Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
ziemlich schlechtem Zustand, in dem ein paar tote Ratten schwammen. Die Jungen erklärten, der Pool dürfe erst genutzt werden, wenn er auf Vordermann gebracht worden wäre, eine Erklärung, die sich bei etlichen der anderen Gebäude wiederholte. Der restliche Besitz bestand aus grünen Bäumen, staubiger Wüste und Bergen.
Die Jungen zeigten uns das sogenannte Big House , ein sehr altes und kurz vor der Räumung stehendes zweistöckiges Gebäude, das auf einem Hügel stand. Im zweiten Stockwerk hatten einige Wände und Böden bereits Löcher. Doch trotz seiner Baufälligkeit waren oben Schlafzimmer für die kleinen Mädchen untergebracht. Wenn die Renovierung der Motels abgeschlossen wäre, würden alle, die im Big House wohnten, hinunterziehen.
Das untere Stockwerk des Big House beherbergte den Speisesaal, der auch hier Mess Hallgenannt wurde. Für jede Mahlzeit wurde das Essen von der Großküche der etwa zwanzig Meilen entfernten Int Base hergefahren. Mit den Speisen wurde ein Buffet errichtet, aber jedes Kind hatte seinen festen Platz am Tisch. Im wöchentlichen Wechsel musste immer ein Kind von jedem Tisch eindecken und servieren. Das Essen stellte sich als ziemlich gut heraus. Es war gesund und abwechslungsreich, und jeden Tag gab es frisch gebackenes Brot. An den meisten Abenden bekamen wir sogar Nachtisch.
Als Nächstes zeigten Justin und Mike uns die Schule, die zugenagelt war, aber demnächst renoviert werden sollte. Sie diente vorübergehend als Lagerraum, also gab es im Grunde keine Schule. Die Jungen führten uns auch zum Cottage , dem Projekt, an dem gerade gebaut wurde: ein kleines, mittlerweile komplett entkerntes Haus, das nach Fertigstellung als Quartier für den Lehrkörper der Ranch dienen sollte.
Die Ranch war vielleicht nichts Großartiges und war zugegebenermaßen auch etwas heruntergekommen, aber das fand ich nicht schlimm. Es gab viel zu tun, aber mir kam es vor wie ein Abenteuer, an dem ich teilhaben durfte. Die Landschaft war mir fremd, aber die Kinder schienen sehr stolz auf die Ranch zu sein. Rückblickend wollten sie vor uns jüngeren Kindern vielleicht ein wenig angeben, aber ihre Begeisterung war ansteckend, und ich hatte das Gefühl, an einem ganz besonderen Ort gelandet zu sein.
Es war auch eine Erleichterung, nicht mehr in ein winziges Apartment gesperrt zu sein. In L. A. hatten wir nie unbeaufsichtigt nach draußen gedurft, aber auf dem riesigen Grundstück der Ranch meinte ich, leichter durchatmen zu können, und musste nicht jedes Mal, wenn ich ins Freie wollte, an die Hand genommen werden. Zum ersten Mal, seit ich denken konnte, hatte ich das Gefühl, genug Platz zum Herumrennen zu haben und meiner Fantasie freien Lauf lassen zu können. Und als wäre das noch nicht genug, konnte ich all das mit meiner Familie tun, da ich wieder mit Justin und Taryn zusammen war.
Beim Gang über das Grundstück erfuhren B. J. und ich, dass es auf der Ranch fünf Hunde gab, die uns die meiste Zeit Gesellschaft leisteten. Es waren keine Wachhunde, sondern freundliche Hütehunde, die uns auf Schritt und Tritt folgten und uns beschützten. Jeder hatte seine eigene Persönlichkeit: Brewster, ein Deutscher Schäferhund, das Alphatier. Tasha, eine Schäferhündin, die extrem anhänglich war. Und Ruby, ein sehr alter, fauler und brummiger Labrador, dessen Bellen wie Quaken klang. Es gab noch eine Labradorhündin mittleren Alters, die Jeta hieß, und Bo, den fünften Hund mit buschigem Fell, der aussah wie ein Wolf.
Während der ersten Tage auf der Ranch erkundeten wir mit den Hunden an unserer Seite die Umgebung. B. J. und ich bemerkten kaum die glühende Hitze, als wir auf der Suche nach verschiedenen Kakteen durch die Wüste stapften. Am Morgen grasten Kühe auf den Grasflächen rund um die Ranch. Aus irgendeinem Grund sollten wir sie verjagen, wozu wir auch die Hunde nutzten. Je weiter wir gingen, desto mehr wurde uns bewusst, wie groß die Ranch war, so groß, dass wir dachten, wir könnten sie niemals ganz erkunden. Ich hatte immer Kleider mit vielen Rüschen getragen, die meine Grandma, Tante Denise, meine Paten und Onkel Dave mir zu Weihnachten und zum Geburtstag geschenkt hatten. Doch für die Ranch waren diese Kleider ausgesprochen ungeeignet, da sie den Staub anzuziehen schienen, sobald ich aus der Tür trat.
Nachdem ich mich mit allem ein bisschen vertraut gemacht hatte, wusste ich immer noch nicht, was ich von dem Leben auf der Ranch halten sollte. Es gefiel mir eindeutig. Ob es an
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