Mein feuriges Herz
Schande ertragen mussten. Wenn Gray sie für ihr falsches Spiel bestrafen wollte, sollte es so sein. Im Grunde hatte sie nichts anderes verdient.
Stockend holte sie Luft. „Gut Vater, ich heirate ihn.“
Allmählich löste sich die Anspannung auf den Gesichtszügen des Viscounts.„Du hättest dich ihm nicht hingegeben, wenn du nichts für ihn empfinden würdest. Du bist kein leichtfertiges Geschöpf.“
Sie widersprach nicht. Sie liebte Gray. Zumindest hatte sie ihn geliebt. Den gefühlskalten Fremden, in den er sich verwandelt hatte, kannte sie nicht.
„Mit der Zeit wird alles wieder ins Lot kommen“, sagte der Viscount tröstend.
Corrie brachte ein dünnes Lächeln zustande. „Du hast gewiss recht, Vater.“
Aber sie war sich ziemlich sicher, dass er sich irrte.
17. KAPITEL
In drei Tagen war die Sondergenehmigung erteilt, und hastig wurden Hochzeitsvorbereitungen getroffen. An diesem Vormittag sollte Coralees Hochzeit mit Grayson Forsythe im Garten von Selkirk Hall stattfinden, und sie sollte als seine Gemahlin, Countess of Tremaine, auf sein Schloss zurückkehren.
Der Gedanke jagte Corrie kalte Schauer über den Rücken.
„Ich glaube nicht, dass ich das durchstehe“, sagte sie an Allison gerichtet und wanderte rastlos vor dem Fenster ihres Zimmers auf und ab, halb angezogen in gerüschter, spitzenbesetzter Unterwäsche und einem Morgenrock aus blauer Seide. „Wie soll ich ihm und seiner Familie je wieder unter die Augen treten, nach allem, was ich getan habe.“
Kurz nach der grässlichen Auseinandersetzung auf Castle Tremaine waren Allison und sie in Selkirk Hall eingetroffen. Die Tage waren wie im Flug vergangen, und nun half Allison ihr, das Hochzeitskleid anzuziehen.
„Aber du hast keine andere Wahl“, erklärte die Freundin. „Das bist du deiner Familie schuldig. Laurels Tod war ein furchtbarer Schock. Auch wenn dein Vater sich nichts anmerken lässt, trauert er immer noch um sie. Du darfst deinen Eltern nicht noch einen Skandal zumuten.“
„Lieber Gott im Himmel.“ Corrie sank auf den Hocker vor ihrem Frisiertisch. Ihr Schlafzimmer in Selkirk Hall, in weißen und malvenfarbenen Tönen gehalten, war weitaus eleganter als das schäbige Zimmer, das Rebecca ihr in Castle Tremaine zugewiesen hatte. Als sie daran dachte, dass sie bei ihrer Rückkehr die Suite der Countess beziehen sollte, die an Grays Schlafgemach grenzte, krampfte sich ihr Magen zusammen.
„Wenn ihr verheiratet seid, findet sich gewiss bald Gelegenheit, dem Earl deine Beweggründe zu erklären, und er wird dir verzeihen.“
Corrie schüttelte den Kopf. „Ich halte Gray für einen unversöhnlichen Menschen. Wäre ich tatsächlich Letty Moss, könnte er mir vielleicht irgendwann verzeihen. Aber leider bin ich Coralee Whitmore, die kein Blatt vor den Mund nimmt, die aufsässig, halsstarrig und zielstrebig ist. Ich bin keine Frau, an der Gray Gefallen finden und die er gerne heiraten würde.“
„Nun hör aber auf mit dem Unsinn! Du bist ebenso sehr Letty wie Coralee. Du bist gütig und klug. Ehrlich und großzügig. Dein Gatte wird das mit der Zeit erkennen und einsehen, dass du die Richtige für ihn bist.“
Corrie blickte zu Allison hoch und blinzelte ihre Tränen zurück. „Glaubst du wirklich?“
Allison schlang die Arme um sie. „Ja, daran glaube ich fest. Du hast keine Gefahr gescheut aus Liebe zu deiner Schwester. Und du liebst den Earl. Das wird er irgendwann begreifen und dich als die Person akzeptieren, die du wirklich bist.“
Verwundert sah Corrie sie an. „Woher weißt du … dass ich ihn liebe?“
„Wir sind befreundet, Coralee. Du hättest dich dem Earl nicht hingegeben, wenn du ihn nicht lieben würdest.“
Hastig wischte Corrie sich die Tränen von den Wangen. „Gray glaubt, ich habe ihn hintergangen, und irgendwie hat er damit ja auch recht. Ich gab mich als eine Frau aus, die ich nicht bin.“
„Aber das war doch nur ein Spiel.“
Corrie seufzte. „Vielleicht. Aber er wurde schon so oft verletzt und verbirgt seine Gefühle hinter einem Schutzwall. Ich weiß nicht, ob ich ihn je wieder erreichen kann.“
„Wenn du ihn liebst, musst du es versuchen.“
Insgeheim gab Corrie der Freundin recht. Sie durfte die Hoffnung nicht aufgeben.
„Höchste Zeit, dich anzuziehen“,drängte Allison und erinnerte sie daran, wie bald sich ihr Leben gründlich verändern würde.
„Gib mir einen Moment Zeit, Ally, wenn es dir nichts ausmacht.“
Allison nickte verständnisvoll. „Natürlich.“
Weitere Kostenlose Bücher