Mein Geliebter, mein Prinz
mit unermesslichem Reichtum, und Ella befand sich in einer nur sehr wenigen zugänglichen Welt. Unter anderen Umständen hätte Ella jede Sekunde ihres Aufenthalts ausgekostet.
Mit den Fingerspitzen berührte sie das Blütenblatt einer Orchidee und sagte sich, dass es verrückt wäre, dieses einmalige Erlebnis nicht zumindest ein bisschen zu genießen.
Fürs Sightseeing zog Ella ein ärmelloses blaues Sommerkleid und dazu passende flache Sandalen an. Bevor sie sich einen breitkrempigen Strohhut aufsetzte, band Ella sich das Haar zurück. Als sie sich kritisch in einem der Spiegel betrachtete, stellte sie fest, dass sie kühl und beherrscht wirkte. Gut. Lang möge es anhalten! dachte Ella.
Es war ein brütend heißer Tag, aber ein leichter Windverhinderte drückende Schwüle. Der Hut erwies sich als perfekt für das Wetter. Mit den vernünftigen Schuhen behielt Nico recht, denn das Kopfsteinpflaster auf den steil abfallenden Straßen zum Hafen wirkte zwar malerisch, erschwerte jedoch das Laufen. Geschäfte, die Luxusartikel führten, reihten sich an kleine exklusive Boutiquen, in deren Schaufenster Outfits der Topdesigner ausgestellt waren. Dazwischen drängten sich Läden für Bootszubehör.
Straßencafés gab es in rauen Mengen. Ella fand einen freien Tisch und bestellte einen extrem teuren Cappuccino. Während sie ihn langsam trank, beobachtete sie das Kommen und Gehen der Leute. Die Hauptursache für die überfüllten Straßen schien das Juan-Lopez-Museum zu sein. Am oberen Ende einer Seitenstraße sah Ella zwei Reisebusse halten. Und als die Touristen ausstiegen und zum Museum strömten, entstand ein Gewühl wie rund um ein Fußballstadion vor einem wichtigen Spiel.
Ella holte ihr Notebook heraus und tippte eine Weile, dann ging sie weiter und entdeckte eine Buchhandlung. Bücher über Juan Lopez nahmen eine ganze Wand ein. Ellas Aufmerksamkeit wurde hingegen durch einen anderen Teil des Ladens abgelenkt, der für Bücher über die Herrscherfamilie von Mardivino bestimmt war.
Hier standen Biografien und Fotobände. In einem entzückenden kleinen Buch mit dem Titel „Genau wie wir“ fand Ella ein Foto von Nico als Baby in einem kaskadenförmig herabfallenden Taufkleid aus Spitze. Er wurde von einem Kindermädchen gehalten – für Prinzen mochte das normal sein, aber Ella wusste, dass Nicos Mutter einige Monate nach seiner Geburt verstorben war. Ein ganzes Kapitel des Buchs berichtete über den Tod der jungen Fürstin. Darin prangte außerdem eine herzzerreißende Abbildung der drei Jungen: die beiden älteren in dunkelgraue Mäntel gekleidet, der schreiende Nico auf dem Arm eines anderen Kindermädchens, der Wagen mit dem blumengeschmücktenSarg im Vordergrund.
Während ihrer Recherchen hatte Ella einiges über den Tod von Nicos Mutter gelesen. Es hier in Mardivino zu tun und dieses Foto anzusehen, machte es jedoch irgendwie realer und ergreifender.
Ella sah Nico dadurch als Mensch von Fleisch und Blut. Es ließ ihn liebenswert und liebebedürftig erscheinen … Nein, das war sicherlich nur Wunschdenken. Sie blätterte weiter bis zu einem Kapitel mit der Überschrift „Der draufgängerische Prinz“, das ausschließlich Nico gewidmet war. Hier befanden sich neben den offiziellen Fotos auch Aufnahmen von Nico, dem „Action-Mann“. Nico am Steuer einer Segelyacht, auf dem Gipfel eines schneebedeckten Berges, auf einem monströs groß aussehenden Motorrad.
Ella las weiter. Und als sie schließlich auf die Armbanduhr sah, stellte sie zu ihrem Entsetzen fest, dass sie schon vor zehn Minuten hätte zurück sein sollen. Während Ella zum Hotel eilte, ging ihr das Bild des mutterlosen Babys nicht aus dem Sinn. Hatte Nicos Vorliebe für Geschwindigkeit und Gefahr ihren Ursprung in der Kindheit ohne Mutter, mit Palastangestellten, denen das Hofprotokoll verbot, echte Zuneigung zu zeigen? Oder war das eine zu einfache Erklärung?
An der Beifahrertür seines Autos lehnend, wartete Nico auf sie. Ella wurde das Herz schwer. Seine Körperhaltung wirkte entspannt. Als Ella näher kam, erkannte sie jedoch an seinem harten Gesichtsausdruck und den funkelnden dunklen Augen, dass Nico verärgert war. In dem Moment, in dem sie seinem kalten, missbilligenden Blick begegnete, verschwand ihre zärtliche Besorgnis.
„Tut mir leid, dass ich spät dran bin“, entschuldigte sie sich.
„Nicht gerade professionell von dir“, sagte Nico scharf. Wie ein Chauffeur beim Auto herumlungernd, hatte Nicosich fehl am Platz
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