Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
üppig und grün. Irgendwann überquerten wir eine Brücke über einen sehr breiten Fluss und kamen zu einem wunderschönen Eichenhain. Jede Biegung der Straße bot uns eine neue schöne Aussicht.
So schwer es auch für mich war, Pat nicht mehr bei mir zu haben, vor Aufregung, nur zwanzig Meilen entfernt von meinen Eltern zu wohnen, verschwanden vorübergehend alle Gedanken an sie. Manchmal hatte ich mich gefragt, wie es wohl auf der Ranch wäre, hatte aber im Grunde keine Ahnung gehabt. Wenn mein Bruder uns besuchte und ich etwas von ihm erfahren wollte, zog er mich immer auf, und am Ende war ich so schlau wie zuvor. Ich wusste zwar nicht, ob ich meine Eltern jetzt wirklich öfter sehen würde, hoffte es aber. Trotz der Ungewissheit war der Umstand, ihnen näher zu sein, es wert, auf der Ranch zu leben.
Tröstlich war auch, dass zumindest Rosemary ein paar Tage bleiben würde, um uns beim Einleben zu helfen. Als wir vor einem alten Holztor landeten, verkündete uns Rosemary triumphierend, wir wären da, worauf B. J. und ich jubelten. Sie drückte auf einen Knopf der am Tor angebrachten Sprechanlage.
»Hallo, ich bringe Jenna Miscavige und Benjamin Rinder«, meldete sie, als jemand nach ihrem Anliegen fragte. Daraufhin schwang das Tor auf, und wir folgten der Schotterstraße um einen Hügel und fuhren dabei an ein paar Nebengebäuden vorbei. Schon bald hielt Rosemary vor einem niedrigen, heruntergekommenen Gebäude, wo sich ältere Kinder in Uniform – hellblaue Hemden und dunkelblaue Shorts – tummelten. Als ich ausstieg, fiel mein erster Blick auf Justin, der mich breit angrinste. Er umarmte mich verlegen, wie Brüder das mit ihren kleinen Schwestern tun, denn er freute sich zwar, musste aber vor seinen Freunden cool bleiben.
Taryn wartete auch auf uns. B. J. war kaum ausgestiegen, als sie zu ihm stürzte und ihn fest in die Arme nahm. B. J., der nie die Ruhe verlor, ließ es stoisch über sich ergehen. »Komm her, Schwesterchen«, sagte Taryn und schloss mich ebenso fest in ihre Arme.
Ein paar ältere Kinder, darunter mein Bruder, holten unsere Sachen aus dem Kofferraum und brachten uns zu einer Ansammlung von Gebäuden, die Motels genannt wurden. Wir folgten den Kindern auf einen offenen Hof mit großen Birken in der Mitte. Um den Hof herum sah man dreizehn Wege, die zu Zimmern mit eigenem Eingang führten.
B. J. und ich kamen in Zimmer 12. Offenbar war es für uns ausgesucht worden, weil die Renovierung fast abgeschlossen war. Es war ziemlich groß, etwa zwanzig Quadratmeter, und hatte zwei kleine Fenster nach hinten hinaus. Zwar gab es schon Teppichboden, aber ansonsten nichts.
Während ich noch dastand und mich fragte, ob das wirklich ein Schlafzimmer war, rief jemand hinter mir laut: »Achtung!« Dann kamen zwei ältere Jungen mit einem großen Bettgestell durch die Tür, gefolgt von zwei älteren Mädchen, die eine Matratze trugen. Das wiederholte sich, bis drei Doppelbetten komplett aufgebaut waren, während wir nur dastanden und zusahen.
Zimmer 12 war durch ein Bad und eine Toilette mit Zimmer 11 verbunden. In Zimmer 11 gab es keinen Teppich, sondern nur eine Einzelmatratze auf nacktem Betonboden. Jemand, der dort geschlafen hatte, setzte sich plötzlich auf, und ich erkannte, dass es Teddy, der Freund meines Bruders war, für den ich immer geschwärmt hatte. Teddy erklärte, er sei krank und habe Fieber, und Zimmer 11 sei der Quarantäneraum. Kranke Kinder mussten von gesunden isoliert werden, bis es ihnen besserging. Daher wollte er, dass wir uns von ihm fernhielten. Auf mich wirkte das Zimmer nicht besonders behaglich, zumal für Kranke, doch ich dachte mir, dass man sicher wusste, was man da tat. Schließlich war dies hier die Int Ranch.
B. J. und ich gingen wieder in unser Zimmer und machten unser Bett. Wir ließen Sarah Kitty aus ihrer Kiste, aber sie war nicht glücklich, sondern fauchte und knurrte mit gesträubtem Fell, versteckte sich sofort unter dem Bett und kratzte jeden, der nach ihr greifen wollte.
Nachdem wir unser Bett gemacht hatten, führten uns Justin und Mike über das Gelände. Die Ranch war groß, erstreckte sich über etwa fünfhundert Hektar und lag am Rand des Soboda Indianerreservats in den San Jacinto Hills in Riverside County. Sie erzählten uns, der Besitz sei früher angeblich ein Kloster gewesen. Das Zentrum bestand aus den Motels und sechs, sieben weiteren, zum Teil kleinen Gebäuden, die sich über fünf Hektar erstreckten. Es gab einen kleinen Swimmingpool in
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