Mein ist dein Herz
weißt doch, wie das manchmal so ist, wenn die Wut mit einem durchgeht ...«
»Nein!«, antworte ich. »So etwas liegt mir fern. Ich achte immer darauf, was ich mache und vor allem mit wem! Deswegen: Raus!«
»Jan...«
»Verschwinde!«, kreische ich wild.
»Bitte!«
»Stopf dir dein ›Bitte‹ sonst wohin!«
»Ich flehe dich an!«, sagt er und ich meine sogar, dass er gleich auf die Knie fällt. Zu meinem Glück, siegt bei ihm jedoch der Stolz. Er wendet sich von mir ab, wirft mir ein »Du wirst es noch bereuen!« über die Schulter und verschwindet.
Noch Minuten danach stehe ich mit meiner lachhaften Waffe da, und stiere die Tür an, weil ich Angst habe, dass er wiederkommt. Als dann die Haustür ins Schloss fällt und schwere Schritte im Treppenhaus ertönen, atme ich erstmals voller Erleichterung aus. Diese währt aber auch nicht lange.
Damit Tyler nie wieder unangekündigt in meine Wohnung platzt, renne ich ohne vorher in den Spiegel zu gucken raus und umrunde den Häuserblock, um zu meinen Eltern zu kommen. Gerade rechtzeitig, um Tylers Auto um die Ecke biegen zu sehen.
Scheiße! War der etwa bei meiner Mutter?
So wie sie aussieht - total bleich im Gesicht und mit geröteten Augen - trifft dieser Gedanke zu.
Mit einem Mal gerät das Vorhaben, meine Eltern um einen Ersatzzylinder zu bitten, und diesen gegen den auszutauschen, der derzeit in meiner Haustür steckt, in Vergessenheit. Wer interessiert sich schon dafür, ob der übergeschnappte Freund vorgesorgt hat und sich einen Ersatzschlüssel hat machen lassen, wenn diejenigen in ein Beziehungschaos hineingezogen werden, die man da am wenigsten drinhaben wollte?
»Mum ... was ...«
»Komm rein, Liebes!«, unterbricht sie mein Gestotter und zieht mich sofort in ihre Arme, sobald ich die Türschwelle passiere. Das ist doch mal ein herzlicher Empfang im Hause Bears! Ich kann mich nicht entsinnen, wann das zuletzt passiert ist!
»Hat Tyler ...«
»Ja! Er hat mir alles erzählt. Aber auf seine Weise. Ich möchte nun aber auch deine Sichtweise hören ...«
Kapitel 33
E ine gereizte, zum Teil auch enttäuschte Nancy, eine übermüdete Mum, ein leicht angetrunkener Dad und ein aufgeregter Dean, sollten nur die Spitze vom Eisberg meiner Probleme bilden. Hochzeitsstress sage ich nur! Warum tun sich das auch so viele Menschen an?
Nein, nein! Ich meine nicht die Heirat an sich. Viel mehr diese riesengroße Feier, die in jedem Fall dazu verurteilt ist, in einem Desaster zu enden. Ich für meinen Teil würde etwas Intimes und Kleines vorziehen. Eine Hochzeitsfeier für zwei. Bei Sonnenuntergang, Kerzenlicht und der Schönheit der Malediven im Hintergrund.
Verdammt! Ich träume ja schon wieder!
Das mache ich in letzter Zeit öfters und so gern, weil in meinen Träumen Jane immer präsent ist, während in der Realität von ihr jede Spur fehlt.
Jetzt ganz ohne Scheiß, ja? Es ist die Hochzeit meines Bruders und ihrer einzigen Freundin, der sie sich anvertrauen kann. Der glorreiche Übergang einer Beziehung in die offizielle Ebene, welche quasi vor unseren Augen entstand ... Ist es da nicht nur recht und billig, dass sie dabei ist?
Ich spiele schon den ganzen Vormittag das Mädchen für alles, hantiere mit Dekorationsutensilien herum, vervollständige Gedecke und achte darauf, dass die größten Streithähne voneinander getrennt bleiben. Demnach habe ich noch nicht mal eine freie Minute, in der ich meine Freundin anrufen kann.
Ihr Fehlen entschuldige ich zunächst durch eine ›Arbeitsschicht‹, der sie einfach nicht entgehen konnte. Als dann die Mittagsstunde schlägt, kassiere ich einen skeptisch mitleidvollen Blick nach dem anderen. Bald schon kauft mir niemand ab, dass Jane verhindert ist und demnächst nachkommt. Als dann auch noch mein Cousin dritten Grades mit dem Satz ankommt: »Schon gut Sean, es muss dir nicht peinlich sein, dass deine Freundin dich versetzt hat!«, verpufft meine Geduld. Ich drücke ihm kurzerhand die Suppenschüssel in die Hand, welche ich an einen der Tische bringen sollte, taxiere ihn mit dem ›am-liebsten-hätte-ich-sie-dir-über-den-Kopf-geschüttet‹-Blick und verlasse nahezu fluchtartig die Halle.
Hach, tut das gut, dieser vom Alkoholgeruch geschwängerten Luft zu entkommen!
Das hätte ich bereits vor Stunden machen sollen. Meine Nerven verlangen nun regelrecht nach einer entspannenden Handlung. Ich muss irgendeinen Fixpunkt finden, auf den ich mich konzentrieren oder aber so lange einhauen kann, bis mein innerer
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