Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Herz schlaegt fur uns beide

Mein Herz schlaegt fur uns beide

Titel: Mein Herz schlaegt fur uns beide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzie Moore
Vom Netzwerk:
waren ein heruntergekommenes altes Haus, die Rückseite einer Kneipe, wo zwei Männer einander anbrüllten, ein Laden, der total mit Graffiti vollgeschmiert war, und ein Häuschen, bei dem alle Fenster eingeschlagen waren. Wir kamen vorbei an einem wirklich hohen Wohnblock und ganz oben sah ich Leute Wäsche aufhängen. Auf dem Leinpfad war richtig viel los. Ich sah viele Leute mit Hunden, andere, die joggten, und jede Menge Radfahrer.
    Nach einer Weile wurde die Gegend grüner, und ich sah Häuser, die ganz nah an den Kanal gebaut waren. Dad nannte das die »wirklich protzreichen Häuser«. Als ich genauer hinschaute, sah ich, dass sie alle sehr groß waren und nicht nur einen kleinen Betonflecken als Garten hatten, so wie ich. Sie waren alle riesig, mit grünem Rasen, mit Blumen und hohen Bäumen und einige Gärten zogen sich bis zum Wasser hin.
    Wir mussten unter der nächsten kleinen Brücke so mehr oder weniger durchkriechen und dann sah ich sie. Auf dem Kanal, aufgereiht wie Rorys Spielzeugeisenbahn, gab es jede Menge unterschiedliche Boote, einige sehr lang, andere ganz schmal. Sie waren sozusagen im Wasser geparkt, und als wir am ersten Boot vorübergingen, sah ich, dass sie wirklich oben eine Art Haus aufgestülpt hatten. Ich blickte den Fluss hinunter und entdeckte ein Boot hinter dem anderen. Und wirklich jedes sah anders aus.
    Das erste war hellrot gestrichen und die kleinen Fenster hatten gestreifte Vorhänge. Das zweite war viel größer und hatte einen krummen schwarzen Schornstein, aus dem Rauch quoll. Ein Hausboot nach dem anderen, aber das, was mir am besten gefiel, war lila und silbern angestrichen. Ich bückte mich und versuchte hineinzuschauen, aber dann merkte ich, dass die Fenster nicht aus Glas waren, sondern aus riesigen leuchtenden Spiegeln. Also starrte ich mein eigenes Spiegelbild an, meine blöden struppigen Haare. Und dann hörte ich eine laute dröhnende Stimme und zwei Gummistiefel tauchten vor mir auf.
    Laute dröhnende Stimme: Hallöchen!
    Ich schaute zu dem Laute-dröhnende-Stimme-Mann hoch und sah, wie Dad unsere Taschen abstellte und die beiden einander umarmten.
    Dad: Jetzt gib Opa schon einen Kuss.
    Ich sah Opa an und er sah mich an.
    Opa: Aha. Willst du erst mal abwägen?
    Abwägen? Ich musterte ihn noch einmal von Kopf bis Fuß. Ich sah mir seine verschlissene Hose und sein zerknittertes grün-blau kariertes Hemd an.
    Ich: Aber … aber … wiegen kann ich nicht gut. Miss Cauber sagt, dass ich immer Kilogramm und Gramm verwechsele.
    Aus irgendeinem Grund lachte Opa jetzt laut und bückte sich, um mich anzusehen.
    Seine Haare waren dick und lockig, wie die von meinem Dad, und seine Augen waren dunkelblau, wie die von meinem Dad. Und als er dann wieder lächelte, ging mir auf, dass sie fast wie eineiige Zwillinge aussahen. Obwohl Opa jede Menge Falten im Gesicht hatte und seine Haare fast weiß waren und nicht schwarz wie die von meinem Dad.
    Genau in diesem Moment hörten wir die Kirchenglocken läuten und ich musste plötzlich an den schlimmsten Tag aller Zeiten denken. Den schlimmsten und grauenhaftesten Tag aller Zeiten, der vergangenen und der kommenden. Ich dachte an die andere Kirche. Ich dachte daran, wie ich auf dem Heimweg neben Opa im Auto saß. Ich dachte daran, dass meine rotzigen Tränen auf den Kragen seiner schwarzen Jacke gefallen waren. Alle trugen Schwarz. Daran musste ich jetzt wieder denken, obwohl ich gar nicht wollte.
    Plötzlich fühlte ich mich ganz elend, fast krank, ich dachte, ich müsste weinen, und deshalb starrte ich meine Füße an. Niemand sagte etwas und dann hielt Opa mir seine Hand hin. Ich sah die Hand an, und dann sah ich in sein Gesicht, und er lächelte mich freundlich an.
    Opa: Lass uns doch noch mal anfangen? Ich freue mich ja so, dich zu sehen, Emma.
    Er hielt mir wieder seine Hand hin und diesmal schüttelte ich sie.
    Opa: Gut! Das hatte ich ganz vergessen – du bist eine von uns. Noch eine Linke!
    Ich schaute zu Dad auf, mit einem Die-Erwachsenen-werd-ich-nie-verstehen-Blick, und Dad hob seine linke Hand und wedelte damit in der Luft.
    Dad: Linkshänderin, du kleiner Dussel. Du bist Linkshänderin. Wie ich. Wie Opa. Wir sind alle Linkshänder.
    Das war einer der wenigen Unterschiede zwischen Laura und mir. Sie war Rechtshänderin und ich bin Linkshänderin. Ich war noch nie gern Linkshänderin. In der Schule muss ich eine besondere Schere nehmen, und wenn wir arbeiten, wenn ich versuche zu schreiben, stößt immer irgendein Ellbogen

Weitere Kostenlose Bücher