Mein ist die Stunde der Nacht
Nummer eingab, fiel ihm auf, dass er sich darauf freute, ihre Stimme zu hören. Ich habe vorgestern Abend mit ihr zu Abend gegessen. Ich wünschte, wir könnten uns heute Abend wiedersehen.
Alice hatte tatsächlich Jeans Nummer und gab sie ihm. »Sam, Jean hat mich gestern angerufen, um mir zu sagen, wie aufregend sie es findet, Lilys Adoptiveltern kennen zu lernen. Sie hat mir auch erzählt, dass sie wahrscheinlich am Wochenende Lily selbst sehen wird. Ist das nicht wunderbar?«
Ein Wiedersehen mit der eigenen Tochter, die man zwanzig Jahre nicht gesehen hat, dachte er. Alice freut sich für Jean, doch vermutlich gibt es ihr gleichzeitig einen schmerzhaften Stich, weil es sie daran erinnert, dass es praktisch genauso lange her ist, dass sie Karen verloren hat. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er sich, wie immer, wenn er spürte, dass ihn etwas besonders berührte, zu schützen suchte, indem er etwas kurz angebunden war. »Es ist bestimmt sehr schön für sie. Alice, ich muss los. Falls Sie etwas von Jean hören und ich noch nicht mit ihr gesprochen habe, dann bitten Sie sie doch, mich anzurufen, ja? Es ist wichtig.«
»Sie machen sich Sorgen um sie, Sam, das merke ich. Warum?«
»Ich bin nur ein bisschen in Sorge. Es ist eine Menge los zurzeit. Aber wahrscheinlich ist sie nur spazieren gegangen.«
»Bitte lassen Sie es mich wissen, sobald Sie etwas von ihr hören.«
»Werde ich tun, Alice.«
Sam klappte den Handydeckel zu und ging zur Rezeption. »Ich würde gerne wissen, ob Dr. Sheridan heute Morgen den Zimmerservice angerufen hat.«
Die Antwort kam prompt: »Nein, das hat sie nicht.«
In diesem Augenblick betrat Mark Fleischman die Eingangshalle. Er entdeckte Sam und kam auf ihn zu. »Mr Deegan, ich wollte mit Ihnen sprechen. Ich mache mir Sorgen um Jean Sheridan.«
Sam musterte ihn kühl. »Warum sagen Sie das, Dr. Fleischman?«
»Weil der Unbekannte, der ihr die Botschaften geschickt hat, in meinen Augen gefährlich ist. Und da wir von Laura nach wie vor nichts gehört haben, ist Jean die Einzige aus der Tischrunde von Stonecroft, die bisher verschont geblieben ist.«
»Darüber habe ich auch nachgedacht, Dr. Fleischman.«
»Jean ist böse auf mich und traut mir nicht. Sie hat die Tatsache, dass ich mich nach einem Fax für sie erkundigt habe, falsch gedeutet. Und jetzt wird sie nicht mehr auf das hören, was ich ihr sage.«
»Woher wussten Sie, dass sie Patientin von Dr. Connors war?«, fragte Sam geradeheraus.
»Jean hat mich das auch gefragt, und ich habe zuerst geantwortet, ich müsse es von ihr gehört haben. Seitdem habe ich darüber nachgedacht, und ich weiß jetzt, wo es aufgetaucht ist. Als die anderen Ehrengäste – Carter, Gordon, Robby – und ich mit Jack Emerson darüber geflachst haben, dass wir alle in der Putzkolonne für seinen Vater gearbeitet haben, hat
es einer von ihnen erwähnt. Ich kann mich nur nicht erinnern, wer.«
Sagte Fleischman die Wahrheit? Wenn ja, dann habe ich mir den Falschen ausgesucht, dachte Sam. »Denken Sie noch einmal genau über dieses Gespräch nach, Dr. Fleischman«, drängte er. »Es ist sehr, sehr wichtig.«
»Das mache ich. Gestern ist Jeannie lange spazieren gegangen. Ich nehme an, dass sie heute Morgen wieder unterwegs ist. Ich bin zu ihrem Zimmer gegangen, dort ist sie nicht, und im Speisesaal habe ich sie auch nicht gesehen. Ich werde jetzt in der Stadt herumfahren und schauen, ob ich sie irgendwo entdecke.«
Sam wusste, dass der Beamte, der Fleischman beschatten sollte, noch nicht eingetroffen sein konnte. »Warum warten Sie nicht lieber noch eine Weile hier?«, schlug er vor. »Wenn Sie herumfahren, ist die Gefahr groß, dass Sie sie verpassen.«
»Ich habe nicht die Absicht, herumzusitzen und Däumchen zu drehen, während ich mir Sorgen um sie mache«, sagte Fleischman unbeirrt. Er überreichte Sam seine Karte. »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir Bescheid geben könnten, sobald Sie etwas von ihr hören.«
Mit raschen Schritten durchquerte er die Halle in Richtung Eingangstür. Sam blickte ihm nach, unschlüssig, was er von ihm halten sollte. Man müsste nachprüfen, ob er in Stonecroft mal eine Auszeichnung fürs Theaterspielen erhalten hat, dachte er. Entweder ist er aufrichtig gewesen, oder aber er ist ein verdammt guter Schauspieler, denn es wirkte auf mich, als würde er sich genauso viel Sorgen um Jean Sheridan machen wie ich.
Sam kniff die Augen zusammen, während er Fleischman nachblickte, der eilig durch die
Weitere Kostenlose Bücher