Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)
DHfK ging aus dem schon 1925 gegründeten Institut für Leibesübungen hervor und bestand von 1950 bis 1990. Zuletzt waren dort etwa 1000 Sportwissenschaftler beschäftigt.
Die erste Förderstufe: das Trainingszentrum
Kurz zuvor (1977) hatte Parteichef Erich Honecker vor ersten Sekretären der SED-Kreisleitungen stolz verkündet: »Die DDR hat sich zu einer großen Sportnation entwickelt, und ich möchte hinzufügen, sie soll es auch bleiben. Deshalb messen wir der Verbesserung der kommunistischen Erziehung und Ausbildung der jungen Sportler in den Trainingszentren und Trainingsstützpunkten des DSTSB (Deutscher Turn- und Sportbund der DDR) eine große Bedeutung zu ... Gleichzeitig müssen wir darauf Einfluß nehmen, daß die Sportlerinnen und Sportler ihre sozialistische Deutsche Demokratische Republik achten, lieben und mit heißen Herzen im internationalen Wettstreit vertreten.«
In den TZ sollte jeweils die »Sportart-spezifische Grundausbildung gefördert« werden. In der ersten Förderstufe blieben die Schüler bis zu ihrem zwölften Lebensjahr. Vorrangig ging es darum, durch regelmäßiges Training Kondition aufzubauen, an wachsende Belastungen heranzuführen und auch die Willensstärke zu testen.
Die Förderung von Leistungssportlern und jener Talente, die dies werden sollten, erfolgte schwerpunktmäßig in den Kinder- und Jugendsportschulen der Sportclubs. Sonstiger Wettkampfsport sowie Breiten- und Gesundheitssport spielte sich in Betriebssportgemeinschaften ab.
Jedes Jahr halbierte sich der »Sportlerbestand«
Ein Wissenschaftskollektiv an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) schrieb den TZ höhere gesellschaftliche Weihen zu, denn sie »bieten uns eine hervorragende erzieherische Potenz für die Erziehung zur Lösung von Kampfaufgaben bei der Vollendung des Sozialismus.« Als günstig sehen die Ideologen dabei nicht nur die »Überwindung von Widerständen« und den »Wettkampfgedanken« an – nutzbar gemacht werden sollen vor allem »sporttypische kollektive Beziehungen«, die »von der Notwendigkeit des sich Ein- und Unterordnens gekennzeichnet sind«.
Das fiel beileibe nicht allen Schülern leicht. Nach offizieller Lesart »halbierte sich in jedem Trainingsjahr im Trainingszentrum in etwa der Sportlerbestand«, sodass von anfangs rund 60.000 Sportlern am Ende der Zeit im TZ nur noch 10.000 übrig blieben. Den Sprung zur zweiten Förderstufe – an einer der 25 Kinder- und Jugendsportschulen (KJS) – schaffte nur noch jeder Vierte. Die meisten konnten die schulischen und vor allem die sportlichen Anforderungen nicht erfüllen.
Trainingstagebuch fürs Leistungsbewusstsein
Ab 1981 wurde die Einheit von sportlicher Ausbildung und kommunistischer Erziehung in den TZ standardisiert. Die Propaganda-Abteilung des DTSB-Sekretariats verpflichtete die Kinderkader, ein von Sportpädagogen der DHfK entwickeltes »einheitliches Trainingstagebuch« (TTB) zu führen. Fast 100 Seiten für alle, die den Sprung ins zweite TZ-Jahr geschafft hatten. Wie jeder Schüler im TZ hatte ich auch so ein Heft. Es enthielt Wachstumstabellen, Monatsprotokolle, Leistungsdiagramme und Techniktafeln, auf denen die persönlichen Entwicklungskurven gewissenhaft notiert werden mussten. Auch so sollten wir leistungsbewusstes Trainieren lernen.
Aber auch private Angaben, über die Familie, Schullehrer, »Verantwortlichkeiten in der Pioniergruppe«, »Freunde und Freundinnen« oder »meine Vorbilder« sollten ins Trainingstagebuch eingetragen werden. Dies sollte praktischerweise auch die Arbeit der Auswahlkommission erleichtern, die später über die Aufnahme an die Kinder- und Jugendsportschule entscheiden mussten.
Vor allem aber war das Trainingstagebuch wohl als Instrument zur Erziehung staats- und parteitreuer Nachwuchssportler gedacht. Es lehrte frühzeitig, sich als Teil eines großen Kollektivs zu verstehen.
Ganz oben an der Spitze stand Sportchef Manfred Ewald. Er wandte sich per Brief an die »liebe(n) junge(n)Sportfreunde«: »Eurer gesunden und allseitigen Entwicklung wird in unserem sozialistischen Vaterland große Aufmerksamkeit widmet. Ihr wißt, daß die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands und unsere Republik Euch Kindern viel Liebe, Fürsorge und Geborgenheit schenken ...«
Unsere Familie 1982: mit Mama, Papa und Schwesterchen Jeannette
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Der Weg zum Weltklasse-Athleten war in unseren Köpfen ganz klar vorgezeichnet. Wir TZ-Kinder wussten, dass wir als Zwischenziel
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