Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
noch ganz genau, wie es sich zwischen ihren Fingern angefühlt hatte.
Es erstaunte sie immer wieder, wie sehr sie ihn manchmal vermisste.
Aber wen hatten sie da gerade angelächelt? Keri konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, wer hinter der Kamera gestanden hatte. Schließlich riss sie sich von dem glücklichen Paar los und las den Text, der auf den unteren Teil des Fotos getippt war:
Joe Kowalski und seine Freundin Keri Daniels ein paar Stunden bevor ein Polizist sie beim Rummachen in einer dunklen Gasse erwischte und daraufhin ihre Eltern informierte. Gerüchten zufolge jagte Mr Daniels Joe mit einem Golfschläger bis ganz nach Hause.
Keri prustete los. „Dad hat ihn nur bis zur nächsten Straßenecke gejagt. Sogar ein 78er Granada ist schneller als ein übergewichtiger Mann mittleren Alters mit einem Fünfereisen.“
„Ich fürchte, ich finde das alles gar nicht komisch.“
„Du hast meinen alten Herrn auch nicht gesehen, wie er in seinem Bademantel das Auto verfolgt hat. Damals war es allerdings nicht so lustig.“
„Bleib bei der Sache, Keri“, forderte Tina sie ärgerlich auf. „Du gehst jeden Tag in der Redaktion am Schwarzen Brett vorbei, oder?“
„Ja.“
„Dann hast du doch sicherlich auch jeden Tag den Zettel mit der Überschrift ‚Most Wanted:
Spotlight Magazines
begehrteste Promis‘ gesehen?“
„Ja, hab ich.“
„Und ist dir dabei nicht aufgefallen, dass Joseph Kowalski seit mehreren Jahren auf Platz drei dieser Liste steht?“, fragte Tina. Als Keri nickte, beugte ihre Chefin sich über den Tisch und fügte hinzu: „
Du
wirst mir ein exklusives Interview mit diesem Mann besorgen.“
„Oder …?“
Tina lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte drohend die Arme vor der Brust. „Lass es gar nicht so weit kommen, Keri. Die Verfilmung vom elften Bestseller dieses Mannes wird
der
Sommerblockbuster des Jahrhunderts werden. Die Promis haben Schlange gestanden, um für den Film vorzusprechen. Die Schlange war länger als die am roten Teppich vor der Oscarverleihung. Und der Mann ist ein einziges Mysterium.“
„Ich verstehe einfach nicht, warum du so hinter ihm her bist. Er ist doch bloß ein Schriftsteller.“
„Joseph Kowalski ist nicht bloß ein Schriftsteller. Er hat die Medien wie ein Profi um den Finger gewickelt und wurde über Nacht zum Promi. Er hat sensationelle Partys in New York geschmissen, zu denen er immer mit diesem bildschönen Rotschopf an der Seite erschienen ist – Lauren Huckins hieß sie. Dann pfefferte Lauren ihm eine millionenschwere Klage wegen Zufügung seelischer Grausamkeit um die Ohren, er erkaufte sich ihr Schweigen und ist seitdem plötzlich von der Erdoberfläche verschwunden? Da steckt doch eine große Story dahinter, und ich will sie. Unsere Leser werden sich die Finger danach lecken. Und
Spotlight
wird ihnen Joseph Kowalski auf dem Silbertablett servieren, denn du kennst ihn wie sonst keiner.“
„Kannte. Ich
kannte
ihn.“ Keri seufzte und schob das Foto zurück über den Tisch. Dabei hätte sie es lieber behalten, um später von der Vergangenheit zu träumen. „Vor achtzehn Jahren.“
„Du warst seine Jugendliebe. Nostalgie, Schätzchen! Und es geht das Gerücht um, dass er immer noch Single ist.“
Tatsächlich wusste Keri genau, dass er immer noch Single war: Die Daniels und die Kowalskis lebten nämlich nach wie vor im selben kleinen Städtchen in New Hampshire. Obwohl Mr und Mrs Kowalski inzwischen in einem viel schöneren Haus wohnten. Sehr viel schöner, wenn man Keris Mutter glauben durfte.
„Du bist so schnell in dieser Branche aufgestiegen“, fügte Tina hinzu, „weil du gute Instinkte und ein Händchen für Menschen hast. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich dir vertraut habe. Aber das hier …“ Tina brach ab.
Keri war jedoch klar, worauf ihre Chefin hinauswollte: Entweder machte sie dieses exklusive Interview, oder ihre Karriere bei
Spotlight
war vorbei. Bei einem anderen Magazin würde sie ganz von vorne anfangen und sich mühsam hocharbeiten müssen. Und da ihre Karriere praktisch ihr ganzes Leben ausmachte, durfte sie diese Warnung nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Aber Joe wiedersehen? Dieser Gedanke weckte ihre Neugier und jagte ihr zugleich unvorstellbare Angst ein. „Er wird nicht fröhlich mit mir über sein wahnsinnig privates Privatleben plaudern, nur weil wir in der Highschool mal was miteinander hatten, Tina. Es war zwar eine tolle Zeit, aber
so
toll nun auch wieder
Weitere Kostenlose Bücher