Mein Herz schlaegt fur uns beide
versuchte, den Comic aus seinen winzigen Händen zu zerren, brüllte er los, dass meine Ohren nur so klingelten. Das nennen wir die »Roryröhre«.
Mum: Roriiiiii! Sofort aufhören!
Rory: Ich will Thomas! Ich will Thomas!
Mum hob Rory hoch, aber da schrie er noch viel mehr. Er schlug mit seinen kleinen Fäusten gegen ihre Brust und strampelte so wütend, dass einer seiner roten Stiefel quer durch den Laden flog und die Frau hinter dem Tresen am Kopf traf.
Ich versuchte, nicht zu lachen, aber das war schwer, denn je mehr Mum versuchte, ihn festzuhalten, umso wütender trat Rory um sich. Er trat, er boxte, und dann riss er ihr ein paar Haare aus. Es sah aus, als ob Mum mit einem Tintenfisch kämpfte, aber dann ließ sie ihn beinahe fallen, und der brüllende Tintenfisch fing an zu kreischen, und in diesem Moment betrat Lexi den Laden.
Lexi: Wow! Für einen, der so klein ist, ist das aber superlaut!
Als Lexi mich sah, hörte sie auf zu lächeln und drehte sich weg. Ich wollte ihr gerade erklären, dass nichts meinen Bruder von Tommy Lok trennen könnte, als Lexi sich wieder zu mir umdrehte und ich voll auf ihre Augenklappe starrte. Eine Sekunde lang standen wir nur da und sahen einander an, dann kam Rory angerannt und zeigte auf Lexis Augenklappe. Sie drehte sich zur Seite und zog sich eine Haarsträhne übers Gesicht und Rory rannte zu Mum hinüber.
Lexi: Das ist also dein Bruder?
Ich sagte nichts und starrte ihre Erdbeerschnüre an.
Lexi: Ach, jetzt kommt die Stelle, wo du so komisch zu mir bist, ja?
Obwohl mein Gehirn mir zuschrie, dass ich etwas sagen sollte, wusste ich nicht, was. Ich hatte Angst, etwas Blödes zu sagen, wie »Süßigkeiten sind aber gar nicht gut für die Zähne, weißt du«, und deshalb biss ich mir auf die Lippe und hielt den Atem an. Lexi schüttelte nur den Kopf.
Lexi: Von mir aus.
Bevor ich also so tun konnte, als ob Rory gar nicht mein Bruder oder überhaupt irgendwie mit mir verwandt wäre. Bevor ich die Möglichkeit hatte, mein Gehirn normal funktionieren zu lassen, damit ich dann etwas Normales sagen könnte, schnalzte sie verärgert mit der Zunge, bezahlte die Erdbeerschnüre, drehte sich um und lief aus dem Laden.
Endlich konnten Mum und ich Rory mit ein paar Schokosternen beruhigen, aber als wir aus dem Laden kamen, sah ich Lexi und Greta davor auf der Bank sitzen. Als ich vorbeiging, hörte ich Greta sagen: »Ja, und ich verlege meinen Geburtstag jetzt auch. Oder nein, in diesem Jahr habe ich dreimal Geburtstag.« Ich konnte sie noch am Ende der Straße lachen hören.
Mum sagte nicht viel zu mir, als wir wieder zu Hause waren. Sie war viel zu beschäftigt damit, »sich um Rory zu kümmern«, der es total ausnutzte, so viel Aufmerksamkeit abzukriegen, nachdem er sich im Laden den Kopf gestoßen hatte.
Zum Essen machte sie mir nur einen Toast, den sie auf dem Küchentisch stehen ließ. Ich brauchte ewig, um die Tomatenstücke runterzufischen. Mum hatte vergessen, dass Laura gern Tomaten aß, aber ich nicht. Rascoe schaute hoffnungsvoll zu mir hoch, aber auch er wollte keine warme matschige Tomate.
Ich sah allein ein bisschen fern, und als Mum anfing zu stöhnen, weil sie jetzt »hinter mir herputzen« müsse, ging ich nach oben.
Ich las mein Buch aus, und als ich es wieder ins Regal stellte, fiel mir auf, dass ein Bilderrahmen, der oben auf dem Bücherregal gestanden hatte, umgefallen war. Ich drehte ihn um. Es war ein Foto von mir und Laura. Es war eins von denen, die Opa von uns beim Heißluftballonfestival gemacht hatte.
Jedes Jahr kommen Hunderte von Besuchern aus aller Welt nach Bristol, mit vielen, vielen Heißluftballons, und in dem einem Jahr hatte Opa das ganze Wochenende bei uns verbracht, weil er sie auch sehen wollte. Am Morgen waren wir auf den Hügel gegangen. Wir waren ganz früh aufgestanden, um zusehen zu können, wie die Ballons über die Brücke flogen. Es gab jede Menge Heißluftballons, einige waren geformt wie Tiere, andere wie Planeten, und noch andere zeigten jede einzelne Farbe des Regenbogens, aber mein Lieblingsballon sah aus wie eine Katze.
Mum hatte ein Picknick mitgebracht, und wir saßen am Hang hinter der Brücke im Gras, und als Laura und ich einem der bunten Ballons zuwinkten, beugten die Ballonfahrer sich aus ihrer Gondel und riefen: »Guten Morgen, Bristol!« Es war umwerfend! Laura sagte, wenn sie erst groß genug wäre, würde sie in ihrem eigenen Heißluftballon über die Brücke fliegen. Aber ich sagte, ich würde das niemals
Weitere Kostenlose Bücher