Mein geliebter Wuestenprinz
hergerissen zwischen diesem tiefen Verlangen und Enttäuschung. Um auf andere Gedanken zu kommen, versuchte er, die Wüste mit Jaynes Augen zu sehen. Was sie wahrnahm, war wahrscheinlich eine endlose, leere, bedrohliche Einöde. Im Norden war die Wüste allerdings sandiger und nicht mehr so felsig. Außerdem gab es Buschwerk, das sich kilometerweit erstreckte.
„Je weiter wir nach Norden kommen, desto mehr ändert sich die Landschaft“, erklärte er betont freundlich. Es war schließlich nicht Jaynes Schuld, dass er sie begehrte. Sie hatte deutlich genug gemacht, dass sie die Scheidung wollte. Wegen eines anderen Mannes.
Neil.
Neil war blond und hatte blassblaue Augen. Er war in Jaynes Nachbarschaft aufgewachsen – jedenfalls hatte der Detektiv das berichtet. Neil war auf dieselbe Schule gegangen wie Jayne und hatte dieselbe Kirche besucht. Neil gehörte zu ihrer Welt und war offensichtlich jener Typ Mann, den Jayne suchte.
„Stimmt, hier gibt es Pflanzen“, erwiderte Jayne und deutete aus dem Wagenfenster.
„Das Buschwerk bietet den Houbaras im Winter Schutz. Auch andere seltene Vögel überwintern hier. Im Frühling kehren sie in die zentralasiatische Steppe zurück, um zu brüten.“
„Aha.“
„Du siehst also, so langweilig ist die Wüste gar nicht. Es gibt hier Leben. Eidechsen zum Beispiel und Käfer. Nachts kommen die Wüstenrennmäuse aus ihren Verstecken. Und das hier ist ein Naturschutzgebiet. Es darf nicht gejagt werden.“
„Nicht einmal Noor darf hier jagen?“
„Nein, nicht einmal die Falkenjagd ist erlaubt. Wir befinden uns nicht weit entfernt von der Grenze zu Bashir. Scheich Karim hat dort ein noch viel größeres Naturschutzgebiet – es reicht bis zum Golf hinunter. Wenn wir nach Aziz kommen, wird Noor sich mit dem Fleisch begnügen müssen, das ich mitgebracht habe.“
„Ich will einen Falken.“
Tariq warf ihr einen überraschten Blick zu. Jayne schien sich über die eigenen Worte zu wundern. „Du bist demnächst wieder in Neuseeland und lebst in einer Stadt. Was willst du dort mit einem Falken? Wo soll er denn fliegen?“
„Ich werde schon eine Möglichkeit finden. Es gibt bestimmt einen Verein.“
„Und was wird Neil zu deinem neuen Hobby sagen?“
Sofort presste sie die Lippen aufeinander und schwieg.
Tariq lachte kurz und hart auf, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. Irgendwann sagte er: „Du hast in Zayed doch noch nie etwas gut gefunden. Warum willst du plötzlich einen Falken haben?“
„Was willst du jetzt hören, Tariq? Dass ich anfange, das Geheimnis der Wüste zu verstehen?“ Fragend sah er sie an, doch sie winkte ab. „Das ist es nicht. Noor ist einfach hinreißend. Und ich hätte Lust dazu, einen Falken auszubilden. Es wäre eine Herausforderung.“
Tariq gestand sich ein, dass er ihr fast geglaubt hätte. Ha! Als wäre sie jemals in der Lage, den Zauber der Wüste wirklich zu begreifen. Nein. Und außerdem war es auch völlig egal. Er wollte sie nicht zurück. Niemals. „Du brauchst dazu sehr viel Geduld. Manche Falken sind dickköpfiger als Noor.“
„Ich habe sehr viel Geduld.“
„So viel Geduld, dass du schon ein paar Monate nach unserer Hochzeit eine Affäre mit einem anderen Mann anfangen musstest?“
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Jayne sich versteifte. In ihren Augen spiegelte sich wider, wie erschrocken sie war. Und da lag noch etwas in ihrem Blick. Verzweiflung?
Im nächsten Moment entgegnete sie scharf: „Findest du es nicht irgendwie widersprüchlich, dass ich auf der Klausel in unserem Ehevertrag bestand, die dir nur eine einzige Frau gestattet – nur um dann umgehend Ehebruch zu begehen?“
Er überlegte kurz und zuckte dann die Schultern. „Seit wann ist ein Ehevertrag die absolute Treuegarantie? Du wolltest dir doch nur deine Position sichern.“
„Bist du nie auf die Idee gekommen, dass ich vielleicht einfach nur eine monogame Ehe führen wollte? Mit dem Mann, der die Liebe meines Lebens war?“
„Wenn das stimmt – weshalb willst du dann jetzt die Scheidung?“ Tariq hielt den Blick starr auf die Straße gerichtet. „Und wieso wartet dann Neil zu Hause auf dich?“
„Oh, du gehst mir auf die Nerven! Erst war es der arme Roger, jetzt ist es Neil. Du wirst mir niemals vertrauen. Und ich will nicht mehr mit jemandem verheiratet sein, der mir nicht vertraut. Das ist alles.“
„Wag es nicht, diesen Namen noch einmal auszusprechen“, fuhr er sie an, bremste und zog abrupt die Handbremse an.
Der
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