Mein ist die Stunde der Nacht
dachte ich, wir hätten einen Volltreffer gelandet, das heißt, dass der Killer mit den Eulen derselbe ist, der in den letzten zwanzig Jahren die Stonecroft-Mädchen umgebracht hat«, erwiderte Joy. »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich habe mit Rudy Haverman gesprochen, dem Kollegen, der vor acht Jahren Gloria Martins Selbstmord untersucht hat. Seine Ergebnisse haben Hand und Fuß. Er hat gesagt, dass Martin diesen Firlefanz anscheinend geliebt hat. Sie sammelte Billigschmuck, kleine Anhänger
von Tieren, Vögeln und so was. Der Anhänger, den sie in der Hand hielt, als man sie gefunden hat, steckte noch in der Verpackung. Haverman hat die Verkäuferin im örtlichen Einkaufszentrum ausfindig gemacht, bei dem sie das Ding gekauft hat. Sie konnte sich sogar noch daran erinnern, dass Martin gesagt hat, die Eule sei als kleiner Scherz gedacht.«
»Und Sie sagen, der Blutalkoholspiegel war so hoch, dass sie sternhagelvoll gewesen sein muss, als sie starb?«, fragte Stevens.
»Das war sie. Er betrug etwa zwei Promille. Haverman sagte, sie habe nach ihrer Scheidung angefangen zu trinken und zu ihren Freunden gesagt, sie habe nichts mehr, für das es sich noch zu leben lohne.«
»Joy, haben Sie irgendeinen Hinweis in den Akten der anderen Frauen von der Tischrunde gefunden, dass bei ihnen eine dieser kleinen Eulen gefunden wurde, als man ihre Leichen untersucht hat?«
»Bisher noch nicht, Sir«, gab Joy zu.
»Es ist mir egal, ob Gloria Martin die Eule selber gekauft hat oder nicht.« Sam blieb stur. »Die Tatsache, dass sie das Ding in der Hand hielt, sagt mir, dass sie ermordet wurde. Was heißt das schon, dass sie ihren Freunden erzählt hat, sie sei deprimiert. Die meisten Leute fühlen sich nach einer Scheidung schlecht, selbst wenn sie diejenigen gewesen sind, die sie gewollt haben. Martin hatte sehr enge Beziehungen zu ihren Familienangehörigen und wusste, wie sehr es sie erschüttern würde, wenn sie sich das Leben nehmen würde. Sie hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen, und wenn ich mir die Menge an Alkohol anschaue, die sie intus hatte, grenzt es für mich an ein Wunder, dass sie es geschafft haben soll, sich eine Tüte über den Kopf zu stülpen und dabei die Eule in der Hand zu behalten.«
»Teilen Sie diese Einschätzung, Joy?«, fragte Rich Stevens scharf.
»Ja, Sir. Rudy Haverman ist zwar überzeugt, dass es Selbstmord war, aber er hat es damals nicht mit zwei weiteren Leichen zu tun gehabt, die Eulen in der Tasche hatten.«
Rich Stevens lehnte sich zurück und faltete seine Hände. »Gut, gehen wir einmal von der Annahme aus, dass der Unbekannte, der Helen Whelan und Yvonne Tepper ermordet hat, möglicherweise – und ich wiederhole: möglicherweise – auch etwas mit dem Tod von wenigstens einer der Frauen aus der Stonecroft-Tischrunde zu tun hat.«
»Die Sechste, Laura Wilcox, ist verschwunden«, sagte Sam. »Das heißt, es bleibt nur noch Jean Sheridan übrig. Ich habe sie gestern ermahnt, niemandem über den Weg zu trauen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das ausreicht. Wir sollten Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen.«
»Wo befindet sie sich jetzt?«, fragte Stevens.
»In ihrem Hotel. Sie hat mich gestern Abend um neun von ihrem Zimmer aus angerufen, um mir für etwas zu danken, das ich ihr gestern gegeben habe. Sie war auf einen Cocktail beim Direktor der Stonecroft Academy und hatte sich das Abendessen auf ihr Zimmer bestellt. Sie wird heute Abend mit den Adoptiveltern ihrer Tochter zusammentreffen, und sie sagte, sie hoffe, dass sie sich ein bisschen beruhigen und danach schlafen könne.«
Sam zögerte kurz und fuhr dann fort: »Rich, manchmal muss man einfach seinem Instinkt vertrauen. Joy wird sich weiter durch die Akten mit den Todesfällen arbeiten, sie macht das großartig. Jean Sheridan würde es glatt ablehnen, wenn ich ihr vorschlagen würde, einen Leibwächter zu engagieren, und sie würde vermutlich genauso reagieren, wenn Sie ihr Polizeischutz anbieten. Aber mich mag sie, und wenn ich ihr sage, ich möchte jedes Mal dabei sein, wenn sie das Hotel verlässt, wird sie, glaube ich, damit einverstanden sein.«
»Ich denke, das ist eine gute Idee, Sam«, pflichtete Stevens bei. »Das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist, dass Dr. Sheridan irgendetwas zustößt.«
»Noch etwas«, sagte Sam. »Ich möchte einen von den Teilnehmern am Klassentreffen, der noch in der Stadt ist, überwachen lassen. Sein Name ist Mark Fleischman, Dr. Mark Fleischman. Er ist
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