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Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)

Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)

Titel: Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Hannawald
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beigebracht, ihn an die größeren Schanzen herangeführt und ihn bei rund 3000 Sprüngen betreut, sie analysiert und ausgewertet.
    Manche Jungs bringen schon etwas ganz Bestimmtes mit, ein ungewöhnliches Bewegungsgefühl und eine gewisse Courage. Sven hatte beides. Er ist immer mit großer Freude an die Sache rangegangen, nicht nur beim Springen, sondern auch beim Hallentraining, wenn es um Sprungkrafttraining und koordinative Fähigkeiten ging. In einem Rahmenplan hatte der Verband bestimmte Normen (z. B. beim Skisprung Anfahrt, Absprung, Flug und Landung) vorgegeben, die erfüllt werden mussten. Bei den Leistungstests war Sven immer ein allseitiger Normerfüller. Er kannte keine Angst. Angst blockiert. Das sieht man daran, wie die Jungs zum Absprung kommen, auch das Abspringen selbst ist entscheidend. Sven ist von Anfang an kraftvoll abgesprungen – dazu braucht man eine gehörige Portion Mut, Selbstvertrauen und Können.
    Sven konnte sich schon als ganz Kleiner sehr gut konzentrieren, er hatte diesen Tunnelblick. Und er war immer sehr ehrgeizig, er war ein echter Kämpfer. Schon ganz früh wollte er möglichst auch auf die größeren Schanzen dürfen. In meiner 30-jährigen Laufbahn als Nachwuchstrainer konnte ich insgesamt 85 Schüler zur KJS (Kinder und Jugendsportschule) nach Klingenthal delegieren. Sven war mein 54. Schüler.

    Wiedersehen nach fast 20 Jahren: mit Erich Hilbig in seinem Garten

    Wie Erich Hilbig, mein Entdecker, mein Potenzial einschätzte. Er war ab 1980 mein Trainer im Trainingszentrum Johanngeorgenstadt.
    Mein Trainingsalltag
    Ohnehin spielten diese großen, tragenden Worte, die »feste sozialistische Verhaltenseigenschaften« fixieren sollten, in unserem Trainingsalltag so gut wie keine Rolle. Vielmehr waren Qualitäten wie »Gewandtheit«, »Geschicklichkeit«, »Beweglichkeit« die Grundlagen für unseren Sport. Sie mussten wir systematisch trainieren und verbessern. Regelmäßig wurden Tests durchgeführt. Denn es galt in jeder Phase bestimmte Normen zu erfüllen. Etwa beim »Rumpftiefgreifen«. Wir mussten mit den Händen mindestens 10 Zentimeter über die Fußsohle hinaus fassen können, um den »Beweglichkeitstest« zu bestehen. Beim »Rumpfheben aus der Bauchlage« mussten in einer Minute 30 Wiederholungen geschafft werden. Und beim »Treibhöhentest« wurde eine Treibhöhe von 35 Zentimeter gefordert: Mit fixierten Armen und gestreckten Beinen mussten wir aus einer Haltung, wie sie der Anfahrt zum Schanzentisch entspricht, so hoch wie möglich springen. Die Treibhöhe war ein Indikator, ob ein Skispringer in der Lage ist, explosiv von der Kante zu springen.
    Auch die Trainer hatten natürlich ein Interesse daran, dass die Schützlinge mit sehr guten Leistungen die Norm erfüllten. Das Zauberwort in den Trainingszentren lautete: »Delegierungsauftrag«. Bei Erfolg winkten den Trainern meist Gehaltssteigerungen und ein Bonus, der intern »Kopfprämie« hieß. Übungsleiter wurden mit Urkunden und kostenlosen Fahrten zu den Wettkampfhöhepunkten belohnt.

    Vorlage: Dieses Bild für einen idealen Absprung (»Technikleitbild«) hatte mein Trainer Erich Hilbig stets bei sich.
    Wir cruisen in meine Vergangenheit
    Wir waren auf dem Weg zu Erich Hilbig, meinem ersten Trainer. Vorher wollte ich noch durch Johanngeorgenstadt cruisen und Uli, meinem Coautor zeigen, was ich selbst schon so lange Jahre nicht mehr gesehen hatte.
    Wie wenig von damals geblieben ist. So viele Freiflächen und Lücken im Stadtbild. Wo früher das Rathaus war, stehen jetzt nur noch wenige Häuser. Das markanteste Gebäude zwischen den Bäumen und Grünanlagen ist die Kirche. Die Altstadt existiert nicht mehr. Die große Kaufhalle, in zentraler Lage gegenüber der Eisdiele, unserem beliebtesten Treffpunkt, ist längst abgerissen. Und die Poliklinik, einst ein Stolz der Stadt, steht leer.
    Ich habe sie als Kind nur einmal von innen gesehen, nach einem ziemlich brutalen Sturz. Dieses Malheur passierte aber nicht etwa beim Skispringen, sondern beim Fahrradfahren. Und zwar auf einer asphaltierten Strecke im Wald, auf der wir regelmäßig rollerten, also auf Skirollern trainierten. Die Bahn war noch mit einer robusten Eisenkette gesperrt. Davon wusste ich leider nichts. Mit Karacho radelte ich die Rollerbahn runter, ich wollte natürlich schneller sein als mein Trainingskumpel Ronny, drehte mich zu ihm um, sah ihn voll in die Eisen gehen. Aber für mich war es zu spät. Ich weiß nur noch, dass ich im hohen Bogen auf

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