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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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betrete, ertönt eine Glocke, und eine Kellnerin blickt mir entgegen. »Könnte ich mal die Toilette benutzen?«, frage ich.
    »Aber natürlich.« Sie deutet den Gang entlang und ich sperre mich in dem winzigen Raum ein. Dort ziehe ich das Buch aus dem Rucksack. Wahrscheinlich hätte ich ruhig im Auto mit Oliver reden können, aber es war auch schön, Zeit allein mit Jules zu verbringen. Das hatte ich vermisst.
    Sobald ich die Seite 43 aufschlage, beginnt Oliver zu schreien: »Wo warst du? Du hast mich mitten in einem sehr wichtigen Gespräch hängen lassen. Diese Jessamyn Jacobs …«
    »Sie wohnt hier«, unterbreche ich ihn.
    Ich sehe, dass Oliver über meine Schulter linst und sich im Raum umsieht. »Wo bist du denn?«
    »Na ja, in einer Toilette. Natürlich wohnt sie nicht hier . Aber ich bin in ihrer Stadt, und ich werde herauskriegen, wie ich zu ihr nach Hause komme. Wenn es irgendjemandem gelingt, dich aus der Geschichte herauszuholen, dann der Frau, die sie verfasst hat.«
    Oliver blickt düster drein. »Aber du kannst doch schlecht zu ihr hingehen und sagen: ›Ich habe mich Hals über Kopf in eine Ihrer Figuren verliebt.‹«
    Ich lächle. »Oh doch, dieser Socks ist unheimlich sexy.«
    Er lacht. »Ich werde es ihm ausrichten.«
    »Ich weiß noch nicht, wann wir uns wieder sprechen werden«, teile ich ihm mit. »Und einen richtigen Plan habe ich auch noch nicht.«
    »Du machst mir ja nicht gerade Mut.«
    »Nein«, sage ich ihm. »Aber vertrau mir einfach.«
    Als ich das Buch schon schließen will, hält Oliver mich noch einmal zurück. »Delilah?«, sagt er. »Ich hatte nie Gelegenheit, dir wirklich zu danken. Für alles, was du tust, um mir zu helfen.«
    Ich sehe die Hoffnung, die ihm ins Gesicht geschrieben steht, klar und deutlich wie jedes einzelne Wort auf der Seite. »Dank mir noch nicht«, antworte ich.
    Nachdem ich das Buch wieder in den Rucksack gesteckt habe, betätige ich die Spülung und wasche mir die Hände, um keinen Argwohn zu erwecken. Die Kellnerin ist damit beschäftigt, den Tresen zu wischen, als ich zurück in den Gastraum komme. »Ganz allein unterwegs?«, fragt sie.
    »Ja. Nun, eigentlich wollte ich nur nach dem Weg fragen«, erkläre ich. »Es ist total peinlich, aber ich will meine Tante zum Geburtstag überraschen und bin mit dem Bus gekommen. Und jetzt weiß ich nicht mehr genau, wo sie wohnt.« Ich schenke ihr mein strahlendstes Ich-bin-keine-Psychopathin-Lächeln. »Jessamyn Jacobs? Kennen Sie sie?«
    Die Kellnerin sieht mich ein wenig beklommen an. »Sie bekommt nicht gern Besuch.«
    »Besuch!«, sage ich. »Ich bin mit ihr verwandt!«
    Die Frau runzelt die Stirn. »Nun, sie wohnt im letzten Haus an der Wilson Street. Am Kap, ganz oben auf der Klippe.
    »Richtig!« Ich schlage mir mit der Hand an die Stirn. »Klar, Wilson Street.«
    Die Kellnerin macht sich wieder an die Arbeit.
    »Eine Frage noch«, sage ich und warte, bis sie aufblickt. »Wie komme ich in die Wilson Street?«
    Das Haus von Jessamyn Jacobs steht am Rand einer Klippe hoch über dem Wasser, wie ein Schwimmer, der sich nicht hineinzuspringen traut. Es ist pflaumenblau gestrichen und bei allen Fenstern sind die Vorhänge fest zugezogen. Eine ganze Weile stehe ich auf der Veranda und überlege mir, wie ich mich vorstellen könnte.
    Hallo! Ich verkaufe Kekse für die Pfadfinderinnen …
    Nein, zu forsch.
    Ich mache eine Wahlumfrage …
    Wirklich nicht. Um für ein Wahlkampfkomitee zu arbeiten, sehe ich nicht alt genug aus.
    Mein Kater ist verschwunden, haben Sie ihn vielleicht gesehen?
    Nein. Ziemlich unwahrscheinlich, dass er sich ausgerechnet in ihrem Haus verstecken würde.
    Tja. Vielleicht verlasse ich mich einfach darauf, dass mir unter Druck schon eine zündende Idee kommt. Bevor ich es mir anders überlegen kann, klingle ich.
    Nichts passiert.
    Ich klingle erneut, als könnte das etwas ändern. Es ist niemand zu Hause. Nicht im Traum hätte ich gedacht, dass Jessamyn Jacobs nicht zu Hause sein könnte.
    Plötzlich öffnet sich wie von Zauberhand die Garagentür neben mir. Ich mache einen Satz zur Seite. Wenig später kommt ein Wagen um die Ecke und fährt in die Einfahrt. Es ist ein roter Minivan, einer, wie wir ihn hatten, als ich ein Kind war. Auf der Fahrerseite steigt eine Frau mit einer Einkaufstasche aus. »Hallo«, sagt sie. »Kann ich dir behilflich sein?«
    Dass es Jessamyn Jacobs ist, erkenne ich an ihren roten Haaren und ihrem Gesicht, das ich auf dem Autorenfoto im Buch gesehen habe. Bloß

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