Mein ist dein Herz
Weil ich gerade im Begriff bin, den nunmehr sehr anhänglichen Stubenhocker-Tyler zum x-ten Mal mitzuteilen, dass ich heute auf jeden Fall zur Hochzeit meiner Freundin fahren werde.
»Wieso sollte ich dich dorthin alleine fahren lassen?«
»Weil nur ich eingeladen bin, vielleicht? Es muss doch sogar für dich keine Neuigkeit sein, dass die Gästeanzahl begrenzt und jeder Platz fest eingeplant ist!«, antworte ich und krame weiterhin in meinem Schrank.
»Ich sehe es dennoch nicht ein! Ich bin dein Freund, bald schon dein Verlobter ... wäre es da nicht angemessen, dass deine Freundin auch mich berücksichtigt?«
»Du kennst noch nicht einmal ihren Namen, geschweige denn weißt du, wer sie ist ...«, wende ich zunehmend gereizter ein. Der neue Tyler erinnert mich zu stark an ein beleidigtes Baby. Dem fehlen nur noch der Daumen im Mund und das Lätzchen um den Hals.
»Dann lerne ich sie bei dieser Gelegenheit auch gleich kennen!«, beharrt er.
Meine Wut bringt mich dazu, den Versuch etwas Passendes für die Hochzeit zu finden, gänzlich aufzugeben. Um einer Eskalation aus dem Weg zu gehen, flüchte ich also ins Bad und genehmige mir meine Nikotindosis.
»Nicht mit mir«, dachte sich wohl Tyler, weil er sich keine Minute später zu mir gesellt und hier unverändert weiter macht. Nörgeln hier, Vorwürfe da. Kein Wunder, dass ich schon bald darauf auf hundertachtzig bin, mit den Zähnen knirsche und ihm am liebsten an die Gurgel springen würde.
Nicht unbedingt meine Schuld, weil er immer sehr persönlich wird und seinen gezielten Schlag direkt unter die Gürtellinie richtet ...
»Ich sehe es nicht ein, dass du dahin fährst und dich von diesem Typen erneut flachlegen lässt«, schnaubt er und reckt dabei sein Kinn in die Höhe. »Wenn dir etwas zwischen den Beinen fehlt, können wir auch zu Beate Uhse fahren. Lieber gebe ich einen Hunderter für Dildos aus, als dich herumhuren zu lassen«, setzt er nicht minder abfällig hinzu.
»Pass auf, was du sagst!«, zische ich.
»Was sonst, Janessa? Wirst du mich ausschimpfen?«, spottet er und schürzt dabei seine Lippen.
Ekelhaft!
Ich hasse es, wenn er das tut!
»Nein! Ich werde dich rauswerfen!«, lautet meine Entscheidung, die ich rein aus dem Bauch heraus getroffen habe.
»Das wagst du sowieso nicht!«, winkt er lässig ab.
»An deiner Stelle wäre ich mir gar nicht so sicher!«
Tyler springt plötzlich auf, presst mein Kiefer zwischen Zeigefinger und Daumen so fest zusammen, dass ich förmlich spüre, wie die feinen Äderchen unter dem Druck zerplatzen.
»Lass mich los!«, befehle ich ihm. »Du tust mir weh!«
»Ich denke nicht mal daran. Wenn du schon hinfährst, zu IHM, soll er wissen, dass man dich zuhause erwartet.«
»Du hast sie nicht mehr alle!«, will ich sagen, werde aber von Tylers Hand daran gehindert, die er mir nun brutal gegen die Lippen presst. So langsam bekomme ich es mit der Angst zu tun, weil mir die Luft ausgeht. Ich ermahne mich trotzdem, auf keinen Fall in Panik zu geraten.
Irgendwie gelingt es mir seinen Arm fortzureißen und Luft zu holen.
»Bevor du mir den Mund zumachst, benutz dein Hirn!«, schreie ich ihn an.
»Dass einzige was zwischen dir und deinem Schlampendasein steht, bin ich und du solltest dankbar dafür sein, dass ich dir dein vorlautes Mundwerk nicht mit anderweitigen Sachen stopfe. Hast du mich verstanden, Bitch? Oder soll ich dir das fühlbarer eintrichtern?«
Hat er nun vollkommen ein Rad ab?
Vor Entsetzen erstarrt blicke ich einer winzigen Maus gleich in sein Gesicht, das sich zu einer entstellten Maske verzogen hat. Als wäre er von irgendwas oder irgendwem besessen. Einer sehr bösen Kraft, die alles Menschliche an ihm zunichtemacht.
Sie erinnern sich, noch? Der Vergleich mit der Schlange ...
Ja!
Ich bin ebenfalls baff! Vor allem als seine Handfläche mit voller Wucht auf meine Wange trifft und die Haut sofort Feuer fängt. Nun platzt auch mir endgültig der Kragen.
Wie von einer Tarantel gestochen, springe ich auf, schubse ihn von mir fort und greife zum erstbesten, was mir unter die Hand kommt. Da stehe ich nun, bewaffnet mit einer kleinen Meerjungfrau-Statue und schaue mein Gegenüber so an, als wäre er der Staatsfeind Nummer eins.
»Raus!«, fauche ich.
»Janessa ... Ich ... Es tut mir leid ... Ich wollte nicht ...«, stottert er. Der verklärte Ausdruck verschwindet aus seinen Augen. Dennoch bin ich nicht gewillt, ihn noch einmal in meine Nähe zu lassen. »Jannachen ... ich bin es doch! Du
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