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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Statuen! Diese Piazzas! Diese Pizzas! Und dazu der wunderbare Lärm, die wogenden Menschenmassen, die Hitze, die bröckelnden Ruinen! Wir kamen am Colosseum vorbei, wo Nero die christlichen Touristen zerfleischen ließ. Wie alt es sei, fragte ich.
    Fünfzehntausend, sagte der Engel, und das klärte sich bald genug auf: Vor dem Hotel angelangt, schnappte er meinen Koffer, trug ihn zum Empfang und gab mir bekannt, dass er 12.000 Lire für die Fahrt bekäme und 3.000 fürs Koffertragen. Meinen Hinweis, dass ich ihm diese Leistung nicht abverlangt hätte, beantwortete er mit einer längeren Opernarie. Wir einigten uns auf 14.500 Lire und schieden als Freunde.
    Der Empfangschef wusste nichts von einer Buchung, hatte meinen Namen noch nie gehört und hatte kein Zimmer, nein, leider, bedaure, wir sind überfüllt.
    Ich verlangte sofort mit meinem Reisebüro in Israel zu sprechen.
    Bitte, hier in die Telefonzelle.
    Danke.
    Zu meiner freudigen Überraschung sprach das Telefonfräulein, mit dem ich's zu tun bekam, außer Italienisch auch noch Deutsch.
    Ich fragte sie, wie lange die Verbindung nach Tel Aviv dauern würde.
    Das wisse sie nicht, sagte sie. Je nachdem. Hängt davon ab.
    Immerhin, beharrte ich. Fünf Minuten? Sechs Stunden? Zwei Tage?
    Das wisse sie nicht.
    Aber sie müsse doch wissen, wie lange es im allgemeinen dauert?
    Das wisse sie nicht.
    Ob es vielleicht jemanden gebe, der es weiß?
    Das wisse sie nicht.
    Was ich jetzt also tun sollte?

    Das wisse sie nicht.
    Aber sie wusste es wenigstens auf Deutsch nicht.
    Die Woche in der Telefonzelle verging erstaunlich rasch, und die Verpflegung war erstaunlich gut.
    Am Donnerstag, kurz nach dem Frühstück, bekam ich die gewünschte Verbindung.
    »Nu?« hörte ich Schmuels Stimme aus Tel Aviv. »Was willst du?«
    »Nach Hause«, stöhnte ich. »Zurück in das schönste, fortschrittlichste, bestfunktionierende Land der Welt.« Die israelische Regierung sollte Massenreisen nach Italien finanzieren. Es würde die Moral unserer Bevölkerung heben.
    Tagungen müssen sein
    Der Einwandererstrom nach Israel strömt nicht mehr so wie früher. Er ist ein Bach geworden, und in unsicheren Zeiten reduziert er sich zu einem Rinnsal. Trotzdem wäre es ein Irrtum, nun etwa anzunehmen, dass im Hafen von Tel Aviv oder Haifa und auf dem Flugplatz Lod kein Verkehr herrscht. Er herrscht sehr wohl. Allerdings wird er in der Hauptsache weder von Einwanderern noch von Touristen bestritten, sondern von Organisationen und Körperschaften, die sich längst zu einem allseits geschätzten Bestandteil der israelischen Landschaft entwickelt haben.
    Unseren Tageszeitungen, die über die wichtigsten Ereignisse in Israel immer auf dem laufenden sind, wenn auch langsam, ist neuerdings zu entnehmen, dass die Bürgermeister zweier führender Städte miteinander in harter Fehde liegen: Teddy Kollek, das weltliche Oberhaupt Jerusalems, will seiner Metropole das alleinige Veranstaltungsrecht für internationale Kongresse sichern - ein Begehren, dem sein Widerpart Lahat in Tel Aviv den stolzen Ausspruch entgegensetzt: »Jerusalem hat vielleicht den besseren Ruf, aber wir haben die größeren Schulden.«
    Damit will gesagt sein, dass an jedem Kongress, der seinen Namen verdient, auch die als Gastgeber fungierende Stadtverwaltung zu verdienen pflegt. Deshalb lautet das Stoßgebet des durchschnittlichen Bürgermeisters: »Herr des Himmels und der Erde, unsere tägliche Tagung gib uns heute oder spätestens morgen!« Und der Herr in seiner grenzenlosen Huld und Güte erhebt seine Stimme und spricht zu den Orthopäden der Welt wie folgt: »Machet euch auf und versammelt euch in Natania im Lande Israel, und verweilet dort sechs Tage, und tuet nichts.« Und die Heilkundigen für die Schäden unserer Bewegungsorgane strömen nach Natania und sonnen sich am Meeresstrand und wiegen sich auf den Wogen und geben viel Geld aus, welches sie in vielen fremden Währungen mit sich bringen.
    Früher einmal verbuchte man dieses Phänomen unter dem Kennwort »Völkerwanderung«. Heute spricht man von internationalen oder auch Welt-Kongressen. Einmal im Jahr - zumeist im Frühling, wenn die Vorbereitungszeit für die Sommerferien anbricht - verspüren sämtliche Uro-, Grapho-, Meteoro- und Dermatologen der Welt den unwiderstehlichen Zwang, irgendwo für eine Woche zusammenzukommen und, wie es im Hippie-Jargon heißt, ein Fass aufzumachen. Die Kosten werden entweder von einer einschlägigen Körperschaft oder einer Regierungsstelle

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