Mein geliebter Wuestenprinz
dunkle Hose aus ihrer Reisetasche. Dazu wählte sie ein Kleid mit Leopardenmuster. Mittlerweile fielen die ersten Sonnenstrahlen durch den offenen Zelteingang. Jayne schlang sich einen Chiffonschal um den Kopf, nahm ihre Sonnenbrille und ging nach draußen.
Die Winterluft war kühl, und es hatte offensichtlich in der Nacht nicht geregnet. Es roch nach trockenem Wüstenstaub. Von Tariq keine Spur. Beunruhigt ging Jayne um das Zelt herum, dorthin, wo der Geländewagen parkte. Das Auto war weg.
Zuerst erschrak sie, dann sah sie das weiße Fahrzeug draußen in der Wüste. Es schimmerte im Sonnenlicht. Neben dem Wagen machte Jayne die Silhouette eines Mannes aus. Und über ihm flatterte ein Falke.
Tariq. Und Noor.
Jayne unterschätzte die Entfernung und brauchte fünfzehn Minuten, bis sie die beiden erreicht hatte. Als sie ankam, war Noor bereits zu ihrem Herrn zurückgekehrt und saß auf seiner behandschuhten Hand.
„Guten Morgen“, begrüßte Tariq sie. „Hast du gut geschlafen?“ Er klang höflich, aber distanziert.
„Ja, ich habe gut geschlafen.“ Sie fragte sich, ob er von sich dasselbe sagen konnte. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen. Belastete ihn die Sorge um seinen Vater? „Hast du Neuigkeiten aus dem Palast bekommen?“
Er verstand, worauf sie hinauswollte. „Ich habe mit meinem Vater gesprochen. Er hört sich viel besser an.“ Er senkte den Blick. „Das ändert natürlich nichts daran, dass er sterben wird. Aber er fühlt sich wohler.“
„Das bedeutet, dass er noch da sein wird, wenn du zurückkehrst.“
„Inschallah.“
Wenn es Allahs Wille ist. Jayne seufzte und betrachtete den Falken. „Khan hat so etwas nie getragen“, meinte sie dann fragend.
„Das ist ein funkgesteuerter Sender.“ Tariqs Miene war ausdruckslos. „Ich habe früher immer ohne solche modernen Hilfsmittel gejagt, aber ich will Noor um keinen Preis verlieren.“
„Was ist mit Khan passiert?“
„Ich habe ihn verloren.“ Seine Stimme wurde noch kühler. „Kurz nachdem du mich verlassen hast.“
Jayne traute sich nicht, nach den Details zu fragen. „Aber trotzdem hältst du noch Falken.“
„Ja. Sie gehören zu meinem Leben.“
Als sie damals nach Zayed gekommen war, hatte Jayne die Falkenjagd abstoßend und barbarisch gefunden. Tariq ist ein Fremder, dachte sie, und er wird es immer bleiben. „Du bist ein Scheich, du bist ein Falkner“, sagte sie wie nebenbei.
„Und ein Mann.“ Er sah ihr direkt in die Augen.
Ja, dachte sie. Ein Mann. Ein sehr attraktiver Mann. Und ich bin eine Frau. Das ist das, was uns verbindet. Sex, nichts weiter. Sie wandte den Blick ab.
Noor wurde ungeduldig und schlug mit den Flügeln. Jayne betrachtete den Falken misstrauisch. „Hat sie Hunger?“
„Kann gut sein. Sie hat vorhin einen Taubenschwarm verfolgt, aber kein Tier geschlagen, daher habe ich sie zurückgerufen.“
„Und wenn sie keine Beute findet?“
Tariq zuckte die Schultern. „Ich habe Proviant für sie dabei. Aber sie war die ganze Zeit im Käfig eingesperrt. Darum wollte ich ihr die Gelegenheit geben, sich zu bewegen. Es gibt viele Vögel in der Wüste, die sie jagen kann.“ Er hob den Arm, und Noor flog davon.
„Viele Vögel?“, wiederholte Jayne. „Hier?“
Er trat näher. „Ja. Vor mehr als zehn Jahren nahmen sowohl die Falken- als auch die Houbara-Populationen stark ab. Danach habe ich ein Schutzprogramm in Zayed durchgesetzt. Vögel, die in Gefangenschaft aufgezogen wurden, werden regelmäßig ausgewildert.“
„Damit die Falkner jagen können?“, warf Jayne sarkastisch ein.
„Ohne Falkner gäbe es in freier Wildbahn weder Falken noch Houbaras. Nur noch im Zoo oder ausgestopft im Museum. So interessieren sich immer mehr Menschen für die Kultur der Wüste und für den Schutz der Natur.“
Jayne spürte, wie leidenschaftlich er sich für sein Ideal einsetzte. „Verstehe“, murmelte sie.
„Ein Falkner liebt die Wüste und die Tiere. Er respektiert sie.“
Liebe und Respekt. Danach hatte Jayne sich gesehnt, als sie in Zayed gelebt hatte. Aber Tariq hatte sie weder geliebt noch respektiert. Heute erinnerte sie sich an jenen furchtbaren Moment, als wäre es erst gestern geschehen. Tariq war wutentbrannt in die Bibliothek gestürmt. Und dabei hatte sie lediglich mit Roger, dem Bibliothekar, über Bücher diskutiert, die sie beide gelesen hatten.
Tariq hatte nur einen Blick auf sie geworfen und geglaubt, Bescheid zu wissen. Er hatte Jayne befohlen, mit nach draußen zu kommen. Und
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