Mein Herzenswunsch ein Baby
gibt durchaus Eltern, die sich selbst die Schuld geben an der Sterilität ihrer Kinder. Oder sich die Schuld geben könnten. Allein dem vorzubeugen, gilt das Totschweigen der Sterilität. Geschwister, Freunde und weitläufige Verwandte werden ebenso wenig eingeweiht. Zu groß ist die Angst vor Unverständnis, vor Spott oder dummen Bemerkungen.
Und noch ein weiterer Faktor spielt eine Rolle, wenn ein Paar nicht über seine Kinderlosigkeit vor anderen Menschen sprechen möchte: Keiner gibt gerne sein Intimleben preis. Es ist wie das Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit, ein Kind zeugen oder empfangen zu können. Niemand soll von diesem Scheitern wissen. Niemand soll teilhaben an dieser vermeintlich großen Inkompetenz im Leben.
Sollte das Verhältnis zwischen den eigenen Eltern und einem selbst nicht optimal sein, so schützt sich ein Paar sowieso und trägt Probleme nicht nach außen. Das gilt auch dann, wenn die Beziehung zum „sterilen Partner“ angeknackst ist.
Fallbeispiel: Frau C. war ganz verzweifelt. Nicht nur, dass die Kinderlosigkeit vornehmlich an ihrem Partner lag. Außerdem konnten ihre Eltern ihren Mann nicht leiden. Sie ließen keine Gelegenheit aus, ihr zu sagen, für was für einen Versager sie ihn hielten. Nun, da er auch beim Kindermachen ein „Versager“ war, belastete dieser Gedanke Frau C. schwer. Einerseits hielt sie fest zu ihrem Mann,
andererseits schlichen sich auch hin und wieder Zweifel ein, ob ihre Eltern nicht doch recht hätten. Ein ungutes Gefühl ihren Eltern gegen über und massive Schuldgefühle belasteten sie und überschatteten die Kinderwunschbehandlung. Auf keinen Fall durften ihre Eltern von der Sterilität ihres Mannes erfahren. Sie verheimlichte die komplette Kinderwunschbehandlung vor ihnen. Auch als Frau C. mithilfe einer künstlichen Befruchtung schwanger wurde, verschwieg sie ihren Eltern, wie ihr Weg zum Wunschkind ausgesehen hatte. Offiziell ist dieses Kind auf natürlichem Weg entstanden. – So wie Frau C. geht es vielen Paaren.
Eine weitere Hürde ist der Arbeitgeber der betroffenen Frauen. Keine einzige Frau, die ich bisher auf dem Weg zum Wunschkind begleitet habe, hat vorher mit ihrem Arbeitgeber über das Thema unerfüllter Kinderwunsch gesprochen, was ja auch verständlich ist. Schließlich fürchtet jede Arbeitnehmerin, dann auf der potenziellen „Abschussliste“ zu stehen. Die Frage lautet dann auch immer: Was ist, wenn es doch nicht mit dem Kind klappt? Dann bin ich vielleicht den Job los, weil niemand eine Frau im Betrieb haben will, die ein Kind plant und dann aus dem Berufsleben ausscheidet.
Viele ängstigen sich diesbezüglich sehr, dass der Arbeitgeber doch etwas von ihren Bemühungen, schwanger zu werden, mitbekommt, dass sie dann gemobbt werden oder dass ihnen gekündigt wird.
Die Angst ist also ein steter Begleiter – bei jedem Termin und jeder Aktion rund um den Kinderwunsch. Arbeitende Frauen müssen ihre Arzttermine und Termine zur künstlichen Befruchtung meiner Erfahrung nach fast immer tarnen, oftmals mit einem sehr schlechten Gewissen, denn vielen Frauen fällt es schwer zu lügen, weil sie es eigentlich nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können und ihnen die Unwahrheit schwer auf der Seele lastet. Die Frauen opfern für die Behandlung auch fast immer ihre kostbaren Urlaubstage. Was wieder weitere Lügen nach sich zieht, denn dann müssen sie auch noch im Kollegenkreis schwindeln und von einem Urlaub erzählen, der nie stattgefunden hat.
Fallbeispiel: Frau H., eine Angestellte in einem kleineren Unternehmen, war so gestresst von den Lügengeschichten, dass sie gar nicht mehr zur Ruhe kam. Als sie bei mir war, zitterte sie stark, während sie mir ihre Geschichte erzählte. Ihr Gewissen plagte sie so sehr, dass sie nachts nicht mehr schlafen konnte. Sie hatte Angst, dass jemand sie zum Frauenarzt würde gehen sehen, zufälligerweise. Und sie hatte Angst, dass sie sich verplappern würde bei all den Lügenkonstruktionen, die sie für ihre Kolleginnen und für den Chef erfand. Nachdem zwei ihrer künstlichen Befruchtungsversuche gescheitert waren, war sie nervlich am Ende, hatte kaum noch Urlaubstage übrig für erneute Termine und musste einige Zeit pausieren, um sich von den Heimlichtuereien zu erholen. Sie fühlte sich wie eine Betrügerin und konnte sich selbst nicht mehr leiden. Ich konnte sie überzeugen, dass es wichtig ist, ganz knallhart Prioritäten zu setzen.
Es gibt keine andere Alternative, als die Tatsachen zu
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