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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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eifrig, und noch bevor Wanda sie bremsen konnte, mit: Ist das nicht Mutter? übersetzte. Bei der Erinnerung an das unkontrollierte Gelächter der anderen Kursteilnehmer standen Wanda noch im Nachhinein die Haare zu Berge.
    »Hm?«, drängelte Marianne. »Das hat doch Spaß gemacht und war wenigstens nützlich.«
    Wanda sah stur aus dem Fenster in den Garten hinaus. In ihren Steingarten. »Hab ich dir eigentlich schon von dieser Unverschämtheit erzählt? Von diesem Hundebesitzer, der seine blöde Töle immer in meinen Garten machen lässt?«
    Marianne riss die Augen auf. »Nein!«
    Vergessen war der Englischkurs. Gott sei Dank.
    Zu ihrem Ärger stellte Wanda am nächsten Tag fest, dass sie gar keine Sportsachen mehr besaß. Auf gar keinen Fall konnte sie Biggi in ihr nobles Fitnessstudio begleiten und dort im ausgeleierten T-Shirt herumlaufen. Sie würde wieder in die Stadt gehen und sich etwas kaufen müssen, dabei konnte sie gleich mal wieder im Teeladen nach dem Rechten sehen. Vielleicht brauchte Martin ja heute dringend ihre Hilfe? Dann wäre es unverzeihlich, wenn sie sich nicht dort blicken ließ.
    Der vertraute Geruch wehte ihr schon entgegen, als sie noch ein paar Meter von ihrem Laden entfernt war. Oriental Tea House hieß der jetzt. Sie hatte zwar nicht erwartet, dass Martin den Namen »Wandas Teestube« behalten würde, aber musste es denn unbedingt so was Fremdländisches sein? Sie spähte durch die Scheibe hinein. Martin hockte auf dem Boden und packte irgendwelche Kisten aus. Das machte man doch nicht während der Öffnungszeiten. Ärgerlich öffnete sie die Tür. Der Türgong erklang, aber Martin sah nicht mal hoch.
    »Hallo«, sagte sie schließlich.
    Er drehte sich um. Als er Wanda erkannte, wurde sein Lächeln ein bisschen dünn. »Ach«, sagte er bloß. »Du bist’s.«
    »Ja, ich bin’s. Ich war gerade in der Nähe.«
    »Tatsächlich?«
    Hörte sie da einen leichten Spott heraus? Wandas Blick wanderte in Windeseile durch den Laden und blieb an einem leeren Regal hängen. »Wo sind denn die Kräutertees?«
    Martin stand auf und wischte sich die Hände an der Hose ab. »Wer Hustentee will, soll in die Apotheke. Die Kräutertees habe ich nicht mehr im Sortiment. Dafür verkaufe ich jetzt Matcha.« Er zeigte auf eine Anzahl kleiner silberner Dosen, die er gerade aus dem Karton auf dem Fußboden befreite.
    »Matcha«, wiederholte Wanda unglücklich. Dieses blöde Pulverzeug. Schon dieser Name – Matcha! Das klang wie ein Kampfschrei von Dschingis Khan und nicht wie gemütlicher Nachmittagstee. Neumodischer Schnickschnack, genau wie diese Teeblumen, die sie neuerdings überall hatten und die sich auf gespenstische Weise im heißen Wasser öffneten wie Austern. Als ob im Teeglas ein kleines Lebewesen saß und einen anstarrte. Wer wollte denn so was trinken?
    Der Türgong erklang hinter ihr, eine Kundin kam herein. Frau Ludwig, seit Jahren Stammkundin.
    Wanda begrüßte sie freundlich. »Na, Frau Ludwig, wie geht’s denn so?«
    Frau Ludwig, eine kleine alte Dame mit streng gescheiteltem grauem Haar, winkte ab. »Ach, gar nicht gut, gar nicht gut.«
    Wanda nickte. Es war genau die Antwort, die sie erwartet hatte. Frau Ludwig klagte schon seit Ewigkeiten. Genau, wie sie seit Ewigkeiten in den Teeladen kam, um ein Schwätzchen zu halten. Oder besser gesagt einen Monolog. Doch als sie jetzt dazu ansetzte, wurde sie unterwartet von Martin unterbrochen.
    »Was möchten Sie denn, Frau Ludwig?«
    »Was?« Frau Ludwig blinzelte verschreckt. Sie hatte sich doch noch nicht einmal warm geredet.
    Wanda räusperte sich. »Bestimmt wieder den Früchtetee Himbeer-Sahne, stimmt’s? Frau Ludwig ist doch Stammkundin, da kennt man die Wünsche.« Letzteres galt Martin.
    Die alte Frau nickte leicht gekränkt, und Wanda wollte sich gerade in Bewegung setzen, um den Früchtetee zu holen, als sich eine Hand von hinten auf ihre Schulter legte.
    »Ich bin sicher, der Martin hat das hier alles bestens im Griff.«
    Wanda fuhr überrascht herum. »Bertram, du?«
    Der ältere Herr vor ihr hielt eine Teedose hoch. »Na klar, ich. Wo soll ich denn sonst meinen Tee kaufen, wenn nicht im besten Laden der Stadt?« Er nickte Martin freundlich zu. »Ich kann doch nicht auf meinen Earl Grey verzichten, nur weil du leider nicht mehr hier arbeitest, meine Liebe.«
    »Da hast du nun auch wieder recht.« Wandas Laune besserte sich mit einem Schlag. Bertram. Dr. Bertram Michalzik, pensionierter Internist. Er war nicht nur einer ihrer

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