Mein geliebter Wuestenprinz
hingezogen fühlte. Ein Schauer rann durch ihren Körper, und sie biss sich auf die Lippen, um ihre Sehnsucht zu unterdrücken.
„Noor wird immer auf mein Zeichen warten“, erklärte Tariq, während er weiterhin zärtlich Jaynes Arm rieb. „Wäre ich ein Nomade, würde der Houbara nicht nur den Falken ernähren. Ich würde Noor noch einmal auf die Jagd schicken.“
Es war brutal. Jayne sah blicklos auf den Raubvogel. Die Wüste war gnadenlos. Und der Mann an ihrer Seite ganz genauso. Trotzdem hatte sie ihn einst geliebt. Und er hatte sie auch geliebt, innig und ausgiebig. Bis sein Vater dazwischengefunkt und ihre Liebe zerstört hatte.
Schließlich kam Noor halb hüpfend, halb schreitend, hinüber zu ihnen. Sie krächzte laut.
„Du bist stolz auf dich, was?“, rief Tariq amüsiert. Der Vogel legte den Kopf schief und wehrte sich nicht, als Tariq ihn mit Wasser aus einer Flasche besprühte. Noor schloss sogar die Augen vor Wonne.
„Sie ist erhitzt und müde“, bemerkte er. Unweigerlich wünschte Jayne sich, er würde auch über sie in diesem bewundernden und zärtlichen Ton sprechen.
„Siehst du, wie voll ihr Kropf ist? Jetzt wird sie friedlich zurück in ihren Käfig gehen.“
„Wie eine gut erzogene, zahme Frau“, erwiderte Jayne gereizt.
Er warf ihr einen scharfen Blick zu. „Noor ist gut ausgebildet, aber zahm wird sie niemals sein. Das wäre auch nicht in meinem Sinn.“
Seufzend betrachtete Jayne den Wanderfalken. Noors Augen waren tiefschwarz. In diesem Moment fühlte sie eine tiefe Verbundenheit mit diesem Tier. Etwas geschah mit Jayne in diesem Augenblick. Etwas brachte sie fast dazu zu glauben, dass sie im Begriff war, etwas ganz Grundlegendes zu verstehen.
Das Gesetz der Wüste.
Was für ein Mann Tariq war.
Wer sie selbst war.
Jayne sah zu Tariq und fragte sich, weshalb sie diese ungezähmte Seite an ihm nie wahrgenommen hatte. Wie hatte sie ihn damals in London für einen ganz normalen Studenten halten können? Selbst als sie erfahren hatte, dass er Wirtschaftswissenschaften studierte und in einer Londoner Bank arbeitete, hatten bei ihr keine Alarmglocken geschrillt. Jayne war davon ausgegangen, dass er ein einfacher Angestellter war. Viel später war ihr erst klar geworden, dass sie sich in den einzigen Sohn und Alleinerben des Emirs von Zayed verliebt hatte. Da war ihre Liebe schon zu groß gewesen, und ihr Vertrauen auf eine glückliche Zukunft zu blind.
Tariq war von Anfang an der falsche Mann für sie gewesen. Sie sehnte sich nach einem ganz normalen Leben, nach Kindern, Häuslichkeit. Und dennoch beschlich das Gefühl Jayne, dass nach diesem Tag in der Wüste nichts mehr sein würde wie zuvor.
Eine Stunde später verabschiedeten sie sich von Gayth, Matra und den anderen Beduinen und fuhren weiter in Richtung Aziz. Tariq nahm den Duft wahr, der von Jaynes frisch gewaschenem Haar ausging. Die Erinnerung daran, wie er ihr im Zelt das Shampoo gereicht hatte, an ihre zarte Haut und sein Verlangen, war ihm absolut unwillkommen. Aber Tariq gelang es nicht, sich abzulenken. Und dann war da noch dieses unerklärliche Band, das er plötzlich zwischen sich und Jayne gespürt hatte, als sie Noor beim Jagen beobachtet hatten.
Jayne hasste die Wüste. Sie hasste die Falkenjagd, nannte es ein barbarisches Vergnügen. Trotzdem war da draußen in der Wüste, bei eben jener Falkenjagd, etwas zwischen ihnen geschehen – das er am besten ignorierte. Er konnte sich keine Gefühle und erst recht kein heißes Begehren leisten.
Es durfte einfach nicht sein.
Deshalb schwieg er während der Fahrt zunächst.
Irgendwann fragte Jayne: „Wohin führen die Pfade dort?“
Sie deutete auf schmale Wege, die von der Hauptstraße abgingen.
„Meistens zu Weideplätzen. Das sind Transportwege für Proviant und Viehfutter.“
„Viehfutter?“, wiederholte sie ungläubig. „Kaum zu glauben, dass es hier in dieser unwirtlichen Gegend überhaupt Lebewesen gibt.“
Ärgerlich erwiderte er: „Du findest die Wüste nur unwirtlich, weil du sie hasst. Es gibt auch Menschen, die die Wüste wunderschön finden.“
„Hass ist wohl ein zu starkes Wort.“ Sie zögerte, als suchte sie nach Worten. „Als wir damals auf Kamelen in die Wüste geritten sind und ich krank wurde, war ich natürlich nicht besonders begeistert. Vielleicht weiß ich einfach zu wenig von diesem Teil der Welt.“
„Es ist meine Welt.“
Darauf erwiderte sie nichts, sondern sah nur stumm aus dem Wagenfenster.
Tariq war hin- und
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