sah den steinernen Bogen, aber ich konnte nicht erkennen, ob sich darunter irgendetwas befand. Oder jemand. Am liebsten wäre mir gewesen, du hättest dort mit dem Fotoapparat gewartet. Am liebsten wäre ich vom Blitz geblendet worden und hätte dahinter dein Lachen gehört.
    Nichts regte sich, als ich mich näherte. Die Brücke wurde schon so lang nicht mehr genutzt, dass sie von Bäumen und Büschen zugewuchert war. Einsam und verlassen. Ich zwängte mich durchs Dickicht und spähte hinüber zur anderen Seite.
    »Hallo?«, rief ich.
    Ich hatte mich inzwischen an die Einsamkeit gewöhnt, aber nie ganz und gar. Nie so sehr daran gewöhnt, dass ich mir nicht das Gegenteil wünschte.
    Ich stieß mit der Schulter gegen die Mauer, holte mir noch mehr blaue Flecken. Auf Kopfhöhe setzten die Steine zur Wölbung an. Sie waren kalt, kälter als die Luft.
    Ich begann, Muster in der Art und Weise zu erkennen, wie die Steine ineinandergefügt waren – und da sah ich ihn. In die Brücke hineingeklemmt, als sei für die Steine eine Nachricht hinterlassen worden.
    Der nächste Umschlag.
    Als ich mich hochreckte, blitzte in meinem Kopf ein ganzes Bündel von Frequenzen auf und alle sendeten gleichzeitig. Deine Stimme, die mir sagt, dass du mir nie verzeihen wirst. Der erste Umschlag, wie er auf dem Boden liegt und ich meine Hand danach ausstrecke. Meine Mutter, wie sie mir sagt, dass ich nichts anfassen soll, während wir durch ein Museum gehen. Oder vielleicht war es auch im Haus von irgendjemandem. Die Wölbung des Steins neben dem Spalt, in dem der Umschlag feststeckt. Und der Spalt selbst, ein länglicher Schlitz. Hunger und Geräusche und mein T-Shirt, das hochrutscht, während ich mich recke. Meine Haut, die sichtbar wird. Die Borke. Ich dachte daran, dass dies hier eine Burg hätte sein sollen – und nicht war. Dein Gefängnis. Jacks Zigarette. Die Glut, die sich immer mehr dem Filterstück in seinem Mund näherte, und der Rauch, der in die Luft hinausströmte. Zwei Unendlichkeiten: die eine, die dem Ursprung zustrebt, aber ihn nie erreicht – wenn man halbiert und halbiert und halbiert und halbiert, bis ins Unendliche – und die andere, die sich in eine endlose, endlose Zukunft ausbreitet, in eine endlose, endlose Ferne. Die Anzahl der Unendlichkeiten, die selbst unendlich ist. Wie bringen wir es fertig, weiterzuleben? Wenn uns so viel widerfährt, wie schaffen wir es, weiterzuleben? Ich griff nach dem Umschlag. Ich malte mir bereits aus, wie ich ihn öffnete. Ich kam mir selbst zuvor. Aber ich musste dieses Bild einfrieren – ich musste die Spekulation abbrechen –, weil ich keine Ahnung hatte, was in dem Umschlag stecken würde.
    Wie jeder andere Narr vor mir reckte ich mich.

4

4 A
    Es war in deinem Kopf. Die Art und Weise, wie du verdrahtet warst. Das hatten all die Theorien, die über dich im Umlauf waren, gemeinsam. Du warst manisch. Du warst depressiv. Du warst schizophren. Du warst auf Drogen. Du hast die falschen Medikamente verschrieben bekommen. Du hättest Medikamente gebraucht. Du hast Stimmen gehört. Du wolltest nicht mehr sprechen. Angststörung. Geistige Verwirrung. Niemand wusste genau, was mit dir los war, oder zumindest keiner von denen, die sich dazu äußerten. Nachdem du fort warst, blieben nur noch Vermutungen. Ich ging alles immer wieder durch. Jede Einzelheit. Jeden verzweifelten Augenblick. Jeden Seufzer. Aber ich erkannte darin immer nur dich, nichts sonst. Ich sah nur dich, die Person. Ich sah nicht die Verdrahtung in deinem Kopf. Ich konnte an der Verdrahtung nichts reparieren.
    Ich hab’s versucht ich hab’s versucht ich

4 B
    Als Erstes brauchte ich Tageslicht – oder irgendein Licht –, um etwas zu sehen. Denn unter der Brücke war es zu finster, um auf dem Foto irgendetwas zu erkennen. Ich brauchte mehr Licht, um klar zu sehen. Zumindest dachte ich, dass das reichen würde. Aber als ich dann wieder im Freien war, merkte ich, dass ich mir

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