Mein Herz in Deinen Händen
hatte solche Szenen oft genug im Film gesehen. Ein lauter Knall. Herumfliegende Trümmer und Pflastersteine. Überall Blut und Knochen.
Aber das hier war real. Es war passiert. Sie sah vor ihrem inneren Auge Dan, wie er verletzt und unter Schock auf das zerstörte Haus zulief und versuchte, das Kind zu finden, das er am Tag zuvor kennen gelernt hatte. »Und die Puppe?«
Er schaute Pepper an, als sei er erstaunt, sie hier zu sehen. »Ja. Die Puppe. Die hat es mir praktisch vor die Füße geschleudert.«
Pepper erkannte entsetzt, dass es sich bei den Flecken auf dem Rock der Puppe um Blut handelte. »Dann ist das das Blut des kleinen Mädchens.«
»Nein, es ist meins.« Er berührte seinen Bauch. »Ich hab die Puppe nicht losgelassen. Nicht einmal im Krankenhaus.« Sein Blick erfasste sie messerscharf. »Alle von uns, die gegen Terroristen kämpfen, enden auf die gleiche Art und Weise – vernarbt, von Schmerzen gepeinigt … oder rachsüchtig.«
Er sagte das so endgültig, dass sie zusammenzuckte.
»Alles, woran ich noch denken konnte, war dieses arme kleine Mädchen und was aus ihr hätte werden können. Welch eine Verschwendung. Welch eine gottverdammte Verschwendung an Schönheit, Talent und Intelligenz, und all das für ein paar vergiftete Ziele und viel, viel Geld.«
Pepper legte die Puppe auf den Nachttisch. Sie drehte sich zu Dan um, legte die Arme um ihn, hielt ihn, so fest sie konnte und versuchte, ihm etwas von dem Schmerz zu nehmen, der ihn Tag für Tag begleitete.
Er erwiderte ihre Umarmung nicht. »Ich habe meinen Job gemacht. Ich habe das Richtige getan. Nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe ich mich auf die Suche nach dem Kerl gemacht, der sie und uns verraten hat.«
Sie wurde aus Angst um ihn ganz starr. Wusste Dan denn nicht, dass er einer von den guten Jungs hätte sein können, die mit dem Leben bezahlten?
Natürlich wusste er es. Dan kannte die Fakten besser als jeder andere. »Hast du ihn gefunden?«, fragte sie.
»Natürlich. Ich habe ihn getötet.« Dans Körper zuckte, eine schreckliche Bewegung, als spüre er die Erde beben. »Vorher hätte er mich fast umgebracht. Aber ich habe ihn getötet.«
Sie presste den Kopf an seine Brust und lauschte auf seinen Herzschlag. »Ich bin so stolz auf dich.«
Er stand reglos in ihren Armen, als wolle er die innige Umarmung nicht erwidern. Endlich legte er die Arme um sie und hielt sie so, wie sie ihn hielt.
Sein Herz pochte an ihre Wange. Seine harten Muskeln nahmen ihre Lebenskraft auf und gaben sie ihr zehnfach zurück. Sie liebte ihn so sehr, und sie liebte ihn zum ersten Mal ohne Neid oder Verbitterung. Wie hätte sie einen Mann beneiden können, der solche Erinnerungen mit sich herumtrug?
Sie sah in sein regloses Gesicht auf. Sie erkannte jetzt, was es war – eine Maske, die aber nicht dazu diente, sie zu verwirren, sondern dazu, seinen Schmerz vor seinem Dad zu verbergen, vor den Leuten in der Stadt, die gar nicht wussten, was er alles getan hatte, um sie zu schützen, und vor ihr.
Sie sah jetzt alles, und sie litt mit ihm.
»Du konntest das kleine Mädchen nicht retten.«
Er zuckte zusammen, und wieder sah sie den Schrecken, den er jeden Tag durchlebte. »Nein.«
»Du kannst nicht die ganze Welt retten.«
»Glaubst du vielleicht, du bist die Erste, die das zu mir sagt?« Seine Augen … seine Augen waren so voller Kummer, dass ihre sich mit Tränen füllten.
»Aber du glaubst es nicht.« Sie nahm seine Hand, küsste ihn auf die Handfläche und legte sie zwischen ihre Hände. »Ich bin ja so stolz auf dich«, sagte sie.
»Du brauchst kein Mitleid mit mir zu haben.«
»Ich habe kein Mitleid mit dir. Aber ich freue mich auch nicht darüber, dass du solch schwere Zeiten durchgemacht hast. Nur …« Sie berührte die Puppe auf dem Nachttisch. »… dass ich es weiß, ändert die Dinge.«
»Welche Dinge?«
Sie hustete, versuchte die Verlegenheit loszuwerden. »Zum Beispiel weiß ich jetzt, dass es Schlimmeres gibt, als bei Pflegeeltern aufzuwachsen und keine eigene Familie zu haben. Du und ich – wir sind zwei verwundete Seelen und irgendwie geht es uns zusammen besser.«
Er zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Ja, ja, ich schätze, das ist so. Nicht gerade eine Kleinigkeit, oder?«
»Nein, es ist ziemlich groß.«
»Ich verspreche dir, dass ich dir niemals wehtun werde. Aber es gibt eine Sache, die ich noch tun muss.« Seine üppigen Lippen zogen sich zu einem grimmigen Strich. »Revanche. Rache. Nenn es, wie
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