Mein Herz schlaegt fur uns beide
Haare so gezeichnet, dass es aussah, als ob der Wind sie durcheinanderwirbelte, und Mum und Dad standen neben ihr. Sie lächelte ihr strahlendes Laura-Lächeln, und neben den Korb hatte sie eine Sprechblase gezeichnet und mit ihrer schönen Schrift hineingeschrieben: »Auf, auf und davon!«
Ich wollte gerade die Geschichte lesen, die zu dem Bild gehörte, als an die Tür geklopft wurde. Ich versteckte das Buch unter dem Sitzsack, und Dad kam herein und setzte sich auf Lauras Bett.
Dad: Na, was machst du so?
Ich: Nichts.
Dad: Und was machst du morgen?
Ich: Nichts Besonderes.
Dad: Na, anstelle von »nichts« und »nichts Besonderes« würdest du da gern ein Abenteuer erleben?
Ich versuchte ganz schnell, an all die abenteuerlichen Dinge zu denken, die wir unternehmen könnten, aber mein Kopf war einfach leer.
Dad: Mum fährt für ein paar Tage mit Rory nach London zu Tante Shelly und wir fahren zu Opa.
Rory durfte Tante Shelly besuchen? Sie ist die kleine Schwester meiner Mum und total cool und witzig. Tante Shelly ist überhaupt nicht wie Mum. Mum ist groß und Shelly ist eher winzig. Mum hat glatte braune Haare und Shelly ganz lange blonde (Laura und ich haben immer gesagt, sie sieht aus wie Rapunzel), und wenn sie uns einen Kuss gibt, haben wir immer einen dicken Lippenstiftfleck auf der Wange. Mum hat mir und Laura einmal gesagt, wir sollten ein Papiertaschentuch holen und den Knutscher abwischen, aber beim Schlafengehen war er immer noch da. Ich fand es immer aufregend, wenn wir sie in ihrer winzigen Wohnung besuchten. Ich fand es wunderschön dort. Und wann immer Mum Tante Shelly besuchte, schien sie glücklich zu sein.
Ich: Warum nimmt Mum mich nicht auch mit? Warum darf Rory mitfahren? Warum darf dieses kleine Ferkel mit Mum fahren?
Ich wollte schon losweinen, als Dad sich bückte, mir einen Finger unter das Kinn legte und mein Gesicht zu seinem hochhob.
Dad: Rory ist kein kleines Ferkel.
Ich: Er brüllt wie ein Löwe und schnarcht wie ein Ferkel.
Dad lachte.
Dad: Na gut, dein kleiner Bruder schnarcht ein bisschen wie ein Ferkel, aber wie ein süßes Ferkelchen. Hör mal, deine Mum und ich finden es eine gute Idee, wenn wir alle mal eine Pause voneinander machen, und ich möchte mit dir zusammen sein. Nur mit dir. Ohne Ferkelschnarchen und Roryröhre. Außerdem hast du Opa so lange nicht mehr gesehen. Das wird lustig, es wird ein Abenteuer.
Ich wusste sehr viel über meinen Opa, aber nichts davon war so interessant wie Tante Shelly und ihr Prinzessinnenhaar. Er zog oft um und reiste um die ganze Welt, und dann schrieb er über Orte, wo man Ferien machen kann, und so. Er war außerdem ein großartiger Fotograf und fast alle Fotos in unserem Haus hatte er gemacht.
Ich: Wo wohnt Opa denn jetzt?
Mein Dad stand auf und schloss das Fenster.
Dad: Du erinnerst dich doch an das Häuschen am Strand?
Ich: Natürlich, und ich und Laura haben gerade erst gesagt …
Ich verstummte und starrte zu Boden.
Ich: Ich meine, ich und Laura waren oft da.
Dad sah mich mit einem komischen Blick an.
Dad: Hmmm, weißt du noch, wie ich dir erzählt habe, dass er wieder nach Oxford ziehen wollte?
Ich nickte. In Oxford war mein Dad aufgewachsen. Dad drehte sich um und rückte das E in den Goldbuchstaben über meinem Bett gerade.
Dad: Opa wohnt jetzt in einem Hausboot, na ja, einer Art Hausboot.
Ein Hausboot! So was hatte ich noch nie gesehen. Ich hatte noch nicht mal von einem gehört.
Ich: Dad, was ist eine Art Hausboot?
Dad: Das wirst du sehen, wenn wir da sind, denn du und ich bringen Opa ein Hauseinweihungsgeschenk. Also, ein Hausbooteinweihungsgeschenk. Wir fahren nach Oxford! Und jetzt such deinen Kram zusammen, in einer Stunde geht’s los.
Mum half mir, eine Tasche zu packen. Wir konnten meinen Reiserucksack nicht finden, deshalb nahm ich meine Schultasche. Ich steckte das neue Buch, das Supergeheime Buch und Lauras kleines Kaninchen hinein. Als ich Mum zum Abschied umarmte, drückte sie mich ungefähr eine Ewigkeit lang an sich, und als ich in ihr Gesicht schaute, sah sie aus, als ob sie gleich weinen würde, aber dann lächelte sie mich plötzlich an und strich mir über den Kopf.
Ich: Was ist denn los, Mummy?
Sie lächelte und knöpfte meinen Mantel zu.
Mum: Ach, nichts, egal. Viel Spaß.
Im Auto ließ Dad seine Lieblingsmusik laufen und wir sangen beide auf dem ganzen Weg zur Tankstelle. Obwohl mein Dad gar nicht richtig singen kann. Ich kann es auch nicht, aber das war mir egal, weil ich sooo
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