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Mein Herz ruft deinen Namen

Mein Herz ruft deinen Namen

Titel: Mein Herz ruft deinen Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Tamaro
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hätte.
    Stattdessen erwartete uns das Auto treu vor dem Haus.
    Wenn wir uns nicht an jenem bestimmten Tag geliebt hätten, wärst du nicht wieder schwanger gewesen.
    Wenn du nicht schwanger gewesen wärst, hättest du nicht beschlossen, dass du ein Auto brauchst.
    Wenn du nicht diese Freundin gehabt hättest, mit der du die Kurse an der Waldorfschule gegeben hast, wäre es dir nie in den Sinn gekommen, dieses Modell haben zu wollen – einen Renault 4 –, das sie auch hatte.
    »Für den Kindergarten werde ich es bald brauchen«, sagtest du, um mich zu überreden, denn mir schien es vernünftiger, ein Auto auf Raten beim Autohändler nebenan zu kaufen. »Und außerdem«, fügtest du hinzu, »warum sollen wir Geld für ein neues Auto rausschmeißen? Man braucht es doch nur, um von hier nach da zu fahren.«
    Wenn du nicht mit Ettore, deinem Studienkollegen aus den Abruzzen, befreundet gewesen wärst, hättest du nie entdeckt, dass er einen R4 besaß, den er verkaufen wollte, genau wie du auch nie vor Freude durch die Küche gehüpft wärst mit den Worten: »Ja, den nehme ich, ich werde ihn Carolina nennen.«
    Wenn du Ettore gebeten hättest, dir den Wagen gelegentlich zu bringen, wenn er sowieso nach Rom musste, anstatt dass wir hinfahren, um ihn zu holen …
    Wenn du mich nicht überredet hättest, ihn an dem Sonntag da oben zu besuchen …
    »Wir essen Maroni, trinken den neuen Wein, und dann fahren wir wie bei einer Hochzeit triumphierend mit unserem Autokonvoi nach Hause.«
    Wenn ich nicht auf dich gehört hätte, wenn der Kollege nicht bereit gewesen wäre, die Schicht mit mir zu tauschen …
    Alle »Wenns« sind nur Glassplitter, Eisenspäne, Zucker, der an den Schuhsohlen festklebt und knirscht.
    So, wie die Ketten knirschen, die mich seit dreißig Jahren fesseln. Manchmal empfinde ich sie als so eng, dass sie ins Fleisch schneiden, manchmal sind sie lockerer und erfüllen das Zimmer mit Eisengerassel. Mit ebendiesen Ketten setze ich mich abends vor das Feuer und stelle mir vor, ich hätte dich neben mir, in eine Decke gehüllt, einen Gedichtband in der Hand und mit den leuchtenden Augen, die du jedes Mal bekamst, wenn du mir eines vorlesen wolltest, das dir gefallen hatte.

10
    »Langweilen Sie sich nicht hier oben?«, fragen mich die Leute bei ihrer Ankunft oft. »Hier ist doch nichts los.«
    Heute hat es getaut, und ich habe die Schafe herausgelassen, die jüngeren stürmten vor Freude los, während die älteren mit gesenktem Kopf das Gehege nach ein paar Grasbüscheln zwischen den Schneeflecken absuchten.
    Das Glück der Lämmer beglückt mich. Auch mich erfüllt Freude, während ich sie beobachte, auch ich fühle mich unschuldig, vertraue ganz auf die mütterliche Wärme.
    Seit meiner Ankunft vor fünfzehn Jahren, als hier nur eine aufgegebene, von Brombeeren überwucherte Schäferei war, hat sich sehr viel verändert. Genau das – das Schauspiel der Veränderung – hat mich davor bewahrt, dass sich Langeweile in meine Tage einschleicht. Nach den ersten Befürchtungen – es nicht zu schaffen, nicht dazu fähig zu sein, mich überschätzt zu haben – kamen allmählich die ersten Erfolgserlebnisse.
    Das mit so viel Mühe gerodete Grundstück hatte die Samen aufgenommen, und aus den Samen sprossen die ersten Keime: Diese wuchsen zu kleinen Pflanzen heran, die dank meines primitiven Bewässerungssystems den Sommer überlebten und sich in Nahrungsmittel verwandelten, die mir über den Winter helfen würden.
    Das gleiche dankbare Staunen empfand ich, als ich die Milch auf dem Feuer rührte und sah, wie daraus Ricotta wurde; bis dahin hatte ich Ricotta nur als ein in Plastik verpacktes Produkt in den Regalen des Supermarktes gekannt.
    Und der alte verwilderte Apfelbaum neben dem Haus? Als ich ankam, war er nur ein unentwirrbares Dickicht von Zweigen. Er trug wenig Früchte, nicht größer als eine Pflaume. Bevor ich ihn zurückschnitt, beobachtete ich ihn tagelang, ich wollte herausfinden, was er wirklich brauchte. Erst als mir schien, ich vernähme seine Stimme, begann ich mit der Arbeit. Dann wartete ich bang auf den Frühling.
    Hatte ich es gut gemacht, hatte ich es schlecht gemacht? Und als sich seine Krone im Mai mit rosa Blüten bedeckte, verstand ich, dass ich nichts falsch gemacht hatte.
    Natürlich mangelte es auch nicht an Irrtümern, an Niederlagen, an Tagen der Entmutigung; die Saat verschwand, weggeschleppt von den Ameisen, die Käselaibe explodierten wegen der Bakterien; Blattläuse

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