Mein Herz tanzt Tango
Empfangsbereich von Roses Tanzschule atmete Dalton tief durch. Er wollte das nicht tun, aber wenn er Rose und Anna wirklich liebte, hatte er keine andere Wahl.
Die schweren Bässe lateinamerikanischer Musik waren durch die Wände des Tanzstudios deutlich zu hören. Sie erinnerten ihn an die heißen Nächte, die er gemeinsam mit Rose verbracht hatte. Wenn die Situation nur eine andere wäre! Wenn nur sein Dad nicht krank wäre! Wenn seine Eltern nur mehrere Kinder und damit mögliche Nachfolger gehabt hätten!
Nur schade, dass ihn diese Wenns auch nicht weiterbrachten. Da sein Schicksal nun am Samstagabend endgültig besiegelt wurde, musste er sich von dem kurzen, schönen Traum eines gemeinsamen Lebens mit Rose und Anna sofort verabschieden.
Pünktlich entließ Rose ihre Samba-Schüler. Dalton wartete im Schatten der hintersten Ecke des Raums, bis sich alle von ihrer Lehrerin verabschiedet hatten. Es war unschwer zu erkennen, dass ihre Schüler sie mochten und schätzten. Genau wie er. Als endlich der letzte die Tür hinter sich geschlossen hatte, räusperte sich Dalton. „Rose?“
Sie zuckte zusammen. „Dalton! Du hast mich erschreckt. Wie lange bist du schon hier?“
„Noch nicht lange. Ich wollte dich erst alles erledigen lassen, bevor ich dich unterbreche.“
„Aber du unterbrichst mich doch nicht. Im Gegenteil, ich freue mich, dich zu sehen.“ Sie küsste ihn, dann sperrte sie die Tür ab. „Ich habe eine Stunde Zeit bis zur nächsten Gruppe. Gehen wir doch hinauf, dann koch ich dir etwas.“
„Klingt verlockend“, sagte er, während Magensäure seine Speiseröhre heraufkroch. „Aber ich habe keine Zeit.“
„Wenn du keine Zeit hast, warum bist du dann hier?“
„Mein Dad wird heute aus dem Krankenhaus entlassen.“
„Das ist doch fantastisch. Ich freue mich so für dich! Und für ihn natürlich auch.“
Unruhig verlagerte Dalton sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. „Meine Eltern geben am Samstagabend eine große Party im Country Club.“
„Klingt toll. Hoffentlich wird getanzt.“ Rose schnippte mit den Fingern und deutete einige Tanzschritte an.
Dalton schickte inzwischen ein Stoßgebet zum Himmel, in dem er für Rose um Stärke und Verständnis bat. „Ich weiß nicht, ob getanzt wird, aber mein Vater wird seinen Rückzug ins Privatleben verkünden und mich als seinen Nachfolger vorstellen.“
„Wie geht es dir dabei?“
„Ich habe mich damit abgefunden.“
„Aber du musst etwas sagen! Steig aus, solange du noch die Möglichkeit hast!“
„Deshalb bin ich hier“, erklärte Dalton. „Als ich meinen Vater in diesem Krankenhausbett liegen sah, habe ich mich genau dazu entschlossen. Ich werde aussteigen. Allerdings aus unserer Beziehung, nicht aus der Bank.“
Rose schnappte nach Luft. Das konnte doch nicht wahr sein!
„Dalton?“ Sie trat zu ihm und legte ihm die Hände auf die Schultern, doch er befreite sich von ihrer Berührung. „Wir stehen das gemeinsam durch“, redete sie weiter. „Wer sagt, dass du nicht bei der Bank arbeiten und trotzdem ein erfülltes Privatleben führen kannst? Es muss doch nicht alles oder nichts sein!“
Dalton schüttelte traurig den Kopf. „Genau in diesem Punkt liegst du verkehrt. Ich hasse diesen Beruf. Glaubst du wirklich, dass sich daran je etwas ändert? Angenommen wir bleiben zusammen, heiraten, haben vielleicht eigene Kinder – wer garantiert dir, dass ich dir und ihnen gegenüber nicht ständig schlecht gelaunt und reizbar bin? Was, wenn ich, wie so viele Bekannte meiner Eltern, versuche, meine Sorgen im Alkohol zu ertränken?“
„Oh, Dalton“, flehte Rose. Sie zwang ihn, sie anzusehen, indem sie mit beiden Händen seinen Kopf festhielt. „Das würdest du niemals tun!“
„Das denkst du heute, aber wer kann schon in die Zukunft sehen?“
„Ich weiß, dass du unglücklich bist, Dalton. Aber wieso machst du mich auch unglücklich? Wieso lässt du dir nicht helfen, das durchzustehen? Warum willst du deine Sorgen unbedingt alleine tragen?“
„Weil es nicht anders geht.“ Mit den Händen fasste er sie an den Unterarmen und schob sie weg. „Ich liebe dich, Rose, aber ich liebe auch meine Familie. Stell dir vor, wenn ich der Bank den Rücken kehre, alles schiefgeht und meine Mutter mittellos auf der Straße endet! Das könnte ich mir nie verzeihen!“
„Würdest du bitte einen Moment lang deine Eltern vergessen und mich ansehen? Und damit meine ich richtig ansehen! Was ist mit mir und Anna? Ich liebe dich! Sie
Weitere Kostenlose Bücher