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Mein Herz schlaegt fur uns beide

Mein Herz schlaegt fur uns beide

Titel: Mein Herz schlaegt fur uns beide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzie Moore
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aufgeregt war.
    Ein Hausboot, dachte ich, das könnte ja wirklich ein Abenteuer werden. Ich versuchte mir vorzustellen, wie das Hausboot aussehen würde. Ich stellte mir eine Art Segelschiff vor, wo ganz oben drauf unser Haus saß. Dann stellte ich mir eine riesige Fähre mit einer Villa vor oder einen Ozeanriesen mit einem Wohnblock auf dem obersten Deck.
    Aber dann machte ich das, was ich auf langen Autobahnfahrten immer mache: Ich schlief fest ein. Ich träumte, dass ich auf einem Piratenschiff wohnte, und anstelle von Segeln wurde es von drei riesigen Heißluftballons gezogen.
    Als ich die Augen wieder aufmachte, waren wir schon in Oxford, und Dad hatte auf einem riesigen Parkplatz gehalten.
    Ich hielt Ausschau nach Schiffen und Fähren, aber ich konnte nichts entdecken. Wir stiegen aus dem Wagen und gingen auf die andere Seite und dann sah ich das Wasser. Es war nicht das Meer oder so. Es war auch kein wilder Fluss. Es war überhaupt nichts Aufregendes.
    Dad: Das (er zeigte auf das trübe Wasser) ist der Kanal.
    Wir stiegen eine kurze Treppe zu einem schmalen Ufer hinab.
    Dad: Und das ist ein ganz besonderer Weg. Sieh mal, auf beiden Seiten des Wassers. Das wird Leinpfad genannt.
    Ich sah mir den Leinpfad an, aber für mich sah er aus wie jeder andere Uferweg.
    Dad: Vor vielen Jahren haben die Leute die Kanäle wie Straßen benutzt, wie Eisenbahnen. Weißt du noch, was ich dir über die Eisenbahn erzählt habe und wie sie gebaut wurde?
    Das wusste ich noch. Ich weiß, nicht alle Mädchen interessieren sich für so was, aber ich fand es richtig spannend. Ich hatte es sogar in einem der Erwachsenenbücher in der Bücherei nachgelesen. Und so hatte ich festgestellt, dass mein Dad zwar ein richtig kluger Wissenschaftler ist, aber Daten kann er sich nicht in der richtigen Reihenfolge merken. Als ich das Erwachsenenbuch las, ging mir auf, dass er mir allerlei erzählt hatte, was nicht ganz stimmte.
    Aber das habe ich ihm nicht gesagt. Mir war es egal. Ich wollte keine Besserwisserin sein.
    Laura fand mich immer etwas ganz Besonderes. Sie sagte, sie fände mein »magisches Gedächtnis« einfach wunderbar, aber in der Schule scheint es niemand gut zu finden, also ist es vielleicht nicht so toll, eine Menge Dinge zu wissen. Vielleicht ist es gar nicht so fantastisch, dass ich mich an alles erinnern kann.
    Dad: Weißt du noch, wer Robert Stephenson war?
    Ich schloss die Augen und erinnerte mich an das Buch. Ich sah Seite 45 vor mir. Da gab es ein Schwarz-Weiß-Foto von einem komisch aussehenden Zug und von zwei Männern in seltsamer Kleidung und mit Zylinderhüten. Ich sah die Seite so genau, als ob ich sie vor Augen hätte, aber ich sagte kein Wort.
    Dad: Emma?
    Ich sah zu ihm hoch und lächelte. Dad würde nicht lachen. Dad würde es nicht schlimm finden.
    Ich: George und sein Sohn Robert Stephenson bauten 1829 die erste Dampflokomotive.
    Dad: Ich finde es wunderbar, dass du das kannst. Ich wünschte, ich könnte das auch, ich wünschte, ich hätte dein Gehirn. Du hast wirklich großes Glück!
    Ich fand es so schön, wenn er so lächelte, denn es erinnerte mich an Lauras Lächeln. Und manchmal, wenn meine Mum so ausgelassen lachte, klang sie auch ein bisschen wie Laura. Es war, als ob Laura überall kleine Stücke von sich hinterlassen hätte, obwohl sie nicht mehr da war.
    Wir gingen schweigend den Leinpfad entlang. Dad nannte das ein »geselliges Schweigen«, er sagte, es gebe nicht viele Leute auf der Welt, mit denen man in einem Zimmer sitzen oder über die Straße gehen kann, ohne das Gefühl zu haben, etwas sagen zu müssen. Ich wusste so ungefähr, was er meinte, denn obwohl Laura so eine Quasselstrippe war, dass die Lehrer sie immer wieder zurechtweisen mussten, obwohl man auf dem Schulhof immer nur ihre Stimme hören konnte, war sie mucksmäuschenstill, wenn wir allein in unserem Zimmer waren, wenn sie auf dem Bett lag und malte und wenn ich auf meinem Bett lag und las. Ab und zu schaute sie dann zu mir herüber und lächelte. »Ich wollte nur mal nachsehen«, sagte sie dann, »nur mal nachsehen, ob du noch da bist.« Geselliges Schweigen, das konnten wir gut.
    Der Leinpfad schien einfach kein Ende zu nehmen und ab und zu mussten wir unter einer kleinen Brücke hindurchgehen. Einige Brücken waren so niedrig, dass wir fast die Köpfe einziehen mussten. Auf der einen Seite des Leinpfades waren Felder und Wiesen und in der Ferne sah ich einen Zug vorüberfahren. Auf dem anderen Ufer sah alles ganz anders aus: Da

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